Geschichten:Dunkle Tage über dem Schlund

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Dorf Perainsgarten, 1. Namenloser Tag 1039 BF

"… Wünscht uns Glück!"


Edelheid von Keilholtz zu Perainsgarten liess das Papier sinken. Gedankenverloren wiegte sie das schlafende Bündel in ihrem Schoss, wo ihre Tochter Traviata nach einem ausgiebigen Mahl an der Mutterbrust selig vor sich hin schlummerte. Der Blick der Junkerin ging ins Leere, die Gedanken nach Innen. Edelheid dachte an ihren Gemahl, der mit dem Heer der Kaiserin in Tobrien weilte und von dem sie nicht wusste ob er noch unter den Lebenden weilte oder nicht. Warum war er nicht hier, weshalb musste sie diese Bürde der Verantwortung übernehmen? Fragen, auf die es keine Antwort geben würde… Unruhig drehte sich Klein-Traviata im Schlaf und brachte ihre Mutter zurück in die Gegenwart. Edelheids Blick schärfte sich. Nun denn, es musste getan werden was getan werden musste. Vorsichtig erhob sich die Junkerin und zog ihr Oberkleid schicklich zurecht. Den Brief liess sie achtlos auf dem Stuhl liegen, er spielte keine Rolle mehr. Auf dem Flur übergab sie die Kleine einer herbeieilenden Magd, vertröstete die jene begleitende zweijährige Vorena auf später und befahl der Magd sich für den Rest des Vormittags um die beiden Kinder zu kümmern.

Ohne sich umzudrehen marschierte Edelheid schnellen Schritts in die Schreibstube, wo sie buchstäblich mit der Tür ins Haus fiel: "Dilha wir haben eine Notsituation, ich brauche eine Auflistung sämtlicher Vorräte im Haus und im Dorf bis Mittag, Hagen der Schulze soll dir dabei helfen. Und bei Gelegenheit lade ihn, ihro Gnaden beider Tempel und den Schmied Salmix, Sohn des Sonderasch nach dem Mittagessen zu mir ein. Mach ihnen klar dass die Sache dringlichst ist." Edelheid stockte einen Augenblick, "und damit keine Gerüchte entstehen sag ihnen die gleich die Wahrheit: Haffax ist in Perricum gelandet während unser Heer in Tobrien weilt… bereite dich also darauf vor, dass ich kurzfristig verreise und du mit Hagen zusammen für Perainsgarten verantwortlich bist bis Felian oder ich wieder zurück sind – wann immer dies ist." Ehe die erschrockene Schreiberin zu Wort kam, hatte sich die Tür bereits wieder hinter ihrer Herrin geschlossen.

Wenige Stunden später war die Nachricht des Erzkanzlers bereits Dorfgespräch, warum hätte Edelheid diese Information auch zurückhalten sollen? Entsprechend gedrückt war die Stimmung am Tisch. "Mein Entschluss steht fest", fasste Edelheid die Situation zusammen, "morgen reite ich mit dem Kanzler. Sollten wir ihn in der Enge nicht aufhalten stehen Haffax mehrere Wege nach Gareth offen, doch der direkteste Weg von Perricum her führt nun einmal hier durch! Wir gehen kein Risiko ein. Alle Menschen in Perainsgarten und Amselrode sollen sich zur Flucht bereithalten."

"Aber woher sollten wir rechtzeitig erfahren dass sich die Feinde Perainsgarten nähern?" wandte die Perainegeweihte ein.

Die Junkerin wechselte einen Blick mit dem Angroscho. "Sobald ihr seht dass in Torbelstein die ersten Häuser in Flammen aufgehen treibt sämtliches Vieh südwärts in die Fuchshügel." Danach wandte sie sich dem Schulzen zu: "Die Menschen sollen sich ausserdem bereithalten so viele Nahrungsmittel mit zu nehmen wie sie tragen können und auch ihr Werkzeug nicht vergessen." Sie blickte die Ingerimm-Geweihte Ingramma an. "Versteckt euch mindestens eine Meile tief im Wald und errichtet Zelte und Unterstände für den Fall dass ihr einige Tage aushalten müsst." Sie wandte sich direkt an Salmix, Sohn des Sonderasch: "Väterchen Salmix, ihr seid der einzige ausser mir mit Kampferfahrung. Ich übergebe euch den Befehl über unsere Landwehr. Sollte es soweit kommen und schickt um Hilfe nach Königswaldhüt, Dragenfels und rüber nach Senntal und Ruchin und haltet euch am Waldrand bereit. Ihr habt mit meinem Mann zusammen zwei Dutzend halbwegs brauchbare Kämpferinnen ausgebildet und bewaffnet die geeignetsten Unfreien mit Knüppeln – das sollte reichen vereinzelte Plünderer zu überwältigen, aber lasst euch nicht mit grösseren Gruppen ein. Nutzt die Nacht, den Hinterhalt und die Übermacht. Haffax' götterlose Gesellen verdienen es nicht dass ihnen gegenüber Gemeine die Gebote der Löwin ehren." Edelheid holte tief Luft und brachte es fertig dem Angroscho ein Lächeln zu schenken: "Nun, was rede ich da eigentlich. Ihr wisst wohl am besten, was wann wie zu machen ist…"

Mit einer Handbewegung entliess sie ihre Untergebenen. Schweigend verliessen jene den Raum während die Junkerin sich erschöpft von der Hitze und der Situation in ihrem Stuhl zurückfallen liess. Das schmerzhafte Ziehen in der Brust erinnerte sie ausserdem daran, dass Klein-Traviata auf ihre nächste Mahlzeit wartete.



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Texte der Hauptreihe:
1. Nam 1039 BF zur morgendlichen Phexstunde
Nachrichten und Vorbereitungen


Kapitel 1

Schlunder sind ein zähes Völkchen


Kapitel 9

Bei Neumühlen