Geschichten:Der Weg zur Helburg

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Selten hatte das Volk von Höllenwall ein so prächtiges Aufgebot an Rittern und Soldaten gesehen. Ein Zug von an die Hundert Kämpfer zog hinauf ins Niffeltal. Angeführt vom Baron zu Höllenwall, an dessen Seite die anderen Adeligen ritten, allen voran der Baron von Gallstein und die Burggräfin der Alriksmark. Gefolgt wurden sie von den Ordensrittern in ihren stattlichen Wappenröcken, dann kamen die Soldaten von Höllenwall, Gallstein und der anderen Adeligen und zum Schluss das Banner Landsknechte der Burggräfin.

Vorbei zog der Zug an dem Wahrzeichen der Baronie, welches auf halbem Wege zwischen Burg Nymphenhall und der Stadt Höllenwall lag. Eine gewaltige Felssäule, in verschiedenen düsteren Farben schimmernd, wand sich in groben Spiralen dem Himmel entgegen. Auf sieben Schritt im Umfeld der Säule wuchs kein Grashalm, kein Strauch krallte sich in den Boden und nichts Lebendes schien sich dort zu tummeln. Doch ein schauderliches Grillen und Zirpen war allenthalben zu hören, und manch groteskes Insekt krabbelte über den öden Fleck. Wer es wagte den Felsbrocken intensiver zu mustern, glaubte an manchen Stellen die versteinerten Körper von Käfern und Heuschrecken zu erkennen, wie sie sich die Säule hinaufwanden. Am Rand der verödeten Erde erhoben sich im Kreis um den Felsen zwölf Monolithe, zum Teil von Rankwerk überwuchert. Selbst heutzutage, nach über 400 Jahren traute sich keiner, nicht einmal die fanatischen Diener Praios', den Kreis der Bannsteine zu durchbrechen, wohl aber hatten die Diener des Sonnengottes 12 Schritt entfernt vom südlichsten Stein eine kleine Kapelle des Herren Praios errichtet. Wo vom Volk dafür gesorgt wurde, das immer mindestens eine Kerze brannte.

Und das war der Höllenwall, in dem ein mächtiger Plagendämon gebannt worden war!

Auf der alten Pass-Straße entlang des nördlichen Ufers des Silvandorn-Sees, der mit seinem reinen tiefblauen Wasser wie ein Saphir inmitten der Bergausläufer lag, zog die Heerschar weiter. Deutlich hob sich hinter ihnen Nymphenhall mit seinen sechs runden Türmen und dem rotgelben Gestein vom See ab, indem es lag. Und in der Sonne schimmerten die polierten Kupferdächer der Türme wie zu einem letzten Gruß, vor dem Hintergrund der fruchtbaren und grünen Hügel und Hainen, und der beschaulichen Stadt Höllenwall, einst Nym geheißen.

Doch der Blick des Zuges richtet sich gen Rahjen, dem Wall entgegen, der sich in seinen herben Farben, den tiefen Schatten seiner endlosen Schluchten, und mit seinen schroffen Graten drohend vor ihnen erhob. Bei seinem Anblick wurde es mach einem im Zuge mulmig, und all die Sagen und Legenden von den Barbaren, aber auch über Drachen und Harpyien und anderes namenloses Gezücht, machte im Flüsterton unter den Soldaten die Runde. Dichte Wälder alter Zeiten bedeckten die niederen Flanken des Gebirges, umso höher der Blick glitt, gingen die Wälder in Strauchwerk über, um alsbald den Wiesen und Moosen zu weichen, bis sich schließlich das harte dunkle Gestein durchsetzte, und nur in den höchsten Erhebung von Firuns ewigem Eis bedeckt war.

Stetig wenn auch nicht besonders steil führte die Straße bergan und am Ende des Sees erhoben sich die ersten hohen Berggrate, und in einem brausendem Wasserfall ergoss sich linkerhand die Niffel in den Silmandorn. Nun führte die Straße durch ein zunehmend schmaler werdendes Tal, während die Hänge der Berge links und rechts immer höher und steiler wurden. Schattig und Klamm war es innerhalb des Tales und schäumend und tosend floss die Niffel durch ihr schmales, steiniges Flussbett.

Nach wenigen Meilen weitete sich das Tal ein wenig, und rechterhand konnte man bereits die düsteren Steinhäuser von Niffelheim erkennen, welche sich an den Steilhängen des umgebenden Gebirges kauerten. Die Stadt ähnelte einer Zwergensiedlung und strahlte wenig Freundliches aus. Umso näher der Zug kam umso lauter wurde das Hämmern und Klopfen, welches von der Stadt aus durch das Tal dröhnte und im Wettstreit mit dem Rauschen des Flusses lag. Dort in Niffelheim befanden sich die Marmorbrüche der Baronie, doch seit den Schmähungen durch die „Natter vom Quell“ waren die Geschäfte kaum ertragreich. Eine gewaltige Mühle war an dem felsigen Ufer außerhalb der Stadt errichtet worden, doch nicht Korn wurde dort gemahlen, sondern große Felsbrocken zertrümmert.

Nahe der Mühle hält sich eine Gruppe von schwer bewaffneten Söldlingen auf, die abschätzig dem Zug entgegenblicken. Bei der Mühle angekommen können die Soldaten zum ersten mal seit vielen Meilen eine Rast einlegen, es wird ihnen aber durch den Baron von Höllenwall untersagt sich in die Stadt zu begeben, den Edelleuten bleibt dies natürlich freigestellt.

Offensichtlich haben die Söldner auf den Höllenwaller gewartet, denn der Anführer, ein verwegener Kämpfer mit einem narbigen Gesicht, schreitet dem Baron entgegen. Und Baron Malepartus zögert nicht, den Söldling willkommen zu heißen!