Geschichten:Die Rückkehr der Pfortensteiner - Aller guten Dinge sind drei

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Anfang Phex 1044 BF, Burg Sichelaue, zur Abendstunde

Junker Rondradan konnte noch immer kaum glauben, wie glatt dieser dritte Angriff auf Windfels verlaufen war. Nach dem böse gescheiterten Versuch im letzten Herbst, hatte er große Bedenken gegen den Plan des Radewitzers gehabt. Zumal er ihm wenig ritterlich erschienen war. Doch der Keilholtzer hatte dem Berstenbeiner Junker zugestimmt, dass ein gewisses Maß an Kriegslist nicht unrondrianisch sei. Da seine beiden wichtigsten, weil einzigen, Verbündeten sich einig gewesen waren, hatte der Pfortensteiner sich schließlich überreden lassen. Außerdem waren sie dieses Mal besser vorbereitet und hatten fast alles an Rittern und Ritterinnen dabei, was sie in dieser Fehde aufbieten konnten. Neben Rondradan, Kolkja und Wulfhelm, waren auch Irion und Olmerga, sowie der Sichelauer Ritter Geldrion und seine junge Nichte Ryane dabei. Nur Jeswine fehlte, da sie noch in Blaufelde das Wochenbett hütete und Ritter Gerion, den Wulfhelm ebenfalls auf dem heimatlichen Gut zurückgelassen hatte, um für die Sicherheit seiner kleinen Familie zu sorgen.

Ohne Feuer und Licht hatten sie in der kühlen Phexensnacht in der Nähe des Dorfes ausgeharrt. Kurz vor Sonnenaufgang waren zwei Waffenknechte mit dem kleinen Fässchen Hylailer Feuers, welches Kolkja von Radewitz irgendwie und irgendwo in Gareth erworben hatte, zum Gradierwerk geschlichen und hatten es in Brand gesteckt. Dann hatten der Pfortensteiner und seine Gefolgsleute nur warten müssen, bis man im Dorf in heller Aufregung mit den Löscharbeiten begann. Wie erwartet wurden auch die Landwehrsoldaten in die Eimerkette mit eingebunden, mit der letztlich vergeblich Löschwasser den Hügel hinauf geschafft wurde. Gänzlich unbemerkt waren die Angreifer in der aufkommenden Morgendämmerung bis ins Dorf geritten und bevor noch ein Verteidiger in der allgemeinen Verwirrung zu den Waffen greifen konnte, hatten sie bereits den Windfelser Ritter samt seiner Familie in ihrer Gewalt. Nur mit Wassereimern bewehrt war für die Windfelser Waffenknechte nicht an Widerstand zu denken.

Durch das plötzliche Auftauchen der Pfortensteiner kamen die Bemühungen das Gradierwerk vor den Flammen zu retten gänzlich zum Erliegen. Auf Rondradans Geheiß wurden alle verfügbaren Wagen mit den vorhandenen Zugtieren, Pferde, Maultiere, Esel und Ochsen, angespannt und Sack für Sack mit Salz aus dem gut gefüllten Lagerhaus beladen. Noch bevor die Praiosscheibe sich gänzlich über die sanften Hügel im Osten des Dorfes erhoben hatte, waren die Angreifer mit ihrer Beute in Richtung der Baronie Waldfang abgezogen. Den jungen Drego von Windfels hatte man bis Goldlinden als Geisel mitgeführt um sich gegen eine etwaige Verfolgung abzusichern. Dort hatten sie den völlig verschüchterten Jungen dann dem Peraine-Tempel übergeben, damit er nach Hause zurückkehren konnte.

Die Stadt Waldfang selbst ließen sie links liegen und zogen eilig weiter gen Praios, wo sie am Abend die Burgruine Sichelaue, und damit die Ländereien von Junker Rondradan, erreichten. Während die Waffenknechte mehr schlecht als recht in dem noch bewohnbaren Teil des durch die letzte Belagerung durch die Kaisermärker arg in Mitleidenschaft gezogenen Bergfrieds untergebracht wurden, sammelten sich die Edlen in dem nun völlig überfüllten Häuschen von Ritter Geldrion. Der alte Gemmenritter entzündete ein Feuer im Kamin und setzte den Gästen ein karges Mahl aus seiner mageren Speisekammer vor, während diese nun endlich dazu kamen in Ruhe über die Ereignisse des Tages und ihre Folgen zu beraten.

„Ich muss Euch beglückwünschen Kolkja“, prostete Rondradan dem Radewitzer mit dem dünnen Bier des Sichelauers zu. „Euer Plan ist von vorne bis hinten aufgegangen.“

„Nun, Phex ist mit denen die sich selber helfen“, gab der Angesprochene bescheiden zurück. „Letztlich kam es vor allem darauf an, dass sich alle an die zeitlichen Abläufe hielten. Ein Lob also an eure disziplinierten Waffenträger.“

„Gut geplant ist halb gewonnen“, ließ sich der Wildermarkveteran Wulfhelm vernehmen, der seine durchgefrorenen Hände dem Kamin entgegenstreckte. „Jetzt sollten wir uns überlegen, wohin mit der Beute. Unauffällig sind die Gespanne nicht gerade und, verzeiht mir den Ausdruck Ritter Geldrion, in dieser Ruine von Burg sind sie nicht sicher vor etwaigen Rückholversuchen.“

„Da gibt es nichts zu entschuldigen, werter Wulfhelm.“ Geldrion machte eine wegwerfende Handbewegung. „Sichelaue ist schon seit Generationen mehr Steinbruch als Wehranlage. Trotzdem mag man aus der Tatsache, dass alleine diese geschleiften Mauern und der halb verfallene Bergfried die Kaisermärker im letzten Götterlauf mehrere Wochen aufgehalten haben ersehen, welchen Wert Sichelaue für Reichsforst, aber vor allem für die Sicherheit eurer Ländereien haben könnte, Junker Rondradan.“

„Ihr habt nicht Unrecht Geldrion. Allein das Geld und Material dafür zu bekommen könnte sich als schwierig gestalten. Vor allem in diesen unsicheren Zeiten.“ Rondradan strich sich nachdenklich über das stoppelige Kinn.

