Geschichten:Die Last des Alterns - Teil 5: Von Wohlgerüchen und Anderen

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Dramatis Personae:


Cassim

Tsaiane von Mistelstein


Baronie Gnitzenkuhl, Herrschaft Natternhöh` im Perainemond 1033 BF


Träge hob Cassim sein schwarz glänzendes Haupt. Das Bellen seiner Geschwister und der anderen Hunde entlockte ihm nur ein müdes Gähnen. Wie oft schon hatte er ihnen erklärt, dass wenn sie genau hinhörten sie sehr wohl erkennen konnten, wer da kam. Sein Herr zum Beispiel, ritt immer querfeldein, nutzte den alten Wegpfeiler, der auf dem Boden lag als Hindernis und kam dann über das kurze Stück mit den kleinen Steinen, auf das Tor zu. Ganz anders als alle andere Familienmitglieder. Von Fremden ganz zu schweigen.

Er reckte die muskulösen Glieder, blinzelte ein, zweimal , erhob sich von seiner Schlafstatt und setzte sich auf. Das Bellen ging in Jaulen über. Endlich sie hatten erkannt, um wen es sich handelte! Ihm konnte es gleich sein. Dies war schließlich der Grund, warum er hier drinnen sein durfte und sie dort draußen ihr Dasein fristeten. Auch SIE war an das Fenster getreten und blickte hinab. Um richtig wach zu werden schüttelte er sich , und begann sich zu kratzen. Nicht schon wieder einer dieser fiesen Plagegeister. Schabende Geräusche erklangen solange er versuchte den Blutsauger los zu werden. Ha, erledigt!

Ausgeschlafen und voll Freude ging er in die Nähe der Türe um IHN zu empfangen. Seine Krallen verursachten klackende Geräusche während der große, schlanke Jagdhund die wenigen Schritte zurück legte. ER war wieder da, die Stimme war unverkennbar, und die folgende Geschäftigkeit in der Halle verriet ihm, dass er sicher auch bald hier herauf kommen würde, wo er sich bei ihm die tägliche Streicheleinheit abholen würde. Nicht so ein verweichlichtes Tätscheln wie von IHR! Nein, sondern kraftvolle Striche, die er so liebte. SIE wusste das auch, ihrem Pferd, ließ sie das zumindest zuteilwerden, aber er hatte die Vermutung, dass SIE eifersüchtig auf ihn war, und ihn deshalb nicht sonderlich nett behandelte.

Rascheln von Stoff ließ ihn aufblicken. SIE war mit raschen Schritten an den Tisch getreten und setzte sich hin. Genervt wandte er seine Aufmerksamkeit der Tür und der dahinter befindlichen Treppe zu. Er musste sich ablenken. Dieser aufdringliche Geruch von…von…ihrem Wasser, dass sie bisweilen aufspritzte, machte ihn ganz kirre. Kein Hund konnte es lange in ihrer Nähe aushalten. Aber er hatte sich vorhin höflich von IHR streicheln lassen, schließlich war SIE diejenige, die neben IHM das Rudel führte. Rosen und irgendwelche Hölzer oder Samen mussten es sein, was sie so stinken ließ. Natürlich hatte er sich vor seinem Schläfchen wieder von vorne anfangen müssen zu lecken, denn dieser Blümchenduft ging so gar nicht. Angenommen, er musste schnell in den Hof, er hatte einen Ruf im Rudel zu verlieren. Unerträglicher empfand er es nur, wenn SIE nach anderen Männern roch. Das ER da nicht dazwischen ging? Schließlich war er doch der Leitrüde! Doch das war schon lange nicht mehr vor gekommen.Aber ER hatte das damals wohl gar nicht bemerkt.

Menschen mussten arme Geschöpfe sein. Sie konnten nicht erkennen, wann Zeit war sich zu paaren, wenn ein anderer Angst hatte, oder krank war. Über ihre winzigen Ohren und die schwachen Zähne wollte er gar nicht erst nachdenken. Jede Hündin würde derart missgestaltete Welpen totbeißen. Jämmerlich, wahrhaftig sie brauchten ihn und seinesgleichen, und einige wenige wie sein Herr waren sogar freundlich…und bisweilen konnte man ihnen sogar noch Dinge bei bringen! Immerhin waren sie groß und hatten diese Stech- und Schlagdinger.

Schwungvoll ging dann schließlich nur kurze Zeit später die Tür auf. Cassim gab seinem Herrn mit kurzem rhytmischen Wackeln seines Hinterteils zu verstehen, dass er sich freute ihn zu sehen, selbst wenn er enttäuscht gewesen war, dass er nicht mit genommen worden war auf den Ausritt. Mit dem Pferd konnte er mit Leichtigkeit Schritt halten. Dass er nicht auffindbar gewesen war, weil er wieder einmal lieber einer läufigen Hündin Gesellschaft geleistet hatte, schien ihm schon wieder entfallen zu sein.

Ganz entgegen seiner sonstigen Art kam ER jedoch nicht sofort zu ihm und tätschelte seinen großen samtigen Kopf, sondern ging mit lautem Schritt auf die Tafel zu, wo er ungestüm seinen Sitz zurück schob und sich umständlich darauf setzte. Etwas verwundert prüfte der Rüde mit hochgezogenen Lefzen und nach oben gereckter Nase die Luft. Phew…diesen Geruch kannte er. Diese herbe Note, gepaart mit der angespannten Körperhaltung und dem Blick, den er auf gesetzt hatte sprachen Bände. Aufmerksam setzte sich Cassim an seine Rechte für den Fall, dass er seine Nähe suchte. Er würde ihm bei stehen! Seine dunklen Augen hatte er starr auf SIE gerichtet. Scheinbar galt es hier die Rangordnungen zu klären, und darin war er schließlich der Beste.