Geschichten:Ende einer Ära - Gefallen unter Freunden

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Dramatis Personae


Pfalz Breitenhain, Kaiserlich Sertis, Anfang Praios 1034 BF

Der heiße Sommer brannte über der Burg des Pfalzgrafen. Korhilda und Leobrecht waren gerade ihrer gesellschaftlichen Verpflichtung nachgekommen und hatten die Hochzeitsfeierlichkeiten Hilbert von Hartsteens und seiner Angetrauten besucht. Korhilda blieb noch ein wenig bei ihren neuen Pfortenritter Freunden, während Leobrecht es vorzog die Ruhe zu genießen und er sich in sein Schlafgemach zurückzog.

Leobrecht von Ochs, der Reichsvogt der Efferdstränen und nun das Oberhaupt des Hauses Ochs, stand vor dem Fenster beobachtete den Trubel im Innenhof. In Gedanken versunken genoss er den Torbelsteiner Brand, den er sich aus Viehwiesen mitgebracht hatte und im fernen Perricum so vermisste, als eine zarte Frauenhand sich auf seine Schultern legte. „Mein Beileid, die Nachricht hat mich tief getroffen.“

Leobrecht wandte sich seinem Besucher zu. „Elea meine treue Freundin, danke für Deine Anteilnahme.“ Elea von Ruchin stellte sich neben den Reichsvogt und blickte aus dem Fenster heraus auf die Sertiser Landschaft. „Meine Verpflichtungen am Kaiserhof haben mir leider die Anreise zur Beerdigung nicht gestattet, daher hatte ich Irian gebeten mich zu vertreten.“

Nach einem tiefen Schluck redete Leobrecht weiter. „Der Adel des Schlundes musste in letzter Zeit viel bluten – der Tod Taburs, Thalionmels und Giseldas haben auch in der sonst so ruhigen und genügsamen Grafschaft Spuren hinterlassen. Und vor allem mein Haus hat es besonders hart getroffen.“ Er stockte kurz, bevor er seine Rede fortsetzte und sein Blick auf Elea endete. „Die Gerüchte gehen um, dass die Königin sich für einen Kandidaten entschieden hat. Ist das richtig?“

Sie schaute ihn mitfühlend an. „Ja, sie hat eine Wahl getroffen. Es tut mir leid, dass Wolfaran nicht ausgewählt wurde.“ Leobrecht lächelte gequält. „Meine Liebe, wir beide wissen, dass ein zwanzigjähriger Jüngling nicht für einen solchen Posten in Frage kommt. Stimmt es, dass der Auserwählte auch noch recht jung an Jahren ist?“ Elea nickte bedrückt. „Es ist jemand aus einer Kaisermärker Familie, soweit ich weiß ist er Mitte dreißig.“

Der Reichsvogt schüttelte den Kopf. „Da hat Giselda jahrelang hervorragende Leistung abgeliefert und das Haus Ochs dem Kaiserhaus stets die Treue gehalten und dann wird uns die Tür für Mardershöh versiegelt. Hätte die Königin die Arbeit meiner Schwester wohlwollend betrachtet, hätte sie einen alternden Übergangskandidaten wählen können, um unserem Haus die Rückkehr auf den Posten zu ermöglichen, wenn mein Sohn alt und erfahren genug gewesen wäre.“

Die Zahlmeisterin des Kaiserhofes bediente sich am Torbelsteiner Brand und goss sich ebenfalls einen Becher ein. „Ich denke es ist dort in den Hinterzimmern über die Bühne gegangen. Der neue Kronvogt hat einen Hintermann.“ Sie stockte und legte sich ihre Worte zurecht. "Ich habe schon zu viel angedeutet und dennoch würde Dir gerne mehr erzählen, vor allem unserer alten Freundschaft wegen..." Ihre Augen ruhten auf Leobrechts Blick.

Dieser prostete ihr wohlwollend zu. „Nein lass es gut sein, ich möchte Dich weder unter Druck setzen, noch vor eine Wahl stellen oder gar in Schwierigkeiten bringen. Es wird an der Situation nichts mehr ändern. Eine Intrige, ich hätte damit rechnen sollen.“ Elea nahm einen tiefen Schluck des Schlunder Brandes. „Ich selbst habe noch ein gutes Wort für Deinen Sohn eingelegt, doch vergebens. Die Entscheidung schien auf lange Sicht hin vorbereitet gewesen zu sein. Außerdem hat sich der Graf wohl mächtige Feinde gemacht, er hat sich zuletzt zu sehr eingemischt.“ Leobrecht wirkte sehr gefasst und blickte fast stoisch durch das Butzenglasfenster, als sich sein Gesichtsausdruck aufhellte. „Wenn man mich herausfordert, werde ich das Spiel, mitspielen, wer immer sich auch dahinter verbirgt. Ich agiere lieber, als dass ich reagiere.“

„Ah, das Kämpferherz ist erwacht.“ Schmunzelte Elea.

„Elea, so wie ich Dich kenne, so solltest Du auch mich durchschauen. Du bist mir stets eine treue Freundin gewesen, wir kennen uns seit Kindesbeinen und auch in den Erwachsenenjahren haben sich unsere Wege immer gekreuzt. Ich möchte meinen Sohn platzieren, so dass die Königin ihn bei möglichen noch zu treffenden Entscheidungen nicht so einfach übergehen kann, ohne sich allmählich den Zorn des alten garetischen Adels zuzuziehen. Wolfaran ist immerhin der Sohn eines Reichsvogtes und einer Baronin, die beide Oberhäupter ihrer Familien sind. Im Moment kann sie noch sein Alter und seine mangelnde Erfahrung gegen ihn verwenden. Doch auch er wird lernen und erwachsen werden. Würdest Du ihn unter Deine Fittiche nehmen und ihm lehren, wie der Hase läuft?“ Leobrechts Augen warteten neugierig auf ihre Entscheidung.

„Ein Ochs in meinem Gefolge? - Warum nicht? Denkst Du er kann sich auf das höfische Leben, welches ich führe, einstellen?“ Die Baronin von Ruchin hob fragend die Augenbrauen.

Ein breites Grinsen zog über sein Gesicht. „Es wird ihm sicher nicht einfach fallen, da ich weiß dass er lieber täglich auf dem Schlachtfeld stehen würde. Dennoch ist er ein intelligenter, junger Mann, der einiges an Organisationstalent von seiner Mutter geerbt hat. Wolfaran wird Dir ein guter Schüler sein und Du kannst Dich auf seine Treue und Loyalität verlassen.“

„Treue und Loyalität hört sich gut an. Er ist erst zwanzig, also noch formbar, alles was er noch nicht kann wird er lernen. Teile Deinem Jungen mit, dass er in meinem Gefolge willkommen ist. Er wird einiges an Zeit mit mir auf Reisen verbringen, aber ich werde ihn zu gewissen Aufträgen auch einmal Freiluft schnuppern lassen. Aber nun genug der Politik.“ Elea von Ruchin füllte ihr Glas erneut und setzte sich. "Ich habe Deine Einladung zur Hochzeit Deines Ältesten erhalten und auch wenn ich gerne kommen würde, Du weißt ich bin am Hofe stark eingebunden, muss ich leider einen Ersatz an meiner Statt schicken. Meine Tochter Firnhilde wird die Familie Ruchin dort gebührend vertreten."

Den Abend verbrachten die beiden in ihren Erinnerungen, jeder Schwank aus der Jugend musste bei freudigem Gelächter erneut aufgewärmt werden.