Geschichten:Ein gottesfürchtiger Plan

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Version vom 14. Juli 2019, 20:56 Uhr von Wallbrord (D | B)
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Während der Mittagszeit in einer der besseren Weinschenken Perricums.

"Ich bin zufrieden mit Dir, mein Sohn. Dein Handeln in den Nordmarken mit ihrem bigotten Glauben an Praios", die Frau spie den Namen des Götterfürsten geradezu aus, "hat ja durchaus erfreuliche Ergebnisse gezeitigt."

"Wobei es besonders amüsant ist, dass dies alles mehr oder weniger ungeplant war. Ein entweihter Schrein der Peraine, ein geschändeter Hammer eines Ingerimmgeweihten, falsche Verdächtigungen - ja, die Reise in die Heimat meines Vaters war in der Tat höchst erbaulich. Schade nur um Gräfin Calderine: Was hätte die Frau in ihrer Position noch alles für den Herrn der Welt erreichen können!"

"Nein!", erwiderte die Mutter barsch, "Das Weib hat sich zu sehr gehen und von ihrer Rachsucht überwältigen lassen wodurch sie sich letztlich selbst gerichtet hat. Solcherlei Dummheit ist unentschuldbar und wird von unserem Herrn auch nicht toleriert!
Aber genug davon. Wie stehen die Dinge hier in Perricum? Wie weit sind Deine Planungen gediehen? Du arbeitest ja wahrlich schon lange genug daran."

"Nun", erwiderte ihr Sohn mit maliziösem Lächeln, "da steht alles zum besten. Meine liebe Gemahlin ist immer noch aufgelöst wegen des Todes unseres Sohnes und steht mir deswegen nicht im Wege. Apropos 'im Weg': Was Vellberg und das dort sitzende Miststück von Halbschwester angeht, so habe ich meine Vorbereitungen nun abgeschlossen und werde alsbald zur Tat schreiten."

"Na, da bin ich ja mal gespannt", erwiderte die Frau lakonisch.

"Kannst Du auch. Ich habe mir Deine Ratschläge durchaus zu Herzen genommen. Wie geht doch dieses wunderbare Sprichwort: 'Rache ist ein Gericht, das am besten kalt genossen wird'. Und es wird sehr kalt werden ..." Das ungeduldige Augenrollen seiner Mutter erkennend, fuhr der Mann umgehend fort.
"Ursprünglich hatte ich ja geplant, diese Metze einfach möglichst unauffällig in die Niederhöllen oder zum wahren Herrn der Götter zu schicken. Aber vom Risiko, dabei selbst unter Verdacht zu geraten, einmal abgesehen, wäre dies viel zu einfach, zu unelegant und schlichtweg ein zu kurzweiliges Vergnügen. Nein, ich werde ihren Mahlzeiten über einen längeren Zeitraum mit den Pilzen unseres Herrn eine ganz besondere Note verleihen. Immer nur geradezu winzige Mengen, die keinen Verdacht erwecken, aber ausreichen, sie in den nächsten Monaten erst den herrlichsten Alpträumen von der Macht des Güldenen und letztlich dem Wahnsinn anheimfallen zu lassen. Früher oder später wird dies ihrem Gesinde und den Adligen in der Baronie auffallen und letztlich auch zum Markgrafen dringen, der dann keine andere Wahl haben wird, als sie abzusetzen oder aber mich als Vogt, wenn nicht direkt als Baron, einzusetzen. Und da ich bis dahin keinen Fuß in das mir rechtmäßig zustehende Lehen setzen werde, wird mich auch niemand verdächtigen."

"Nicht schlecht, gar nicht mal schlecht", kommentierte die Hochgeweihte des Güldenen die Ausführungen ihres Sohnes anerkennend. Aber zwei Punkte sind mir noch unklar. Erstens: Wie willst Du dafür sorgen, dass die Pilze, egal wie gut getarnt auch immer, in die Burgküche und damit auf den Teller des Bastardmädchens gelangen?"

