Geschichten:Dregos Bande - Die gute und die schlechte Nachricht

Pfundt, Ende Rondra 1035 BF

Das Gasthaus hatten sie in Windeseile geleert. ›Alle raus‹, hatte Brobert mit grimmigem Grollen gebrüllt, einen Tisch mit ausholendem Arm von seinen Humpen befreit, dass Bier und Scherben nur so spritzten, und eine stämmige Bäuerin niedergeschlagen. Als er mit Blut unterlaufenen Augen (vom das Saufen des Vorabends) und gewaltbereiten Fäusten noch ein brüllte: ›Alle raus!‹, da ging es ganz fix. Die Wirtin hatte die Stirn, nach ihrer Zeche zu fragen, aber da sie nur kleinlaut piepste, wurde sie schlicht ignoriert.

»Also feiern, Drego?«, fragte Moribert mit seinem Wolfsgrinsen und leerte den Humpen eines Fremden, als er sich mit den anderen an den Tisch setzte.

»Was feiern wir denn?«, fragte Franwin von Luring-Franfeld nach, während er sich bedachtsam auf einen sauberen Platz auf der Bank setzte. »Wir sind hier immerhin in Pfundt zu Marktschluss und haben die Bauern just verjagt. Ich möchte schon wissen, warum ich aus dem Lichte Gareths ins verdreckte Pfundt kommen sollte.«

»Immer mit der Ruhe, Franwin. Guck nur, wie Freund Drego grinst. Es lohnt sich, ganz gewiss«, beschwichtigte Jagodar von Galothini den geschniegelten Salonlöwen Franwin, während er seinerseits Platz nahm und einen fremden Humpen zur Brust. Endlich saßen alle.

»Frau Wirtin, wir nehmen den guten Almadaner Wein!«, befahl Drego an der Tête der Tafel.

»Al-ma-da-ner Wein«, sang die Bande sogleich mit schmelzendem Timbre und schunkelte gar ein wenig. Der Enthusiasmus Dregos hatte sie alle schon vor der Zeit ein bisschen beschwipst.

»Jetzt mal ruhig, Jungs«, beschwichtigte Rudon Langenlob die Bande, »wir wollen doch die guten Neuigkeiten hören!«

Drego erhob sich, als der Wein in tönernen Bechern geliefert worden war, griff einen von diesen, wartete, bis alle einen hatten, und hob ihn dann zum Prosit: »Meine verehrten Freunde, Saufbrüder und Schwerenöter! Ich habe der Bruderschaft bei Rahjas bebendem Busen eine gute und eine schlechte Nachricht zu überbringen!« Drego hatte einen triumphierenden Tonfall angeschlagen und hob spöttisch die Augenbraue.

»Die gute! Die Gute!«, riefen die einen, »die schlechte! Die schlechte!«, die anderen.

»Also gut, die schlechte zu erst. Freunde«, Drego schnitt die Grimasse des Trauernden. »Wir werden Gareth verlassen müssen. Noch diese Woche!«

»Warum denn?«, erregte sich Rondger von Scheupelburg. »Dreht der Alte Euch die Goldgurgel zu?«

»Aus Gareth fort?«, schüttelte sich auch Franwin. »Ich bin doch grad erst angekommen … Vor zehn Jahren …«

»Und die gute?«, brachte Rudon Langenlob die Meute wieder auf die Spur.

»Tja, die gute Nachricht …« Dregos Kunstpause war größer als jene, die sein Vater vor der Schlacht von Puleth genutzt hatte; aber der hatte ja auch verloren. »Die gute Nachricht ist: Wir gehen nach Luring!«

»Jawoll!«, grollten Brobert und Moribert.

»Was sollen wir denn da?«, zweifelte Franwin.

»Tja, Ihr geht nicht mit irgendwem, verehrte Bruderschaft! Ihr geht mit dem Regenten der Grafschaft Reichsforst, dem zukünftigen Grafen Drego!« Eben der erhob seinen Becher.

»Auf Graf Drego!«, rief die Meute, trank die Becher auf der Fest Gesundheit leer und schleuderte sie über die Schulter.

»Was sagt denn Euer Vater? Freie Hand? Für wie lange?« Ausgerechnet der Jago dachte pragmatisch.

Ins Grölen der Meute rief Drego: »Er meint, ich soll regieren lernen. Und ich soll Horulf, Odo und Ederlinde vertrauen. Aber wisst Ihr was: Auf die scheiß‘ ich!«