Geschichten:Dornentriebe - Stellungswechsel

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Nachdem sich Selinde von Löwenhaupt-Berg nach dem schweren Zerwürfnis mit ihrem Vater Wallbrord im vergangenen Götterlauf zumindest leidlich mit ihm ausgesöhnt hatte, durfte sie, dank der Intervention ihrer Mutter, auch wieder nach Perricum reisen - "entfliehen", wie die junge Frau es mit Blick auf die abgelegene Baronie ihres Vaters nannte.
Kaum war der Winter vorbei, hatte sich die Baronesse nach Perricum begeben und dort rasch wieder Zugang zu den illustren Personen und Festen, die bei ihr in den vergangenen Götterläufen so oft für die nötige Kurzweil und Zerstreuung gesorgt hatten, gefunden. Damals war ihr auch Mithrida Barûn-Bari, eine Nichte der Ratsherrin Yargunde, eine gute Freundin und Vertraute geworden. Daher war die Freude groß, als Selinde wieder zurück zur "Familie" fand und erneut fester Bestandteil allerlei illustrer Vergnügungen wurde.
Wochen und Monate vergingen wie im Fluge und ebenso schnell stiegen Selindes Schulden, die sie bei diversen Händlern und Wirten machen mußte, um weiter dem Müßiggang frönen zu können (von ihrem Vater Wallbrord war kein Geld zu erwarten, wie sie sehr gut wußte).
Eines Abends, man feierte erneut im Stadthaus des reichen Handelsherrn Alfir Bakenstein, welcher sich im Laufe der Zeit als ständiger Gastgeber dieser exklusiven Lustbarkeiten etabliert hatte, nahm Mithrida die Baronesse kurz zur Seite und flüsterte ihr ins Ohr:
"Alfirs Feiern werden auch immer langweiliger und einfallsloser. Was hältst Du davon, wenn ich zukünftig diese Zusammenkünfte organisiere, deutlich exklusiver und mehr im Sinne der Herrin des Rausches? Ich wüßte sogar eine Geweihte, die unsere Treffen mit ihrer Anwesenheit beehren und sie segnen würde. Um dies zu organisieren, bräuchte ich allerdings Deine Hilfe."
Die Baronesse überlegte einen Moment. Eigentlich gefielen ihr die bisherigen Feiern und Lustbarkeiten. Sie vermochte sich gerade auch nicht vorzustellen, wie man da noch mehr "Feuer" reinbringen könnte. Aber hatte Mithrida sie je enttäuscht? Außerdem war Selinde froh, endlich eine gute Freundin, ja fast schon Seelenverwandte, gefunden zu haben. Wie könnte sie ihr da ihre Hilfe verweigern? Und wenn sogar eine geweihte Dienerin der Herrin des Rausches die Festlichkeiten beehrte, täte sie dann dann nicht sogar ein göttinnengefälliges Werk? "Natürlich helfe ich Dir, Liebste. Was kann ich denn für Dich tun?"
"Meine Familie besitzt ein kleines Gut einige Meilen südlich der Stadt, welches sie kaum nutzt. Es wäre ob seiner relativen Abgeschiedenheit geradezu ideal für unsere eigenen Feiern, unserer eigenen kleinen Loge zur Huldigung der Göttin, ohne von irgendwelchen verqueren Traviajünger und anderen Langeweilern gestört zu werden. Meine Tante sucht schon eine ganze Weile nach einem Pächter für das Gut. Ich kümmerte mich ja gerne selbst darum, doch würde meine liebe Verwandtschaft sofort neugierige Fragen stellen. Wenn Du als Baronserbin allerdings als Pächterin fungiertest und behauptetest, es als Zweitresidenz übernehmen und so ein Quartier nahe der Stadt haben zu wollen, dürfte das kaum nervige Fragen aufwerfen."
"Gerne würde ich Dir helfen," antwortete Selinde etwas zerknirscht, "doch sieht es bei mir finanziell-"
"Das ist doch kein Problem, mein Herzblatt. Das Geld für die Pacht bekommst Du natürlich von mir."
Die Gesichtszüge der Vellbergerin hellten sich ob dieser Aussage deutlich auf. "Fein, dann werde ich mich noch diese Woche um alles kümmern! Aber nun laß´ uns weiterfeiern, Ich habe dahinten A'urel von Brendiltal entdeckt. Ein wirklich knackiges Mannsbild, das ich unbedingt näher inspizieren muß, gerade seitdem seine Gemahlin ihn allein gelassen und von seinem Gut ausgezogen ist."
Mithrida nickte ihrer Freundin nur kurz zu und schenkte ihr ein vieldeutiges Lächeln.

Drei Tage später sprach Selinde bei Yargunde von Barûn-Bari vor, um über die Pacht des Gutes zu verhandeln. Rasch wurden sich beide Seiten handelseinig, ohne daß die Ratsherrin groß Fragen nach dem Grund der Pachtung stellte.
Kurze Zeit später fanden umfangreiche Umbau- und Renovierungsarbeiten am Hofe statt, nach deren Abschluß Mithrida alle "Freunde der Göttin" zur "Einweihungsfeier" einlud.