"Auch dies habe ich bereits durchdacht, Mutter. Wie Du weißt, kommt der alte Egtor etwa alle zwei Monate hierher in die Stadt, um für die Burgküche allerlei Zutaten zu besorgen, die nicht in Vellberg zu beschaffen sind. Ich denke in ein oder zwei Wochen wird es wieder soweit sein. Mittels der Pilze und der Gaben, die uns der Herr verliehen hat, sollte es doch ein Leichtes sein, ihn für unsere gerechte Sache und den einzig wahren Glauben zu bekehren. Ich werde ihn dann im Geheimen entsprechend, sagen wir, 'instruieren' und er den Speisen für die Frau Baronin fürderhin eine völlig neue Würze verleihen. Und selbst wenn er wider Erwarten auffliegen sollte, wird es keine Verbindung zu mir geben. Ich riskiere also praktisch nichts."
Ein selbstzufriedenes Lächeln umspielte nun das Antlitz des Adligen. "Und was ist Dein zweiter Punkt?"

"Sei nicht so selbstverliebt, Sohn!", erwiderte die Mutter mit leicht spöttischem Unterton. Schon viele ebenso große wie brillante Pläne sind daran oder der Selbstüberschätzung ihrer Schöpfer gescheitert. Aber ich gebe zu, dass Dein Plan bis hierhin sehr gut durchdacht scheint.
Ach ja, mein zweiter Punkt: Du gehst mit größter Selbstverständlichkeit davon aus, dass man Dir zumindest die Regentschaft, wenn nicht gar direkt den Baronsreif übertragen wird. Was ist mit dem Gemahl der Metze, diesem Alxertis? Warum sollte der Paligan nicht ihn mit der Verwaltung der Baronie betrauen, was doch sogar recht naheliegend wäre?"

"Ja, der Mann könnte durchaus eine Gefahr darstellen. Aber auch hierzu habe ich mir bereits Gedanken gemacht, bin hierbei allerdings auf Deine Hilfe angewiesen."

"Ich höre."

"Du verfügst doch über beste Kontakte, Gewährsleute und ganz gewiss auch Glaubensgeschwister in der markgräflichen Administration. Zumindest einer von ihnen müsste aktiv werden, wenn die Berichte über den zunehmenden Wahnsinn unserer lieben Freundin an die Ohren des Markgrafen dringen. Dieser Sequim leitet ja dessen Archiv, das zugleich auch das der Provinz ist. Was, wenn nun immer wieder Dokumente verschwinden und später an völlig falscher Stelle wieder auftauchen oder gar nicht mehr gesehen würden? Nicht gleich in Massen, aber doch so oft, dass es auffällt. Was, wenn dies zuweilen auch Papiere beträfe, die - so belanglos sie ansonsten auch sein mögen - seitens der Verwaltung oder gar vom Paligan selbst just dringend benötigt würden? Soweit ich weiß, schätzt der Mann Unfähigkeit ganz und gar nicht. Und wenn es dann um die Neuordnung der Herrschaft in einer Baronie ginge, so wird er ganz bestimmt niemanden einsetzen, der ihm erst kurz zuvor so negativ aufgefallen ist. Gemahl hin oder her. Und einen Zusammenhang zwischen beiden Ereignissen oder gar mich selbst betreffend wird man wohl nur schwerlich herstellen, geschweige denn belegen können."

"Ich sehe, Du denkst endlich vielschichtig. Ausgezeichnet. Und ja, ich denke, das kann ich, wenn die Zeit hierfür gekommen ist, arrangieren."

"Und nur der Vollständigkeit halber: Der Niederadel Vellbergs ist, wie Du weißt, eher ein schlechter Witz und schon in den Nachbarlehen völlig unbekannt. Die Gefahr, dass ein Tintenkleckser, eine Dorfschulzin oder die Mutter eines halbwüchsigen Ex-Darpaten die Verwaltung der Baronie zugesprochen bekämen, dürfte wohl nicht einmal theoretischer Natur sein."

"Gut, gut. Ich bin sehr zufrieden mit Dir; Du hast Dich hervorragend gemacht und gereichst unserem Gotte zu großer Ehre. Nur ein kühler Kopf und ein eiskaltes, dem Güldenen geweihtes Herz, wie sie Dir nun zu eigen sind, werden Dich zum Ziel führen. Zumal unserer Gemeinschaft von Gläubigen dann quasi eine ganze Baronie als Heimstatt zur Verfügung stünde, was völlig neue Möglichkeiten eröffnete. Halte mich einfach weiter auf dem laufenden. Doch nun entschuldige mich, ich habe noch andere Verpflichtungen. Ich muss mich auf die Speisung der Ärmsten der Stadt vorbereiten; ich gehe hierbei seit einiger Zeit der Kirche der dummen Gans zur Hand. Irgendwer muss sich ja schließlich dieser nach Essen und Glauben hungernden Seelen annehmen.