Geschichten:Dämonen

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Kloster Sankt Berathraban im Sommer 1041 BF

Corcorvus wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn. Er wusste nun, warum man ihm empfohlen hatte, früh für den Ritt zum kleinen Kloster Berathraban aufzubrechen. Jetzt, in den späten Morgenstunden brach die Sonne durch die Gipfel des Walls und seine schwarze Rüstung wurde zu einem heißen Kessel. So seltsam sich in dieser Situation mehr Kleidung anfühlte, er versuchte möglichst viele seiner Rüstungsteile mit dem weißen Mantel zu verdecken.

Kurz vor dem Tor, bereits in Sichtweite der wachenden Graumäntel, stieg er vom Pferd und führte dieses an einer geeigneten Stelle runter zum Schiefernbach. Beide genossen das eiskalte Wasser und Corcorvus wusch sich Schweiß und Staub von Gesicht und Händen.

"So, Cargador", sprach er leise, während er das Pferd tätschelte, "wer hätte gedacht, dass ich meine letzten Worte für längere Zeit mit einem Pferd wechseln würde. Wollen wir hoffen, dass die Kontemplation in der 'Ghurfat La-Shay' wirklich helfen, die Dämonen aus der Warunkei zu vertreiben."

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Zwei der schweigenden alten Mönche begleiteten Corcorvus in die kühle Höhle hinab. Ihre kleinen Laternen gaben gerade genug Licht, dass man auf der finsteren Treppe nicht stolpern konnte.

Unten angekommen, hoben beide gleichzeitig, wie durch ein geheimes Zeichen abgesprochen, die Laternen zu der Inschrift über der Tür. Corcorvus beherrschte die urtulamidischen Schriftzeichen nicht, aber er wusste, was hier eingemeißelt war: 'Ghurfat La-Shay' - die Kammer des Nichts.

Mit einem möglichst würdevollen Nicken versuchte der Golgarit die eigene Unsicherheit zu überspielen, dann betrat er die Kammer und ging, wie ihm geheißen wurde, genau fünf Schritte in den Raum und kniete nieder. Das Licht der Laternen im Vorraum reichte nicht aus, die Größe der Kammer zu erkennen.

Als sich dann noch die Tür hinter ihm schloss, wuchs Finsternis bis in die Unendlichkeit.

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Zuerst hatte Corcorvus noch den kühlen Felsboden unter seinen nackten Füßen und Knien gespürt. Dann aber schien sich auch diese Erinnerung einer Berührung zu verflüchtigen.

Seine Haut spürte keinen Windzug, keine Kälte mehr.

Seine Augen betrachteten absolute die Finsternis.

Seine Nase verlor den Geruch der Höhle.

Sein Geschmack wurde erst fad und verschwand dann ganz.

Seine Ohren horchten aufmerksam der Stille.

Und aus dem Nichts erwachten die Dämonen seiner Vergangenheit.

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Corcorvus betrachte sein Spiegelbild im Weinglas, das ihm die Mönche gereicht hatten. Er erblickte einen älteren Mann als zuvor. Er wusste, er hätte nun wieder sprechen können, aber die sanften Klänge von Kloster und umgebender Natur wollten nicht entweiht werden.

Er beantwortete die Frage im Blick des Abtes mit einem Nicken: Er würde hier bleiben.

Er wusste nun, er konnte die Dämonen nicht vertreiben, aber hier in der friedlichen Stille würde er mit ihnen leben lernen - und eines Tages mit ihnen sterben.