Geschichten:Die Katastrophe (Al’Katas Pu’ranuth) – Gnitzenkuhl soll wachsen

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Baronie Gnitzenkuhl, Ende Rahja 1038 BF Burg Friedburg

Mit ungutem Gefühl betrat Leomara von Keilholtz den Thronsaal, in dem die Vasallen der Baronie sich hatten einfinden sollen. Das kurze Schreiben hatte einen derart ernsten Unterton gehabt, dass Sie darauf brannte mehr zu erfahren. Da waren sie: Vertreter der Bleichenwangs, Rotfurts, Alxertis, Isenbrunn, Mistelstein, Sturmfels, de Vargas, Eisensitz und der Familie Bergstamm.

Irritiert blinzelte Sie, als sie vor dem Fenster, seitlich neben Geshla eine weitere Person, nein zwei ausmachte. Es handelte sich dabei um eine kleine zierliche verschleierte Frau, ganz offensichtlich eine Nebachotin, und Helmbrecht von Gaulsfurt. Sie lächelte erfreut zu ihm hinüber. ‘ Was soll denn das?‘ fragte Sie sich dennoch leicht verwundert. Schon erklang die wenig angenehme Stimme ihrer Halbschwester.

„Gut, wir sind endlich vollzählig!“ Eindeutig eine Anspielung auf ihre leichte Verspätung. Aber der Kleine hatte sie beschmutzt, weswegen sie sich hatte umkleiden müssen! Entschuldigend nickte sie in die Runde. „Ich bitte die Versammelten Platz zu nehmen!“ Stühle rückend kam man der Bitte nach, und saß alsbald an langer Tafel beisammen und erwartungsvolle Blicke richteten sich auf die Baronin. Die Ruhe hätte nicht angespannter sein können, dessen war sich Geshla auch bewußt. Ihr Gesicht drückte ebenfalls Unbehagen aus, doch gab sie sogleich das Wort weiter an den Besuch aus Haselhain.

Die Stille, die nach den Berichten des Helmbrecht von Gaulsfurt sowie der Tulamidin eingekehrt war, zeigte, dass viele der Anwesenden das Gehörte erst einmal überdenken mussten. Olblodor und sein Sohn taten dies ein einer selten gekannten Einmütigkeit: mit einem tiefen Schluck des angebotenen Weines.

Leomara von Keilholtz hingegen sah aus, als würde sie am liebsten sofort los reiten, und tun was sie am besten konnte. Nebachoten in ihre Schranken weisen. Speziell die Dinge, die der Raulsche von Gaulsfurt von sich gegeben hatte, hatten sie erbost. Scheinbar vermuteten diese Nebachoten ausgerechnet Verräter am Reich in den Reihen der Adligen. Weswegen sie auch der Familie ihrer Schwertmutter bereits übel zugesetzt hatten, und diese keine Unterstützung beim eigenen Herrscher fanden, sondern den haltlosen Unterstellungen und Anfeindungen ausgesetzt waren, die Ihnen entgegen schlugen. Die Stimmung unter den Nebachoten war derart aufgeheizt, dass sich scheinbar alle auf der Jagd nach Überläufern befanden, die aufzubringen waren.

Das Gesicht Hamardan von Rotfurts schien inzwischen in Stein gemeißelt zu sein. Über den Tisch hinweg tauschte er stumm Blicke mit Zurbaran von Bergstamm aus. Wollte Geshla hier die Nebachoten vorführen, oder was war Ziel dieser Zusammenkunft? Der gepflegte und nach teurem Duftwasser riechende Nebachote warf der Baronin warnende Blicke zu, die sie kühl ignorierte, derweil sie sich erhob. Der Hohe Herr von Bergstamm hatte vor allem neugierige Blicke auf die Frau gerichtet, die stark verschleiert war, und nur ihre Stimme und Zungenschlag sie eventuell denjenigen gegenüber enttarnen könnte, die sie schon einmal vernommen hatten. Doch kein Erkennen hatte sich auf seinem Gesicht gezeigt, als sie darüber berichtet hatte, dass Simolds Nachfolger mit vorsichtiger Sorge betrachteten, was Eslam begonnen hatte. Doch gebunden waren jene an alte Bande und somit mußten Sie zulassen, dass auch in der eigenen Baronie Menschen befragt wurden, und das nicht selten unter Anwendung von Gewalt oder üblen Androhungen.

Schließlich räusperte sich Geshla von Gnitzenkuhl.