„Ihr vergesst, welchen Schatz wir dort draußen im Burghof stehen haben“, warf der Radewitzer ein. „Wenn Ihr erlaubt, werde ich meine Kontakte nach Gareth nutzen, um das weiße Gold aus Windfels zeitnah zu versilbern. Die Kaiserstadt hat immer Bedarf nach Salz. Wir sollten einen guten Preis bekommen. Ich schätze mal, dass wir dem Windfelser gut ein Viertel der Jahreseinnahmen aus dem Lagerhaus entnommen haben.“

„Geld, dass eigentlich Graf Drego zustünde, oder?“ In Irions Stimme schwang eine gewissen Besorgnis mit. „Immerhin ist die Salzgewinnung in Windfels ein gräfliches Regal. Und vergesst nicht, dass Junker Erlenfall auch noch gräflicher Landrichter ist. Ich glaube nicht, dass er sich diesen Affront wird gefallen lassen.“

„Den Grafen mit in diese Fehde hineinzuziehen, sollten wir wohl tunlichst vermeiden“, meinte Ritterin Olmerga nüchtern. „Unsere Erfolgschancen stehen so schon nicht besonders gut. Wenn wir uns auch noch mit den gräflichen Truppen messen müssen, wird das kein gutes Ende nehmen.“

„Ich werde mich darum kümmern“, sagte Junker Kolkja leichthin. „Meine Base Korisande ist Oberzollmeisterin Reichsforsts und die Verluste die wir der Grafschaft heute vielleicht beigebracht haben, hat zuallererst sie zu verrechnen. Ich bin mir sicher, dass sie beim Grafen für unsere Sache sprechen wird, sollte der Erlenfaller versuchen uns auf dieser Ebene anzugreifen.“

„Gut, dann seht zu, dass Ihr das Salz schnell in Taler und Dukaten verwandelt. Den Erlös werden wir gerecht unter uns aufteilen, um Euch auch für Eure Auslagen zu entschädigen.“ Das Pfortensteiner Oberhaupt wandte sich nun an die junge Ryane. „Ihr seid nun endlich zum ersten Mal in Sichelaue. Habt Ihr in der Zwischenzeit schon über mein Angebot nachdenken können?“

Die Ritterin zögerte ob der unerwarteten Ansprache und blickte unsicher zu ihrem Onkel Geldrion, der ihr jedoch aufmunternd zunickte. Sie atmete einmal durch und begegnete des Pfortensteiners Blick offen und sprach mit fester Stimme. „Wenn Ihr erlaubt Junker Rondradan, als wir in Eslamsgrund sprachen, stelltet Ihr mir eine Burg in Aussicht. So wie es im Moment Aussicht, erfüllt Sichelaue diese Bedingung nicht.“

„Wohlan, ich sehe, dass ich meinen Pflichten als Euer künftiger Lehnsherr besser nachkommen muss.“ Rondradan gefiel der Mut der jungen Frau. Solche Leute brauchte er in seinem Gefolge. „Wie Euer Onkel schon richtig ansprach, ist mir selbst sehr daran gelegen, die Wehrfähigkeit Sichelaues zu erhöhen und damit für sichere Handelswege durch meine Ländereien zu sorgen. Sobald also Junker Radewitz unseren heutigen Neuerwerb versilbert hat, soll ein angemessener Teil dazu aufgewendet werden, Burg Sichelaue zu verstärken. Natürlich unter der Bedingung, dass Ihr auch dem anderen Teil unserer Abmachung zustimmen werdet.“

Ryane von Rosenstein warf einen kurzen Blick auf Ritter Irion, den dieser zurückhaltend erwiderte, und nickte dann. „Es sei.“

„Sehr gut, dann werden wir die Vorbereitungen für den Traviabund treffen, sobald diese Fehde beendet wurde.“

„Wenn wir nun schon einmal bei der Verteilung der Beute sind“, meldete sich der Keilholtzer zu Wort, „möchte ich gerne das Ochsengespann für Blaufelden. Damit können wir bei der kommenden Aussaat ein paar Felder zusätzlich bestellen.“

„In Blaufelden hätten wir die Säcke sowieso umladen müssen, um sie etwas unauffälliger nach Gareth zu schaffen.“ Kolkja ging im Kopf die notwendigen Schritte durch. „Das Ochsengespann ist auf Eurem Gut sicherlich am Nützlichsten. Zumal es auf kaiserlichem Boden liegt und die Erlenfaller sich ihr ehemaliges Eigentum vor dort schwerlich wieder zurückholen können. Zudem können wir die Salzsäcke in eurem Lager verstauen, bis wir sie verkaufen. Wenn wir das nämlich nach und nach machen, erzielen wir in Summe einen besseren Preis, als wenn wir alles auf einmal auf den Markt werfen.“