Geschichten:Des Zackens Schatten - Herrin der Schriften

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Rashia'Hal, Baronie Haselhain Ende Peraine 1045 BF

Hesindiane von Falkenstein saß auf einer Bank am Ufer des Sees. Ein herrlicher Anblick wie sich die Praiosscheibe auf der Wasseroberfläche spiegelte und das Ufer, mit seinen Blumen, Büschen und Farnen, in Szene setzte. Hesindiane genoss diesen Ort sichtlich, war er doch der Ruhepol, den sie sich so lange gewünscht hatte. Nach zwei Götterläufen Fehde, dem Verlust ihres ersten Gatten und der Verrat eines Mannes dem sie einst vertraute, war dieser Ort genau das richtige. Schon bei ihrer Ankunft hatte sie das Gefühl gehabt, dass alle Last, alle Schwermütigkeit von ihr abgefallen war. Selbst Timshal, den sie ansonsten als zurückhaltend kannte, taute hier über die Tage auf und ließ sich vom Geist dieses Ortes erfüllen und leiten.

Zwar hatte es die Dame aus hohem Hause einiges an Überwindung gekostet, ihre Kinder nicht direkt nach Perricum mitzunehmen, doch deren Ausbildung erlaubte dergleichen nicht. Der Umstand, dass Asmira schon im nächsten Götterlauf ihr nachfolgen würde und sie Hardane im Zweifel besuchen konnte linderte den Schmerz ihrer Trennung etwas.

Während sie so über den Werdegang ihrer Kinder nachdachte, drängte sich ihr der Gedanke an ihren eigenen auf. Bis vor ihrem Traviabund mit Timshal hatte sie bei ihrer Familie auf Burg Falkenstein gelebt und konnte sich dort den hesindianischen Künsten hingeben, doch was würde sie nun tun? Ihr Gatte war Landvogt und Kommandant eines Flecken Deres der ihr nicht wirklich zusagte. Egal wie oft sie darüber nachdachte, sie sah sich einfach nicht an diesem Ort sitzen.

Dann wäre da noch die schwiegerväterliche Baronie in den Zacken. Die Familie ihres Gatten hatte dort neben dem Baronssitz auch ihre Stammburg, ein abgeschiedener Ort, an dem sie Dere um sich herum ausblenden könnte und sich ihren Büchern oder anderen Künsten zuwenden. Doch wie würde sie von dort Verbündete für ihr Vorhaben finden? Asmira stand die Baronie ihres Vaters qua Geburtsrecht zu! Und Hesindiane würde nicht lockerlassen, ihrer Tochter zu deren Geburtsrecht zu verhelfen!

Der sich nähernde Timshal riss die Falkensteinerin aus ihren Gedanken. Zu ihrer Freude hatte dieser nicht nur eine Karaffe Wein mitgebracht, sondern auch Häppchen. Melonenstücke, Zucchini- und Auberginenröllchen sowie eine kleine Flasche, deren Inhalt sie etwas an Amandello erinnerte. Die Aufschrift verriet, dass es sich hierbei um den haselhainer Haselnussschnaps handelte. „Deine mahlenden Gedanken konnte ich bis nach vorne hören. Also, was treibt dich um, meine Liebste?“, wollte der Rittmeister der Grenzreiter mit einem Lächeln wissen.

„Ach, ich habe die Aussicht genossen da kam mir die Frage, was werde ich nun in Perricum machen? Der ewige Müßiggang ist nichts für mich und auf deiner Tasche möchte ich nicht liegen…“, ihr Blick richtete sich nach vorne und sie blickte auf den See, dessen Oberfläche von kleinen Wellen aufgelockert wurde, als einige Enten an ihnen vorbeizogen.

