Geschichten:Die Gneppeldotzin - Feidewalder Wildfang

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Festung Feidewald, 1004 BF

Was war das für eine Pracht! Der ganze Burghof der Festung Feidewald war voll von herausgeputzten Menschen in ihren edlen gold- und silberdurchwirkten Gewändern, den feschen Hüten mit den lustig wippenden Federbüschen auf den Köpfen, in leuchtenden Reisemänteln und dazwischen die blankpolierten Harnische und Helme der gräflichen Leibwachen, in denen sich die Praiosscheibe blendend spiegelte! Bald schon würde diese hochherrschaftliche Schar gen Kaiserstadt Gareth aufbrechen, um dort den Verlobungsfeierlichkeiten des kaiserlichen Thronfolgers beizuwohnen, und Irmhelde würde dabei sein – zumindest ein bisschen.

Als sie ihre Mutter trotzig gefragt hatte, warum sie nicht mitdurfte, aber der blöde Wichtigtuer Udalbert, der noch nicht einmal ein halbes Jahr älter war, und sie deswegen immer auslachte, hatte diese nur milde gelächelt und erklärt, dass das eben dessen Mutter, die Gräfin, so entschieden hätte, und eben auch, dass sie daheim auf Feidewald bleiben und auf Answarth acht geben solle, mit dem spiele Heldchen doch auch so gerne. Das stimmte. Answarth war groß und stark – und man konnte ihn beim Murmelspielen immer besiegen, weil er sich so leicht austricksen ließ, deswegen niemals wütend wurde und seine Schulden umstandslos mit süßen Leckereien aus der Küche bezahlte. Aber was war das schon im Vergleich zu dem, was in der großen Stadt an Spektakulum warten musste?

Trotz allen Bittens und eingesetzten Charmes einer Sechsjährigen ließ sich Mutter durchaus nicht erweichen, was Irmhelde schließlich mit einem Wutausbruch und lautem Schimpfen quittierte. Da hatte Vater, der als Hausritter ihre Hochwohlgeboren selbstverständlich begleiten würde, seiner Tochter den zornesroten Kopf getätschelt und ihr augenzwinkernd erlaubt, bis hinunter nach Kronbrunn bei ihm mitzureiten und darüber hinaus versprochen, ihr alles haargenau von dem Fest zu erzählen oder ihr vielleicht sogar eine Kleinigkeit aus der Reichshauptstadt mitzubringen. Das hatte Irmhelde immerhin ein wenig besänftigt, denn reiten durfte Udalbert sicher nicht!

Schließlich war es so weit: Die Gräfin von Hartsteen trat in Begleitung ihres Gemahls und drei ihrer Söhne aus dem Portal des Palas und bestieg die prunkvolle, von vier edlen Elenvinern aus eigener Königsgrunder Zucht bespannte Kutsche. Auf einen Wink hin ließ der Trompeter sein Signal ertönen und der Zug setzte sich unter den Augen der zurückbleibenden Hofangehörigen und des Burggesindes in Bewegung, allen voran der Fähnrich mit dem entrollten Igelbanner und dahinter die gräflichen Leibritter. Als die Rosse antrabten, klammerte sich Irmhelde fest an den Gürtel ihres Vaters, der sie hinter sich auf den Pferderücken gehoben und seinen weiten Mantel über sie geworfen hatte. Viel sehen konnte sie so zuerst nicht außer dem väterlichen Rücken und den steinernen Platten des Burghofs direkt unter den Pferdehufen. Dann folgten die Holzplanken der Zugbrücke und schließlich das Pflaster des Königsstiegs hinunter nach Kronbrunn. Da traute sie sich, den Mantel ein Stück zur Seite zu schieben und bemerkte, dass sie sich nun direkt neben der gräflichen Kutsche befand. Aus dem Kutschfenster glotzte ihr überrascht Udalbert entgegen. Da konnte Irmhelde nicht anders – und streckte dem erstaunten Grafensohn frech die Zunge heraus.



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1004 BF früh am Mittag
Feidewalder Wildfang


Kapitel 1

Im Auftrag der Ewigjungen
Autor: Steinfelde