„Vielen Dank für die Berichte! Ich kannte Sie bereits, doch ich wollte, dass sich hier jeder selbst ein umfassendes Bild machen kann. Ihr habt hernach noch die Möglichkeit gezielt Fragen zu stellen. Natürlich haben die Krämer, Reisenden und andere Kundschafter uns schon berichtet wie es derzeit in Brendiltal zu geht, doch auch Nebachoten anderer Baronien, Haselhain beispielsweise, scheinen die Häscher Eslams gewähren zu lassen.“

Sie legte eine Kunstpause ein , spie dann aber förmlich die folgenden Worte in die eingekehrte Stille aus, sodass jedem klar war, dass diese Frau nur mühsam ihre Wut zu zügeln wusste. „ ICH werde dem nicht zustimmen oder zusehen!“ Ihr flammender Blick richtete sich hierbei lodernd auf die Vertreter der Familien Rotfurt und Bergstamm. „Nicht auf meinem Grund und Boden! Egal wie berechtigt die Mutmaßungen sein mögen, ich dulde keine Barbarei, keine öffentlichen Verbrennungen auf dem Scheiterhaufen oder sonstigen blutigen Riten auf meinem Land, nur weil ich Macht demonstrieren möchte! Hier wird weiter eine praiosgefällige Ordnung herrschen, ein ordentliches Gericht über Adlige abgehalten, und sollte sich jemand des Verrats schuldig machen…so wird es Beweise dafür geben, die man vorlegen muss. Kein Häscher aus anderen Baronien wird seinen Fuß über die Grenze setzen, und hier lebende Gnitzenkuhler befragen, oder nebachotische Familien aus Gnitzenkuhl dazu anhalten sich derart zu verhalten! Ich hoffe wir haben uns verstanden?!“ Langsam betrachtete sie wieder die Versammelten im allgemeinen.

„Es hilft nichts, wenn wir nun anfangen jeden und alles zu verdächtigen, obwohl gewisse Vorkommnisse aus jüngster Zeit berechtigen Spione zu vermuten, so darf man nicht vergessen, welche Sorge das ganze Reich in Atem hält. Den Keil, den er versucht in unsere Reihen zu treiben, ich rede von Haffax, den dürfen wir nicht selbst noch vorantreiben. Der Herr von Brendiltal mag seinen offenkundigsten Einflüsterungen aufs erste widersagt haben, aber der Haß treibt in ihm seltsame Blüten und äußerst besorgt muss man sich jetzt fragen: ist er noch ein Herrscher der fähig sein wird die Streitmacht die unter ihm dient zu bändigen? Was ist mit Haselhain? Wird es uns ein Schutzschild sein, müssen wir umgekehrt Ihnen Schutz bieten? Bedenkt, dass üble Gerüchte gegen jeden einzelnen von Euch dazu führen könnten, dass seine Häscher Euch entführen und kurzen Prozess mit denen machen, von denen er glaubt, dass sie zu Verrätern geworden sind!“

Die beiden Nebachoten am Tisch waren kurz davor aufzuspringen und ihren Bannerherren zu verteidigen, doch mässigten sich gerade noch als eine Hand der alxertiser Junkerin von Goldackern, die erbost auf die Armlehne nieder gefahren war, ob dieser Aussicht, zum Ausdruck brachte, was alle in dem Moment dachten. „Unerhört!“ Sagte Sie schließlich und schüttelte das Haupt. „Ihr haltet dies wirklich für möglich?“ Unglaube und Mißtrauen lagen in ihrer Stimme, war man doch keineswegs in gutem Verhältnis mit der neuadligen Baronsfamilie.

Olblodor polterte los: „Das wollen wir doch mal sehen, ob irgendeiner dieser Bluthunde es wagt mein Gut zu betreten! Eigenhändig werde ich…!“ Anshelm, sein ältester Sohn fiel ihm ins Wort. „Es war nur ein Beispiel! Lasst die Baronin erst enden, bevor wir beratschlagen!“ In seinen wilden Bart nuschelnd verstummte der Mann daraufhin, und schaute wieder Geshla an, die milde lächelte.

