Geschichten:Die Zweifel einer Baronin - Teil 1

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Der Wandel in Alissas Wesen war radikal und doch schien er ihrer Natur im Innersten zu entsprechen. Und genau das missfiel der Baronin von Erlenstamm. Sie hatte keinen Grund, ihre Nichte zu tadeln, und sie auf ihr neues Verhalten einfach so anzusprechen, erschien ihr irgendwie unangenehm, obwohl es eigentlich angebracht gewesen wäre. Und so traf sie sich einmal mehr - und nach langer Zeit - mit ihrem alten Vertrauten, dem Schreiber Arth Baldus, um diese Angelegenheit zu bereden:

„Mein guter Baldus, lange habe ich mit Dir nicht mehr beratschlagt, und vielleicht habe ich Dir Unrecht getan, Dich zurückzustufen vor meiner Nichte ...“

„Keineswegs, Hochgeboren. Es ist Euer Privileg, Euch zu beratschlagen, mit wem Ihr auch immer wollt. Und es ist mir ein Privileg, kein Anspruch, mit Euch reden zu dürfen.“

Baldus’ Worte machten der Baronin einmal mehr klar, dass sie trotz der langjährigen Zusammenarbeit mit Baldus in ihm nach wie vor keinen Freund, sondern nur einen ihrem Amt treuen Diener hatte. Doch sein Rat war oft dem eines guten Freundes mindestens ebenbürtig, und Baldus’ Treue stand ausser Zweifel.

Und so schilderte die Baronin ihm ihre Gedanken über Alissa und die letzten Ereignisse. Sie schloss mit der Bemerkung: „Nach der Exekution dieses Horasiers dachte ich, Alissa hätte sich endlich in ihre Rolle geschickt und daran sogar Freude gefunden. Doch dann das. Die Ereignisse bringen sie fast um, und nun wird sie zu einer abgehobenen Götterdienerin. Was ist nur los und wie kann ich sie darauf ansprechen?“

„Hochgeboren, mich dünkt, Eure Nichte hat eben mehr vom Naturell Eurer Schwester.“

„Ja, ich fürchte, Du hast Recht. Aber sie ist alles, was ich habe.“

Baldus legte seine Stirn in Falten und meinte dann: „Nun, Hochgeboren, ich wüsste, wie Ihr sie aus der Reserve locken könntet. Sprecht sie doch noch einmal auf den noch nicht so lange zurück liegenden Tag von Belcampos Tod an und lobt sie für all die Handlungen und wohl auch Gefühle, die sie nun so zu verabscheuen scheint. Lobt sie dafür und sprecht so, wie wenn sich Eure Hoffnungen erfüllt hätten, als ob Ihr ihr nun mehr ähnlicher Aufgaben übertragen könntet. Mal sehen, wie sie darauf reagieren wird.“

„Das ist wieder einmal eine sehr gute Idee. Das werde ich tun. Aber ich sollte mir auch überlegen, was tun, wenn es nicht funktioniert.“

„Hochgeboren, dafür besteht keine Eile. Und bedenkt. Alissa hätte eigentlich unglaubliches Potenzial, aber sie ist nicht Eure einzige Hoffnung. Es gibt noch eine andere.“

Thalionmel wurde nachdenklich: „Du denkst doch nicht etwa an ...“ Baldus zuckte nur mit den Achseln, worauf Thalionmel langsam fortfuhr: „An diese Möglichkeit will ich gar nicht denken.“ Und nach einer kurzen Pause fügte sie an: „Zumindest noch nicht.“

Damit zog sie sich grübelnd in ihre Gemächer zurück, in der festen Absicht, Alissa am nächsten Tag auf Belcampos Tod anzusprechen.



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1. Bor 1029 BF
Die Zweifel einer Baronin - Teil 1


Kapitel 1

Die Zweifel einer Baronin - Teil 2
Autor: Alissa