Geschichten:Ein tsagefälliger Neuanfang
Aus der Hesinde-Ausgabe 1046 BF der „Perricumer Postille“
Ein tsagefälliger Neuanfang
Markgräflich Perrinmarsch. Wie wir in unserer letzten Ausgabe berichteten, hat sich seine Erlaucht Rondrigan Paligan höchstselbst in sein Lehen begeben, um die Dinge dort einer kritischen Bewertung zu unterziehen und neu zu ordnen.
Bisher war lediglich bekanntgeworden, dass die bisherige Landrichterin Perrica von Alxertis zumindest übergangsweise auch zur neuen Seneschallin ernannt worden war; eine unerwartete, wenn auch nicht gänzlich überraschende Entscheidung, betrachtet man ihr bisheriges Wirken für die Provinz. Doch wer welches Amt bei Hofe zukünftig (nicht mehr) ausüben wird, war bisher zwar Gegenstand allerlei Spekulationen, doch letztlich ungewiss. Allerlei Gerüchte machten die Runde, wobei die folgenden auffällig häufig die Runde machten: So solle Edelbrecht von Gaulsfurt neuer Kämmerer werden und dafür Salix von Hardenstatt als Herold nachrücken. Feodora von Isenbrunn hingegen solle ihren Posten als Hauptfrau der Leibgarde des Markgrafen räumen müssen und durch jemand bisher gänzlich Unbekannten ersetzt werden, während der zweite Schreiber bei Hofe Ramanion von Zillingen als neuer Landrichter gehandelt wurde. Große Einigkeit herrschte allenthalben dahingehend, dass dem ‚neuen‘ Hofe gewisslich kein Mitglied der Familie Rabicum mehr angehören werde.
Sie sollten sich alle irren.
Am 27. Boron versammelte der Markgraf seinen Hof sowie eine Abordnung aus der Reichsstadt und weitere Notabeln im Thronsaal seiner Residenz. Wortlos betrat er, angetan mit den Kroninsignien Perricums, die Krone unserer Provinz auf dem Haupte, den Saal und ließ seinen majestätischen Blick über die Anwesenden schweifen, die vor ihm unisono das Knie gebeugt hatten. Seine Erlaucht nahm auf dem Throne Platz, zu beiden Seiten flankiert von den Trägern der historischen Insignien des Landes. Dann ließ er sich von einem Pagen eine Schriftrolle reichen und begann deren Inhalt mit getragener Stimme vorzulesen. Wie uns hinterbracht wurde, war in diesem Moment die Stimmung in der Halle beinahe mit den Händen zu greifen, rechnete doch ein jeder damit, dass nun Bedeutsames verkündet werden würde. Und sie sollten Recht behalten.
Nach einigen einleitenden Worten dankte Herr Rondrigan zunächst dem bisherigen Seneschall, Hochgeboren Zordan von Rabicum, für seine langjährigen Dienste und wünschte ihm gute Besserung. Dass er dies nur mit wenigen und dazu auch noch recht dürren Worten tat, war für viele Anwesende ein deutliches Zeichen markgräflichen Unmuts, resultierend aus dem langen Verschweigen des tatsächlichen Gesundheitszustandes des Maladen. Weit mehr interessierte aber das Zukünftige, nicht das Vergangene.
Nach einigen mahnenden Worten, sich fürderhin mehr um das Wohle der Provinz als um das eigene, respektive das seiner jeweiligen Familie zu kümmern und dass er von nun an die Geschehnisse in seinem Lehen deutlich enger im Auge behalten werde, kam seine Erlaucht zum Kern seiner Rede.
Er verkündete, dass er nach reiflicher Überlegung und verschiedener Beratungen beschlossen habe, nicht nur eine Vielzahl an Hofämtern neu zu besetzen, sondern seine Administration gleich völlig neu zu gliedern, was auch die Schaffung neuer Positionen beinhalte. Damit wolle er nicht nur die Symptome, sondern gleich alle Krankheiten – namentlich Selbstzufriedenheit, Müßiggang und Intrigantentum – kurieren, von denen der Hof zumindest in Teilen befallen sei und brachte ferner klar zum Ausdruck, dass die dortigen Ämter kein Selbstzweck seien, sondern dazu dienen sollen, ihn selbstlos bei der Verwaltung der perricumer Lande zu deren und des Reiches Wohl zu unterstützen. Wer dies nicht vorbehaltlos bejahen könne oder wolle, dem stehe es jederzeit frei, zu gehen. Wie es heißt, sollen die teilweise schockierten bis entsetzten Gesichter einiger Anwesender mehr als deutlich gezeigt haben, dass die Botschaft des Markgrafen verstanden worden war.
In der Folge benannte er nicht nur die alten und neuen Positionen bei Hofe, sondern auch deren bisherigen und häufig auch neuen Inhaber, wobei so manches bisher unbeteiligt wirkende Antlitz seine Enttäuschung, Freude oder auch Erleichterung darüber nicht zu verbergen vermochte – vermutlich analog zu den Wettbegeisterten in der Stadt, die ebenso gespannt auf diese Personalien blickten.
Zugleich bestätigte seine Erlaucht Frau Perrica als neue Seneschallin und tat seine Zuversicht kund, dass sie ihm und der Provinz in dieser Funktion ebenso gut dienen werde wie zuvor als Landrichterin.
Die genaue Zusammensetzung der ‚neuen‘ markgräflichen Administration haben wir für den geneigten Leser auf der folgenden Doppelseite abgedruckt.
◅ | Eine neue Seneschallin |
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Stühlerücken in Wasserburg | ▻ |