Geschichten:Die Hölle zu Waldstein - Ein wenig Unkosten

Aus GaretienWiki
Version vom 10. Oktober 2014, 22:27 Uhr von Hartsteen (D | B)
(U) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (U) | Nächstjüngere Version → (U)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Pfalz Breitenhain, Peraine 1037 BF

„Mir fällt keine weitere Beleidigung für diese Schwester der Höllenwaller Pestbeule mehr ein“, setzte sich der Pfalzgraf verbittert nach einer längeren Tirade über die Blockade des Weges nach Linara an seine Schießscharte auf der Turmspitze, die er seit längerer Zeit nun bewohnte und von der aus er gen Praios auf die Hügel von Rodeberg blickte.

Hinter diesen hatten die Höllenwaller Söldner im Frühjahr nun die Belagerung von Sertis begonnen. Sie behinderten Lieferungen für die Pfalz und belästigten Reisende nach und von Hornbeil, auch wenn man diese durchaus an einer Hand abzählen konnte. Innerhalb eines Mondes, versteht sich. Aber dabei blieben sie stets in einem gebührenden Abstand zu Burg Silberzahn, die ihre Funktion als Bollwerk ausgesprochen gut erfüllte. Auch wenn es schien, als ob die Rot-Schwarzen eigentlich gar nicht viel weiter wollten, als wo sie jetzt standen.

„Ach, wenn man sie doch wie Stinkekäfer einfach zerdrücken könnte!“, seufzte Hilbert von Hartsteen und schüttelte resigniert seinen Kopf. „Vielleicht sollte ich doch nochmal eine Depesche nach Greifenklaue senden…“

Der bis zu diesem Zeitpunkt schweigende Tulamide räusperte sich leise. „Herr, erinnert Ihr Euch an das letzte Mal, als Ihr versuchtet Eurem Feind mit kriegerischen Mitteln zu Leibe zu rücken?“

„Du meinst Osenbrück“, sagte mehr, als dass er fragte, der Pfalzgraf. „Ja, Du hast Recht. Ist mir nicht gerade gut bekommen, als ich diesem stinkenden Ogerkot die Wölfe auf den Hals hetzen wollte. Da ist ja die ganze Ritterbundfehde ausgebrochen. Und am schlimmsten musste der arme Nimmgalf leiden, der in der Gefangenschaft meines feinen Herrn Schwiegervaters die schlimmsten Torturen ertragen musste.“

Der Baron von Hirschfurten war während seiner Zeit auf Mor’Tres mit den feinsten Speisen verköstigt worden, so dass er so sehr zugenommen hatte, dass ihm seine Rüstung nicht mehr passte. Aber aussprechen wollte es keiner der beiden.

„Ach, wäre der aussätzige Sohn einer Sumpfranze doch im Wall verschollen geblieben! Seitdem er zurück ist, kann ich nicht mehr so viel essen, wie ich…“ Hilbert winkte ab. Er wirkte ratlos. Beinahe erschöpft und mutlos. „Tulamide, welchen Rat gibst Du mir?“

„Ich, mein Herr? Leider weiss ich keinen guten Rat. Und für die Dinge, die ich mir vorstellen könnte, müsste man Gold in die Hand nehmen. Viel Gold. Mehr Gold, als dieses immer mehr verwaldende Sertis jemals abwerfen könnte.“

„Ja. Was tun?“

Hilbert schaute sinnierend hinaus auf den Reichsforst. Das dichte Blätterwerk wirkte wie eine lückenlose Decke, die nicht aus einzelnen Bäumen erzeugt zu werden schien, sondern wie eine dichte Decke über das Land gezogen wurde. Und jeden Mond verschlang dieses grüne Monster mehr fruchtbares Land, als sie (womit natürlich die Tagelöhner und Unfreien gemeint waren) durch Rodungen wieder zurück gewinnen konnten.

Es klopfte. Da keiner der Anwesenden antwortete, öffnete sich langsam und quietschend die schwere Eichentür, die hinaus auf die Wendeltreppe führte. Unsicher, dann leicht verstimmt, betrat der Kastellan Breitenhains den Raum. Reo Rondriol vom Wirsel hielt in der Hand einen dicken Schrieb, mit dem er heftig herumwedelte.

„Hochwohlgeboren, ich bringe gute Kunde!“

„Was denn, Wirsel?“, antwortete Hilbert matt und in Gedanken versunken.

„Ihr erinnert Euch doch daran, wie ich immer und immer wieder an die Krone geschrieben habe, dass wir mehr Mittel und Unterstützung für die Zurückdrängung des Reichsforstes benötigen. Wieder und wieder hat man uns mitgeteilt, dass man keine zusätzlichen Mittel geben könne und wir doch die Fron nutzen mögen, um der Lage Herr zu werden. Nun, nach dem gefühlt zwölfmalzwölften Bitten hin scheint man sich unserer angenommen zu haben. Vom Reichserztruchsess kam nun die Kunde, dass er uns genügend Gold schicken wird, damit wir den Weg bis Braunwalden freiroden können!“

Zwei Blicke im Raum trafen sich. Hilberts Blick, der bis gerade müde und erschlafft gewirkt hatte, hellte sich merklich auf und ein tiefes Lächeln wuchs aus ihm hervor.

„Meine Herren, wie mir scheint haben mir die Götter ein Geschenk gemacht, damit wir uns in ein wenig Unkosten stürzen können…“