„Ja, ich halte es für möglich!“ antowortete sie zunächst in Richtung der Frau. Dann zu Olblodor gewandt: „Ich habe mein Wort gegeben, dass das angrenzende Junkertum Gaulsfurt durch uns mit geschützt wird, bei allem was in Haselhain und Brendiltal noch ausbrechen mag eine gute Lösung für uns beide. Wir erhalten früh Kunde darüber, was uns möglicherweise dreut von Seiten der Nachbarn, und im Falle eines Übergriffes auf Raulsche, oder speziell der Familie von Gaulsfurt, werden wir eingreifen. Hier seid speziell ihr gefragt. Beratschlagt Euch wie ihr in Zukunft noch enger agieren könntet. Ich weiß ihr seid geschickt darin dies unauffällig geschehen zu lassen!“

Überrascht über das offensichtlich vor anderen ausgesprochene Vertrauen nickte die von Alxertis langsam. Ob die Tatsache, dass ihre Schwester hier als Medica arbeitete dafür gesorgt hatte?

„Euch hingegen“ sie schaute nun zuerst von Bergstamm und dann von Rotfurt an „muss ich sagen, dass ich mir im Unklaren bin wie ihr Euch positioniert in dieser Sache. Eure Loyalitäten sollten klar hier liegen, doch vor allem Ihr habt mich häufig daran zweifeln lassen, wenn wieder und wieder Probleme auftraten Hamardan. Doch ich bin es Leid im Innern Kämpfe auszutragen. Ich baue auf Hesindes Geist in euch. Begreift dass es hier nicht um kleinliche Reibereien geht, sondern um ernste grundlegende Umwälzungen. Ausgelöst durch das unbeherrschte Temperament eines in die Jahre gekommenen Führers der Nebachoten. Verbittert durch den Tod des Nachfolgers und Erben. Enttäuscht von den anderen Sprossen seiner Lenden, der nun sein Lebenswerk sieht, welches droht im Chaos welches der Reichsverräter sät, unter zu gehen.“ Ihre Worte waren wahr und Hamardan mußte schwer schlucken, da es seinen Stolz schwer traf aus dem Mund dieser elenden Schnepfe solche Tatsachen zu ertragen. „Ehrt weiter Eure Kultur wenn es sein muss, aber laßt ab diesem Mann zu folgen, er wird uns alle in den Untergang führen!“

Roderick von Isenbrunn saß mit seinem Sohn Quanion still da und beobachtete das Blickduell, welches sich nun zwischen Geshla und Hamardan abspielte. ‚Ablassen‘ fragte Roderick sich ‚Meint sie ablassen im Sinne von Gefolgschaft verweigern?‘ Überrascht ob dieses kühnen Vorstoßes hielt er die Luft an.

Der unbeugsame Nebachote konnte derweil kaum an sich halten. Seine Nasenflügel bebten wie die von Rössern, kurz bevor Sie umdrehen und im gestreckten Galopp das Weite suchen, oder Steigen und mit den Hufen klar ausfechten wer der Herr der Herde ist. Natürlich war das Durchgreifen Eslams in anderen Baronien mitnichten rechtens. Allerdings wenn man dadurch wirklich Verräter faßte? Doch wenn schon Haselhain das Vorgehen bedenklich fand, und dieser Junker aus Gaulsfurt um Unterstützung bat, war dann das gesunde Maß der Vernunft nicht längst über Bord geworfen worden bei dem Ansinnen? Man hätte diesen Versuch des Verräters so gut ausbeuten können, um für mehr Unterstützung bei denen zu sorgen, die nicht daran glaubten, dass Haffax Perricum für wichtig hielt, aber nein, einmal wieder hatte Kor in dem Anführer gesiegt.

Mit rauer Stimme sagte er: „Wir werden darüber Beratschlagen. Dies ist nichts, was man vorschnell tut.“

„Natürlich nicht! Ich habe nichts anderes erwartet!“ Geshla neigte das Haupt und war scheinbar zufrieden, dass er nicht rundweg abgelehnt hatte.

„Ihr könnt Euch nun austauschen, es wird ein kleiner Imbiss aufgetischt, ihr könnt Euch bedienen. Befragt weiter die angereisten Gäste, doch respektiert , dass die fremde Frau Euch zwar Rede und Antwort stehen wird, aber keinesfalls ihre Identität preis gibt. Es wäre ihr Tod.“

Alsbald herrschte ein großes Stimmengewirr im Saal, und Geshla hoffte zufrieden fürs erste dafür gesorgt zu haben, dass der Wahnsinn Eslams hier keinen großen Einfluss haben würde!



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27. Rah 1038 BF
Gnitzenkuhl soll wachsen
Sucht!


Kapitel 3

Das große Brennen
Autor: Tomira