Der Erbe des Barons von Zackenberg lächelte verstehend. „Ich denke Mantikorszahn ist kein Ort, an dem du Freude haben wirst, du wirst eingehen vor Langeweile. Das Tagesgeschäft sind schnöde Berichte, Befehle und Besprechungen. Noch dazu hat die Burg nichts mit denen aus Rittersagen oder der gleichen gemein“, Timshal nickte knapp, während er seiner Frau und sich etwas vom haselhainer Schnaps einschenkte. „Darüber hinaus wirst du auf Mantikorszahn und in der Umgebung nicht diejenigen finden, die dich bei deinen Zielen unterstützen könnten oder werden, wenn du verstehst?“, gab der Erbe des Zackenberger Barons zu bedenken.

Hesindiane nickte zustimmend. Timshal hatte verstanden, dass sie trotz allem weiter im Interesse ihrer eigenen Kinder handeln musste. Sie fühlte sich seit Götterläufen das erste Mal verstanden, wenn sie es richtig anstellen würde, könnte sie vielleicht endlich in Perricum das schaffen, was ihr so lange in Elsamsgrund verwehrt gewesen blieb.

„Ich denke, ich kenne den richtigen Ort für dich!“, stellte der dunkelbraun Haarige überraschend mit einem Lächeln fest.

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Kulturhof, Markgräflich Perrinmarsch Ende Peraine 1045 BF

Die langen schwarzen Haare der Landvögtin waren nach hinten gekämmt und wurden von einer Haarbrosche, in Form eines Kranichs, an ihrem Platz gehalten. Des Markgrafen Schwester hatte bis heute nichts von ihrer Ausstrahlung verloren und ihr milder, freundlicher Blick fügte sich in das auch ansonsten harmonische Bild dieses Hofs ein. „Es freut mich, dass Ihr heute vor uns tretet, bitte lasst mich Euch mein Mitgefühl ausdrücken. Die letzten Götterläufe müssen unendlich schwer auf Euch liegen, umso erfreulicher ist es, dass Ihr nun an einen Ort der Harmonie und des Friedens gekommen seid“.

Hesindiane von Falkenstein verbeugte sich, „habt Dank, Euer Hochgeboren, für diese Anteilnahme. Euer Mitgefühl ehrt Euch und eure Worte sind Balsam für den Geist. Darüber hinaus möchte ich meine Freude ausdrücken heute an Eurem Hof weilen zu können. Eine wahre Perle unter den Höfen der Markgrafschaft und des Königreichs, wenn ich das so sagen darf“. Die ehemalige Baronin zu Rallerspfort hatte schnell erkannt, dass schmeichelnde Worte über diesen besonderen Hof auf fruchtbaren Boden treffen würde. Es war der Landvögtin offenkundig eine wahre Herzensangelegenheit, diesen Hof gänzlich anders zu gestalten, als es die Adelshöfe um sie herum waren. Doch auch hier konnte man sich den Ränkespielen nicht entziehen. Wo man sonst in dunklen Hinterzimmern beratschlagte, diskutierte und Einfluss nahm, fand man sich hier auf einer reich verzierten Bank aus Marmor, inmitten eines Blumenmeeres oder unter schattenspendenden Zypressen wieder.

Maia winkte mit einem Lächeln ab, „bitte, ich hörte von Euren Interessen und Fähigkeiten. Da wusste sofort, dass Ihr hier her passen werdet. Jemand der so viel Leidenschaft im Umgang mit Schriften aller Art zeigt fügt sich hervorragend in das Gesamtgemälde, welches hier entsteht, ein. Ich selbst bin der Ansicht, dass das geschriebene Wort eine der höchsten Künste ist! Bücher, niedergeschriebene Geschichten, führen uns auf eine Reise, die kein Pferd und keine Kutsche braucht“. Sichtlich zufrieden mit ihrer Wortwahl richtete sich die Landvögtin der Perrinmarschen, nach einer kurzen Pause, auf.

„Deshalb ist es mir eine besondere Freude, Euch als Herrin der Schriften an meinem Hof willkommen heißen zu können! Auf dass Ihr die Schriftensammlung hegt und pflegt, damit sie ein Hort des Wissens und der Schönheit werde!“.