Geschichten:Dornentriebe - Initiation

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Die Schmerzen waren unerträglich gewesen und noch immer strahlten sie wie ein Stern von der Körpermitte in die Glieder aus. Die weit ausgestreckten Arme waren allmählich lahm und hingen schlaff in den schwarzen Seidentüchern, mit denen sie an das Holzgestell gebunden waren, dessen Balken sich in den Rücken drückten. Neben dem Hämmern im Kopf waberten sämtliche Gedanken verhüllende Wolken aus roter Watte im Kopf herum. In die Nase stach das Geruchsgemisch von feuchter Erde, Kräutern, Duft-Ölen, Wein, Blut, Urin und anderen Körperflüssigkeiten, das den kleinen Raum bis zum Erdrücken zu füllen schien. Die Augen waren dank der Binde zu großen Teilen in gnädige Dunkelheit gehüllt. Nur mühsam drangen durch das Rauschen in den Ohren die beinahe ekstatisch gekeuchten Worte in der fremden Sprache. Die Kehle gab ein raues Krächzen von sich, das jedoch im dumpfen Schlag der Trommeln gänzlich unterging.
Am Rand der Augenbinde entlang schlich sich etwas von dem Feuerschein in die müden Augen. Schatten tanzten auf den Falten der langen Stiefel, deren Trägerin nicht fern des Fesselgestells stand und die altertümlichen Anrufungen keuchte. An ihrer Seite hing eine Gerte, die schreckliche Dornen trug, von deren Spitzen einzelne Tropfen frischen Blutes zu tropfen schienen. Erinnerungen an schmerzhafte Hiebe brandeten auf.
Die Stille schnitt schwer ins Bewusstsein. Die Trommeln waren stumm, die Flammen in den Brandschalen begehrten hie und da fauchend auf und schienen sich gegen die gesprochenen Worte der Zwei Foltermeisterinnen zu wehren, die irgendwo am Kopfende des Gestells standen.

"Bist du bereit, dich völlig aufzugeben und hinzugeben deiner Lust? En-scha'a Sali al-Saliri!
Bist du bereit, deiner Erfüllung alles zu unterwerfen? En-scha'a Sali al-Saliri!
Bist du bereit, den Willen der Schwachen zu brechen und sie zu leiten? En-scha'a Sali al-Saliri!
Bist du bereit, den heiligen Nektar der Süße des Schmerzes zu kosten? En-scha'a Sali al-Saliri!
Bist du bereit, dich dem Dienst an der Einen und Einzigen mit jeder Faser deines Leibes zu verschreiben? En-scha'a Sali al-Saliri
Bist du bereit, in ihrem Namen die störrischen von den Fügsamen zu scheiden? En-scha'a Sali al-Saliri
Bist du bereit, in Ihrem Namen jene zuzureiten, die sich nicht fügen wollen? En-scha'a Sali al-Saliri
Bist du bereit, die Klänge der wahren und vollen Ekstase zu mehren, koste es, wen es wolle? En-scha'a Sali al-Saliri
Bist du bereit, zu ihrer Gerte unter der Herde zu werden? En-scha'a Sali al-Saliri!"

Von einem Augenblick auf den nächsten schien die Luft noch dicker zu werden und die Lungen konnten sie nur noch begleitet von stechendem Brennen in sich aufnehmen. Auf der pelzigen Zunge machte sich der Geschmack von süßer Fäulnis breit, während eine der Stimmen wieder laut Worte in einer alten, kehligen Sprache sang. Schließlich war das leise Plätschern von Flüssigkeit zu hören.

"Leere den Becher bis zum letzten Zug, leere ihn jetzt und leere ihn bei jeder Gelegenheit. Ergib dich dem Rausch und verbreite deinen Rausch unter den Hengsten und Stuten der großen Herde. Beherrsche die Rösser und ihre Triebe im Sinne der Einen und Einzigen."

Gieriges Schlucken wurde von einem erschöpften aber triumphierendem Stöhnen gefolgt. Die andere Stimme stellte fest: Ihre Augen liegen auf dir. Besiegele dein Versprechen ihr Gegenüber, um Ihren Segen zu empfangen! Mit dem charakteristischen Klang glitt Metall aus einer Scheide.
Schritte näherten sich und die kühle Klinge legte sich auf die nackte Brust.

Und dann drang sie ein.