Geschichten:Ehre dem Ritterlichen – Über Schnauzbartkaiser und dessen Schwärmer

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Pfalz Breitenhain, am mittaglichen Frühstückstisch irgendwann Anfang Rondra 1035 BF

"Ach, sie haben einen rostigen Handschuh von ihrer Reise mitgebracht?" lächelte der Pfalzgraf, während er lustvoll zum Hirschbraten griff und sich eine ordentliche Portion nahm.

"Herr, sie behaupten einen Handschuh des alten Kaiser Alriks erbeutet zu haben, welcher zudem noch über magische Kräfte verfügen soll."

Hilbert winkte ab. "Tumanjan, ich habe gehört, was du vorgelesen hast. Es ist aber wie es ist, es ist der rostige Handschuh eines Eslamidenkaisers, zugegeben einer der besseren Sorte, den sie aus irgendeiner Höhle, wo er vergessen herumlag, herausgeholt haben. Was kümmert mich das? Nur weil Kaiser Alrik ein wenig besser war als einige andere Kaiser, muss man doch keinen Tanz darum machen, als handele es sich bei dem Schrott um die Reliquie eines Heiligen. Er war ein guter Mann und ordentlicher Kaiser, der Alrik, jemand, der vielen unnötigen Quatsch seiner Vorgänger abgeschaffen hat, aber ein Heiliger? Ich bitte dich."

Der Tulamide zeigte keine Gefühlsregung und antwortete in ruhiger Stimme: "Es geht den Rittern wohl nicht um die Person des Kaisers, sondern sie wollen in ihm ein Symbol für eine besonders reine Ritterlichkeit aufbauen. Sie suchen eine besonders starke Figur, die sie sich als Vorbild nehmen können."

"Ja und?", antwortete der Pfalzgraf mampfend und mit einem satten Stück Fleisch im Mund. "Wenn sie einen echten Ritter haben wollen, müssen sie nicht weit reisen, sondern bloss nach Luring schauen. Graf Danos gibt einen zwölfmal besseren Ritter ab als der Schnauzbartkaiser. Der hat immerhin vollkommen ritterlich die Reichsstadt Luring erobert und ist mit seinen Rittern zur heiligen Queste in die Wildermark aufgebrochen. Schätzte ich meinen Freund Felan nicht so hoch, ich würde an seinem Verstand zweifeln."

Eine Wolke zog vor dem Fenster am Praios-Gestirn vorbei und verdunkelte ein wenig den kleinen Speisesaal in dem Hilbert sass. Just in diesem Augenblick öffnete sich die Tür und in schwarze wallende Kleider gehüllt betrat die Pfalzgräfin den Raum, in ihrem Schatten die in eine ebenfalls schwarze Robe gekleidete Marbide, die seit ihrer Ankunft zu niemanden ausser ihrer Herrin auf der Pfalz bisher ein Wort geredet hatte. Schlagartig verfinsterte sich Hilberts Gesicht. Angewidert warf er die Reste des Bratens vor sich auf den Tisch, stand auf und verliess wortlos den Raum, gefolgt von seinem tulamidischen Begleiter, welcher der Mersingerin und ihrer Geweihten zur Begrüssung und zum Abschied kurz zunickte.

An der Tür angelangt, neigte sich Hilbert zu seinem Vertrauten und raunte ihm ins Ohr: "Ehrlich, wäre ich nicht so ein praiosfürchtiger Mensch, ich würde mich diesen Schnauzbartrittern anschliessen und ihrem Almadaner Heiligen meinen kleinen Finger opfern, wenn sie mich nur von dieser schwarzen Pest erlösen würden."

"Heisst, Ihr werdet nicht gen Aldengrund reisen?"

"Lass die Spässe, mir ist die Laune vergangen. Und natürlich habe ich besseres zu tun, als diesen Träumern und Schwärmern dabei zuzugucken, wie sie nutzloses Alteisen entsorgen."