Geschichten:Die Falle einer Ratte - Aus der Villa Geldana

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Villa Geldana, Peraine 1032 BF


"Meister Wiesenbach, seid mir nicht gram", schnaufte Oldebor von Weyringhaus, "aber ich fürchte, ich habe bestenfalls die Hälfte von dem verstanden, was Ihr mir da erklären wolltet."

"Das mag daran liegen, dass ich es nicht sonderlich gut erklärt habe", beschwichtigte der Secretarius den Burggrafen sogleich, "aber das liegt wohl in der Natur der Sache. Magie ist schon kompliziert genug, und wenn es sich dann noch um Zeitparadoxa dreht ... vermutlich hat kaum einer der Anwesenden auf dieser merkwürdigen Burg begriffen, was genau dort vor sich gegangen ist."

"Nun ja, Hauptsache Seine Kaiserliche Hoheit ist wohlauf."

"Prinz Storko scheint diese gesamte Angelegenheit einfach verschlafen zu haben", bestätigte Friedwart Wiesenbach.

"Aber bei der Ernennung der Pfalzgräfin war er offenbar wieder hellwach", erwiderte Oldebor. "Immerhin hat er sehr schnell erfahren, dass es Hilbert von Hartsteen anscheinend nichts ausgemacht hätte, einen kaiserlichen Prinzen bis in alle Ewigkeit als blinden Passagier auf Satinavs Nachen mitfahren zu lassen. Vom übrigen versammelten Adel Garetiens und Greifenfurts mal ganz zu schweigen."

"Dem Pfalzgrafen von Sertis ist dafür aber eine gewisse Ablehnung entgegengeschlagen", entgegnete der Secretarius mit Unschuldsmiene.

Ein verschmitztes Lächeln, völliges Einverständnis bezeugend, zuckte in den Mundwinkeln des Burggrafen. "Das habt Ihr schön gesagt. - Aber schon eine gewisse Überraschung, dass der gute Malepartus ihn dafür derartig angeht. Berichtigt mich, wenn ich mich irre - aber mir scheint, das ist das erste Mal, dass mein Schwiegersohn etwas tut, woraus er keinen unmittelbaren Nutzen ziehen dürfte."

Meister Wiesenbach war so beschäftigt damit, seine Schreibfeder zu spitzen, dass ihm diese Bemerkung vollständig zu entgehen schien. Oldebor hatte offenbar auch keine Antwort erwartet, denn er fuhr ohne langes Zögern fort: "Und jetzt haben wir den Salat. Mein Schwiegersohn ficht ein Duell mit dem Schwager meines Vetters, schlägt ihn halbtot-"

"Nur halbtot", raunte der Secretarius, sich noch immer augenscheinlich voller Konzentration der Schreibfeder widmend.

Der Burggraf warf ihm einen missbilligenden Blick zu, wobei die Mundwinkel verräterisch zuckten. Dann setzte er seine Tirade fort: "Und wird, nachdem er ein ehrenvolles Duell gefochten hat, auf einer Burg gleich hinter der Grenze von einem Söldlingshaufen eingesperrt. Kein Wunder, dass meine älteste Tochter mich aus Höllenwall um Hilfe bittet. Abgesehen davon, dass sich die Pulethaner schnurstracks auf den Weg gemacht haben, um ihrem Bundesbruder beizustehen. Als ob sie noch nicht genug garetische Bauern erschlagen hätten!" Mit einem unwilligen Kopfschütteln hielt er inne.

"Und was werdet Ihr in dieser Angelegenheit unternehmen?", fragte Friedwart Wiesenbach, noch immer geduldig schnitzend.

"Meinen Hochzeitstag feiern", sagte Oldebor schlicht.

Sein Schreiber stach sich vor Verblüffung das kleine Messer in die Fingerkuppe. Er zog eine Grimasse, legte das Messerchen fort und steckte den Finger zwischen die Lippen. "Verzeiht?", fragte er mit zusammengebissenen Zähnen um den Finger herum.

Der Burggraf schien die Verwirrung seines Secretarius nicht zu bemerken. "Am 24. Rahja sind meine geliebte Gattin und ich dreimal zwölf Götterläufe verheiratet. Dieses freudige Ereignis wird das glückliche Paar mit einem Göttinnendienst im Travia-Tempel feiern - und zwar im Kreise seiner Kinder und Kindeskinder nebst den jeweiligen Ehegatten ..."

Meister Wiesenbach nickte verstehend: "Und wenn der Mann Eurer ältesten Tochter an diesem Göttinnendienst nicht teilnehmen kann, dann ..."

"Dann wird derjenige, der ihn daran hindert, meine Gattin und mich sehr betrüben. Wenn Hilbert nur ein bisschen Grips in seinem Schädel hat, wird er dafür sorgen, dass sich diese unselige Angelegenheit bis dahin klärt."

"Ich setze sogleich eine Verlautbarung und die Einladungen auf", versprach der Schreiber. Nach kurzem Zögern setzte er hinzu: "Verzeiht, Euer Edelhochgeboren - aber ist dieses Jahr nicht erst der 35. Hochzeitstag? Ihr habt doch im Jahre 997 geheiratet."

"Und Hilbert war da noch nicht einmal geboren", erwiderte der Burggraf, ohne mit der Wimper zu zucken. "Andere Männer *vergessen* den Traviatag. Da kann ich mich doch wohl um ein Jahr verrechnen." Mit einem zufriedenen Lächeln lehnte er sich zurück.