Geschichten:Ein letzter Wunsch - Nicht der Tempel der Allwissenden

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Mit Hufgetrappel kündigte sich die Obrigkeit an, nach der man noch am Vortage geschickt hatte. Barbenwehr war nah genug dran, so dass die Reiter Kasenam noch morgens erreichten, weil sie sehr früh aufgebrochen waren. Die Reichsvögtin hatte sich sogar selbst auf den Weg gemacht – die Inquisition begrüßt man stets zuvorkommend, wenn sie auf Besuch erscheint, zumal wirklich niemand sie erwartet. Begleitet wurde die Isppernberg von drei Rittern sowie einem nebachotischen Krieger.

Noch ehe ihr Ross richtig zum Stehen gekommen war, schwang sich die Reichsvögtin aus dem Sattel: Hasran – du kommst mit hinein. Ihr anderen: Macht, was ihr immer macht, wenn ihr auf mich aufpasst.“

„Wie du bäfiehlst, Shaw’ka“, sagte der Nebachote als einziger. Die anderen befolgten den Befehl schweigsam.

Im Innern ließ sich die Reichsvögtin ins Spital dirigieren, wo Perjida und Zarahja warteten. Der Gefangene war wach, aber geknebelt. Der Inquisitor murmelte unverständlich und abgehackt, war aber nicht bei Bewusstsein. Die Reichsvögtin verschaffte sich einen Blick der Lage und wandte sich dann an Zarahja: „Was tust du hier?“

Völlig überrumpelt stammelte sie: „Äh, ich bin hier, um zu helfen. Wir haben die beiden da draußen ja gemeinsam gefunden.“

„Gut, gut. Wer ist das?“, wurde Perjida nun gefragt.

„Äh, das ist der Inquisitor Spangenberg, Hochgeboren. Aus der Familie der Spangenberg, die hier ihr Lehen hatten. Auf … äh …“

„Spangenberg. Ich weiß“, half die Reichsvögtin aus. „Und wer ist das da?“

„Das wissen wir nicht“, antwortete Perjida verhalten, während der Gefangene nun laut durch seinen Knebel zu rufen versuchte. „Er wird ja regelrecht wild. Hasran, nimm ihm mal das Ding da aus dem Mund.“ Der Nebachote tat eilig, wie ihm geheißen, und der Gefangene brüllte sofort: „Ich bin von Stand! Ich bin Junker! Und ich verlange …“ Er brach in ein schreckliches Husten aus und wurde ganz und gar unverständlich. Mit einem Nicken befahl die Reichsvögtin ihrem Nebachoten, den Knebel wieder an seinen Platz zu bringen. Der Junker bäumte sich auf und versuchte sich zu wehren, aber Hasran hatte keine Mühe, ihn festzughalten.

„Und was macht unser Inquisitor hier mit diesem so genannten Junker? Warum ist er nicht wach? Ich dachte, ihr könnte mit göttlichem Beistand regelrecht Wunder wirken?“ Die Reichsvögtin hatte beim Sprechen ihre Hand auf die Schulter des Inquisitors gelegt, dessen Unruhe wuchs.

„Die Göttinnen haben uns nicht erhört“, antwortete Zarahja für beide Geweihten, „wir wissen nicht warum. Wir wissen auch nicht, was der Inquisitor hier will. Wir …“

„Ihr wist nichts. Ich verstehe, Das macht auch nichts, Das hier ist ja der Tempel der gütigen Mutter Peraine und nicht der Tempel der Allwissenden.“ Perjida und Zarahja warfen sich feindselige Blicke zu, während die Reichsvögtin weitersprach: „Schade, dass ich meinen Leibmagier nicht dabei habe. Der hätte es bei diesem Praioten – kicher – probieren können. Spangenberg, sagt ihr? Interessant. He, Hochwürden, hört ihr uns?“, wandte sich die Reichsvögtin ganz dem Inquisitor zu und gab ihm ein paar schwache Backpfeifen, die alle anderen im Raum stocksteif werden ließen.

Spangenberg aber öffnete die Augen und blickte ziellos umher.

„Ah, Ihr seid wach“, freute sich die Reichsvögtin. „Wie geht es Euch?“

Aus dem Krächzen und Röcheln ließen sich nur wenige Worte heraushören: „… Gefahr … nein … ich … Tod!“

„Ganz ruhig, Hochwürden. Trinkt erst einmal.“ Doch Spangenberg schlug den Becher beiseite. Mit weit aufgerissenen Augen deutete er auf seinen Gefangenen, den Finger und Arm krampfhaft ausgestreckt wie einen Speer: „Er …!“

„Was ist mit ihm? Ist er Euer Gefangener?“ Die Reichsvögtin schien ein bisschen ungeduldig mit dem Inquisitor zu werden – man stelle sich das einmal vor!

„Ja! Ch… Kr…“

„ich verstehe Euch nicht, Hochwürden. Ist er Euer Gefangener und wolltet Ihr ihn gerade zu seinem Urteil bringen? Oder was?“

„Ja. Ich habe ihn … er ist … glaubt mir. Er darf nicht … ich habe … argh.“ Spangenberg krampfte, spuckte, röchelte, und dann fiel sein Kopf kraftlos zurück, sein Blick ging in die Unendlichkeit.

Entsetzen packte die beiden Geweihten und den Gefangenen. Die Reichsvögtin rüttelte ein wenig an Spangenberg, dann sagte sie trocken: „Tot.“

„O weh, was tun wir jetzt?“, jaulte Perjida unglücklich.

„Du begräbst ihn auf dem Anger. Wie alle, die in Kasenam sterben“, wies die Reichsvögtin an.

„Und der Gefangene?“

„Der? Das ist der Gefangene eines Inquisitors, dessen letzten Wunsch wir respektieren wollen. Hasran: Schneid ihm die Kehle durch, aber draußen.“