Geschichten:Fünf Köpfe für Totentanz - Inspektion mit Einkaufszettel

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Reichsstadt Hartsteen, 1. Phex 1040 BF, mitten in der Nacht

„Wo ist Brinian?“

„Schläft tief und fest – um den brauchen wir uns keine Sorgen machen.“

„Na schön. Die Pferde?“

Alrik und Ardo halten sie drüben in der Gasse hinter dem Kontor Grebelsteen bereit, wie besprochen. Wie sieht’s am Tor aus?“

„Ich habe die beiden Trottel Siegbold und Darnok zum Dienst eingeteilt, also kein Problem.“

„Gut. Valveija und Orgosch warten draußen auf uns.“

„Dann auf. Möge der Igel uns beistehen, Bruder.“

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Viel zu laut hallte das Klopfen gegen das schwer beschlagene Nebenpforte des gräflichen Inquisitionsturms durch die Nacht.

„Wer da?“, kam nach einer gefühlten Ewigkeit schließlich die dumpfe Frage von innen.

„In Hesindes Namen, erkennst du deine Befehligerin nicht?“, ließ Lane von Schroeckh ihre befehlsgewohnte Stimme durch die nur durch ihre Fackel erhellte Gasse schallen.

Ein „Ach, Ihr seid’s“ ertönte, gefolgt vom Rasseln eines Schlüssels im Schloss und dem schabenden Geräusch eines zurückgeschobenen Riegels. Die Pforte öffnete sich und Lane schritt, gefolgt von ihrem Bruder Brinwald hindurch. Seit dem Tod des Custodias war der mächtige Bau im Zentrum der Reichsstadt mit den dicken Mauern, festen Türen, steilen Treppen und schmalen Lichtschlitzen – von Fenstern konnte man allenfalls in den obersten Stockwerken sprechen – kaum genutzt worden. Einzig der Daimonenknecht Tharleon hatte vor zwei Götterläufen seine letzten Stunden hier verbracht, bevor er im Feuer auf dem Ratsplatz seine schwarze Seele ausgehaucht hatte. Wenn das hier schiefging, würde sie ein ähnliches Schicksal erwarten, dessen war sich Lane sicher.

„Inspektion. Alles in Ordnung?“, erkundigte sie sich bei der Wachhabenden. Ulfberta Einauge war nicht als besonders helle bekannt, das konnte nur ein Vorteil sein.

„Keine besonderen Vorkommnisse“, versicherte diese, als sie die Türe hinter den beiden wieder verschloss, dabei aber Brinwald skeptisch musterte.

„Davon will ich mich selbst überzeugen. Bring uns zum Gefangenen!“

„Jetzt, um diese Zeit? Das kann ich nicht...“

„Ulfberta“, herrschte Lane die Wächterin an, „Seit wann hinterfragen wir Befehle unserer Vorgesetzten?“

„Ich meint’ ja nur... “, wandte Ulfberta ein, „Eigentlich soll niemand eingelassen werden, es sei denn, der Stadthauptmann persönlich hätte es gestattet. Wenn Ihr also ein Schreiben hättet...?“

„Aber natürlich“, Brinwald zog zu Lanes Überraschung ein Stück Pergament aus seinem Gürtel und reichte es der Einäugigen, „Überzeug dich selbst, dass alles korrekt vonstatten geht. Es wäre ja ein Jammer, wenn wegen Missachtung der Vorschriften etwas Schlimmes passierte.“

Ulfberta nahm das Pergament entgegen und entrollte es, um die darauf gekritzelten Zeichen zu entziffern: „Zwanzig...Ellen ro...rotes Tuch, Ein St...ein Stein Salz....?“, als sie fragend aufblickte, blitzte bereits die Klinge in Brinwalds Hand und im nächsten Augenblick sank die genarrte Wächterin schwer blutend zu Boden.

„Dann eben ohne Führung. Schnell jetzt!“

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Odilbert!“

Ein Lichtschimmer drang durch die geöffnete Luke in die Finsternis seines Kerkers. Er blinzelte. Wer rief da seinen Namen?

„Odilbert!“

Die Stimme kam ihm vertraut vor, wenngleich es eine Ewigkeit schien, dass er sie vernommen hatte. Er richtete sich auf. Sofort kehrte der Schmerz zurück und er stöhnte auf.

„Brinwald, er ist hier!“

Die Tür wurde aufgestoßen und er zuckte bei dem grellen Schein der Fackel zusammen.

„Lane, Brinwald“, krächzte er und hob zitternd eine Hand, um seine Augen zu beschirmen.

„Bei den Göttern!“, entfuhr es Lane, als sie die frischen Spuren der hochnotpeinlichen Befragung an Odilberts Körper registrierte.

„Das ist jetzt vorbei. Wir holen dich raus“, Brinwald griff beherzt zu und zog den Geschundenen hoch, „Kannst du gehen?“

Ihm war speiübel und seine Knie schienen wie Brei, doch mit größter Anstrengung hielt er sie gerade – und nickte.

„Dann los! Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren!“