Geschichten:Der letzte Nardesfeld - Im Wald verschollen

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»Nun denn, Bursche, warst du es, der diese Schauermärchen über den Bergsteigwald verbreitet hat?« Mit einem möglichst strengen Blick maß der Baron den jungen Holzfäller ihm gegenüber. »Äh … ja, Euer Hochgeboren, aber i…« – »Schweig!« Der Angesprochenen zuckte bei dem scharfen Ton der Zurechtweisung zusammen. »Du wirst später berichten können«, fuhr der Baron milder fort, »erst möchte ich, dass du mir noch einmal erzählst, was die die letzten Tage auf den Höfen von dir gegeben hast.«

»Nun, Euer Hochgeboren, wie Ihr wisst, bin ich mit Al und Traja eingeteilt worden, den Holzbestand im Bergsteigwald zu begutachten. Da der Herr Jeluska sagt, wir sollten bis zur Dämmerung fertig sein, teilten wir uns auf. Ja, mh, wir kamen auch gut voran, trotz des Schnees, als ich plötzlich ein Leuchten im Wald sah. Al und Traja waren außer Hörweite, so dass ich alleine zu dem Licht gegangen bin. Plötzlich war da dieser Schrei! Fast wie wenn der Uther, das ist unser Schlachter auf dem Hof, müsst Ihr wissen, ein Schwein absticht. Aber es war so menschlich, wenn Ihr versteht, was ich meine, und da habe ich halt an die Firunja denken müssen, die wo letztes Jahr von den Wolfen geholt worden war, Und da bin ich weg zum Waldrand und dann zum Hof. Dort war dann auch der Herr sehr sauer und hat die Knute geholt, weil er mir nicht glauben wollte. Ich soll die anderen nicht verängstigen, hat er gesagt. Deshalb bin ich auch zu den Bütteln, weil es doch nicht gut ist zu schweigen, wenn Böses im Wald ist, nicht wahr?«

»Jam da hast du recht«, bestätigte von Nardesfeld. »Wo hast du das Leuchten denn gesehen?«

Erleichtert richtete der Junge sich ein wenig auf und sprach nun mit festerer Stimme: »a, das war da, wo die Bäume schon sehr dicht stehen, wo es nie richtig hell wird!«

»Nun, wir werden es uns einmal ansehen, und wenn es etwas Böses dort gibt, wird man weitersehen. Du brauchst also keine Furcht mehr zu haben. Sag auch den anderen Arbeitern und dem Herrn Jeluska, dass wir uns darum kümmern.« Mit diesen Worten entließ er den Holzfäller. Mittlerweile war die Praiosscheibe schon fast am Horizont verschwunden und Firun und Phex nahmen das Land in Besitz, Garunth von Nardesfeld begab sich bald nach der Anhörung in sein Schlafgemach und war schnell in tiefen Schlaf gefallen. Auch in den Häusern in Klein-Nardesfeld ging man früh schlafen. So bemerkte niemand die kleine Schar Reiter, die nachts durch das Dorf ritt.

Am nächsten Tag rief der Baron seine Büttel zusammen und man brach zum Gutshof Jeluska auf. Den Gutshof erreichte man dank des guten Wetters nach am selben Abend und wurde mit Erleichterung aufgenommen., Es zeigte sich, dass die meisten einfachen Bauersleute in der Umgebung besorgt bis ängstlich auf die Geschichten des Holzfällers reagiert hatten. Manche behaupteten sogar, sie hätten letzte Nacht finstere Gestalten beobachten können, die in den Wald geritten seien.

Der Baron ließ sich davon nicht beeindrucken, vielleicht war er auch nur von der Reise zu ermüdet. Als Praios‘ Strahlen Deres Antlitz wieder erhellten, brachen die Ordnungshüter auf, geführt von einem Holzfäller, der nicht an die Gruselgeschichten seiner Kollegen glauben wollte. Die Luft war klar und kalt und Nebelschlieren zogen durch den Bergsteigwald. So entschwanden die Büttel schnell aus dem Blickfeld der Zurückgebliebenen, von denen so mancher ein Zeichen gegen drohendes Unheil schlug.

Die kleine Gruppe ging schweigsam durch den Wald und bald war es nicht nur die eisige Kälte, die den einen oder anderen frösteln ließ. Kurz nachdem sie den Waldsaum betreten hatten, waren die Gespräche verstummt, so als hätte sie der Nebel verschluckt. Nur das Stampfen der Stiefel im tiefen Schnee war zu hören. Immer häufiger sahen sich die Büttel um, ganz si wie ein Dieb, der in ein Haus einsteigt. Tatsächlich hatten sie alle das bedrohliche Gefühl, etwas Falsches zu tun. Schließlich erreichte man die Stelle, von welcher der Holzfäller gesprochen hatte.

Durch die Bäume konnte man eine Hütte erkennen, die sich an die hinter ihr aufragende Felswand zu schmiegen schien. »Mein Vater hat mir erzählt, dass in seiner Jugend dort ein alter, seltsamer Kauz gewohnt haben soll, der nie ein Wort mit den Holzfällern wechseln wollte. Eines Tages kam er aus dem Wald und eilte wie von Dämonen gehetzt gen Wengenholm«, meinte ihr Führer, «seitdem steht die Kate leer.« – »Dann lasst uns nachsehen, ob sie es immer noch ist!« Die Büttel tauschten bei den Worten des Barons besorgte Blicke, ein Abenteuer wie dieses wollten sie lieber vermeiden. Aber niemand wagte, seinem Herrn zu widersprechen. »«Am besten nähern wie uns von Rahja her, dort sind wir am besten vor neugierigen Blicken geschützt«, fuhr Garunth fort und setzte sich in Bewegung. Niemandem war aufgefallen, dass nur geflüstert worden war, als könnte sie jemand belauschen.

Nach kurzem Zögern folgten die Büttel dem Baron und dem Holzfäller, die bereits die Hütte weitläufig umrundeten. Von Rahja her schlich man sich dann durch das Unterholz, immer darauf bedacht, nicht an dem hier ungewöhnlich dichten Buschwerk hängen zu bleiben. Geduckt huschte der Baron auf die Hütte zu, kam aber ins Stolpern und fiel auf der Hälfte des Weges.

Die ihn begleitenden Büttel sahen den Baron zwischen den Zweigen verschwinden und hörten einen markerschütternden Schrei. Wie als wenn Uther, der Schlachter … Ein jeder nahm die Beine in die Hand und rannte aus dem Wald, so schnell es eben ging.

Von Baron Garnuth aber war nichts mehr zu hören und zu sehen. Selbst als man später mit starkem Aufgebot nach der Hütte und dem Baron suchte, fand man nichts als eine kahle, rußgeschwärzte Lichtung, als hätte ein großes Feuer die Hütte und den Baron verzehrt.

Man hörte später vieles vom Geist des Barons, der im Wald umhergehe - und von der geheimnisvollen Reiterschar, die nichts weniger als die Wilde Jagd gewesen sei oder gar schlimmeres!



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21. Fir 1019 BF
Im Wald verschollen
Imman auf dem Nardesfeld


Kapitel 3

Autor: Marcel V.