Geschichten:Die gräflich Schlunder Bombarden - Der Funke der Allwissenden

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Baronie Hartsteen, Feste Unterhalben, Ende RON 1044 BF

Linnert saß an seinem Schreibtisch vor einem eher überschaubaren Haufen Akteneinbänden, Ertragsbüchern und Korrespondenz. Seit ein paar Monden diente er seiner Schwester, Baronin Selinde von Hartwalden-Hartsteen, als Meister der Schreibstube. Ein nicht leichtes Unterfangen, auch für einen von Hesinde gesegneten Geist wie er einer war. Denn der junge Bürokrat musste von Grund auf eine neue Verwaltung aufbauen. Die Alte, mit all ihren Chroniken, Ertragsbüchern und Vermerken befand sich auf dem Oberhartberg – in Feindeshand, sozusagen. Bei seiner Aufgabe unterstützte ihn seine Tante Helmine - eine brillante Verwalterin, von der selbst er noch viel lernen konnte - nach Kräften.

Sein Blick fiel auf einen Brief und unmittelbar entspannten sich die Gesichtszüge des jungen Hartwaldeners, denn dieser kam von Ginaya Seifinger. Mit der Marktvögtin von Hartwalden pflegte der Meister der herrschaftlichen Schreibstube seit seinem Amtsantritt eine rege Korrespondenz. Denn seit der Belehnung seiner Schwester galt der Markt Hartwalden wieder als Hauptort – wie vor gut 400 Götterläufen, als seine Familie noch über die historische Baronie gleichen Namens herrschte. Mit der Aufwertung des Marktfleckens verbanden die Bewohner die Hoffnung auf Wohlstand nach all den Jahrhunderten des Niedergangs. Vor der Fehde hatte Hartwalden schon vom Einsturz der Rabenbrücke profitiert, denn viele Waren aus Perricum wurden über Hausnerhaven verschifft und über Hartwalden und Wandleth nach Gareth transportiert. Die Fehde störte den Warenverkehr freilich, besonders da der Hafen seit vielen Monden heiß umkämpft war. Nichtsdestotrotz hatte Linnert große Pläne mit Hartwalden, die bei Marktvögtin Seifinger auf offene Ohren stießen. Die wiederum konnte ihren Markt Dank der Stationierung der Schlunder Bombarden und Hellebarden auf der Feste Unterhalben als sicheren Handelsort profilieren.

Seinen Gedanken nachhängend, legte Linnert das Schreiben der Marktvögtin zu Seite, erhob sich und schritt Richtung Fenster. Sein Blick fiel von seinem Amtshaus in Richtung innerer Burghof. So geschäftig war es zu den Zeiten des seligen Halbert hier nicht gewesen. Gehetzt wirkendes Gesinde und schwer bepackte Handwerker wuselten umher, ebenso wie die grimmig dreinschauenden Leibgardisten seiner Schwester unter dem Kommando von Hauptfrau Haldana Valdris, deren Uniform mit auffallend vielen Schlangenornamenten verziert war. Es war ein offenes Geheimnis, dass diese Gardisten ihren Sold aus St. Ancilla bekamen. Ein Geschenk des Abtes an seine gelehrige Schülerin. Doch waren diese Handvoll Bewaffneter einzig für den persönlichen Schutz der Baronin zuständig. Mit ihnen ließe sich freilich nicht die Baronie zurückzuerobern. Du diesem Zweck waren auf Unterhalben die gräflich Schlunder Bombarden und Hellebarden stationiert. Ein Resultat einer Übereinkunft mit dem Schlunder Grafen – unter federführender Vermittlung von Landvogt Praiosmar von Hinn. Doch mochte auch Helmines Sohn Sindolf seinen Anteil daran gehabt haben, genoss der junge Ritter doch schon seit vielen Monden das Vertrauen des Zwergengrafen. Wahrlich eine Fügung des Schicksals.

Der Meister der Schreibstube war sichtlich froh über die Anwesenheit des gräflichen Banners. So konnten die Verantwortlichkeiten breiter geschultert und Ressourcen effektiver genutzt werden. Er und seine Tante hatten den Auftrag von seiner Schwester erhalten eine zivile Verwaltung aufzubauen, während die gräflichen Truppen für die Befriedung der Baronie sorgen sollten. Ihr Vater Raulbrin, Prior von St. Ancilla, blieb als Berater an Selindes Seite und führte mannigfaltige diplomatische Gespräche. Auch wenn das Bündnis mit dem Hinn und seinen Amseln ein sehr vielversprechendes war, und gar mit einer Vermählung gekrönt werden würde, musste sich seine Familie breiter ausstellen. Erst kürzlich war sein Vater von einer gemeinsamen Reise mit Yurika aus den Perricumer Perrinlanden zurückgekehrt. Vordergründig ging es um die Vermählung von Linnerts jüngerer Brüder. Doch Einzelheiten ließ sich sein Vater noch nicht entlocken.

Ein Lächeln zauberte sich auf das Gesicht Linnerts, als er den Baumeister Aurentian Hal von Feenwasser in einem angeregten Gespräch mit seinem zwergischen Zunftkollegen sah. Feenwasser, ein Neffe des Abtes von St. Ancilla, hatte seine Profession bei der Zwergin Rubidia, Tochter der Ferrlika gelernt, sprach fließend Rogolan und bewunderte die zwergische Festungsbaukunst. Es war schön zu sehen, wie alles ineinander griff. Der herrschaftliche Baumeister seiner Schwester arbeitet selbstverständlich mit den Zwergen der Feste zusammen – sehr zum Wohlgefallen der Allwissenden.

Schließlich wanderte Linnerts Blick zu dem schwarzen Albensteyn, der im Mauerwerk des Bergfriedes eingelassen war und bei dem er in der letzten Zeit häufiger den Hauptmann der Schlunder Bombarden- Thorin, Sohn des Thorgrimm gesehen hatte. Die Hellsichts- und Analysemagierin Arvinella von Bleichenwang schien diesen gerade eingehend zu begutachten. Innerhalb seiner Familie war man sich einig, der schwarze und der weiße Albensteyn mussten eine große Bedeutung für die hiesigen Lande haben. Und der Bund mit dem Land, auch da waren sich alle einig, war der Schlüssel um über diese Lande zu herrschen.