Geschichten:Der Tod vom Junker vom Dragenfels - die erlenstammer Fortsetzung

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Stumm blickte Alissa ihre Leute an. „Ganz toll“, grummelte sie. „Wirklich toll!“

Betreten sahen die Erlenstammer zu Boden. „Habt ihr eine Ahnung, wie ich jetzt der Baronin klar machen soll, dass ihr alle unfähige Idioten seid?“ Alissa war stocksauer. So gut wie nie fühlte sie einen solchen Zorn in sich, wie es jetzt der Fall war. Alissa kochte innerlich und brüllte: „Weil ihr euch zu fein ward, hier den Hang hinunter zu steigen, ist der Junker fort. Und das, ohne einen Beweis, ob er nun wirklich tot ist oder nicht. Es kann doch wirklich nicht sein, dass ich einen Haufen so unfähiger Leute vor mir habe. Ich dachte eigentlich, dass ich euch vernünftig ausgebildet habe und dass ihr alles verinnerlicht habt, was ich euch beigebracht habe. Unbedingte Loyalität war ein Punkt darunter. Und was habt ihr davon behalten? Gar nichts! Ihr könnt euch darauf gefasst machen, dass das noch Folgen haben wird.“

Alissa stürmte zurück zu ihrem Pferd, rief ohne sich umzudrehen: „Zurück nach Freudenstein.“ Sie stieg auf und ritt los, ohne auf die anderen zu warten.

Zurück in Freudenstein war Alissas Laune keinesfalls besser. Sie wurde jedoch bereits im Burghof erwartet. Arth Baldus, der Sekretarius der Baronin, stand mit einer Laterne im Burghof und begrüßte Alissa mit den Worten: „Die Baronin möchte euch gern noch sehen.“

Alissa nickte und Baldus führte sie zum Schreibzimmer der Baronin. Diese saß dort noch über ein paar Papieren, doch blickte kurz auf, als Alissa den Raum betrat. „Setz dich doch, Kind“, sagte die Baronin und deutete auf einen kleinen Sessel. Ihrem Sekretarius bedeutete sie, die Tür von außen zu schließen. „Nun, wo ist die Leiche des Junkers?“, fragte die Baronin.

„Es gibt keine Leiche“, antwortete Alissa grimmig. „Was hast Du gesagt?“ fragte die Baronin ungehalten. „Es gibt keine Leiche“, antwortete Alissa noch einmal. „Unsere Leute waren sich beim Unfall zu fein, den Hang hinunter zu steigen und nun war irgendjemand dort und hat den Junker fortgeschafft.“

Die Baronin atmete tief durch, ihre Hände krallten sich in den Tisch. Sie hielt kurz den Atem an, und so auch Alissa, die nun einen heftigen Wutausbruch ihrer Tante erwartete. Offenbar rang diese nach Worten, doch dann lösten sich ihre Fingernägel wieder aus dem Holz und sie atmete aus. Sie stand auf, und sagte dann mit unterdrückter Wut: "An diesen Tag werden wir uns erinnern als den Tag, an dem wir den Dragenfelser fast gefasst hätten. Aber vielleicht gab es ja gute Gründe, nicht herabzusteigen. Du hättest ja auch keine Freude, wenn Deine Schützlinge nun mit gebrochenen Beinen einem noch unbekannten Feind als Geiseln in die Hände gefallen oder einfach nur tot wären. Ich verlange, dass Du die Sache untersuchst, Fehlverhalten hart bestrafst, aber richtiges Verhalten belohnst."

„Selbstverständlich, liebe Tante. Ihr könnt euch, wie immer, auf mich verlassen.“ Alissa stand auf und verließ das Schreibzimmer ihrer Tante. Selbst noch immer verstimmt, suchte sie das Gebäude auf, in dem ihre Leute untergebracht waren. Sie öffnete die Tür und betrat den Gemeinschaftsraum der Waldläufer. Dort saßen ihre Leute um einen Tisch. Die einen spielten Boltan, andere unterhielten sich und wieder andere pflegten ihre Waffen. Sämtliche Gespräche erstarben, als Alissa in der Tür auftauchte. Sie schaute sich im Raum um und sagte: „Sind alle hier?“ Ein stummes Nicken der Anwesenden verriet ihr die Antwort.

„Gut, ich möchte morgen früh zur sechsten Stunde alle, die an der Jagd auf den Junker beteiligt waren, im Burghof sehen. Und seid pünktlich. Ich dulde keine Versäumnisse.“ Alissa drehte sich um und stürmte aus dem Raum. Betretene Blicke wanderten vom Einen zum Andern und Elrike schloss die Tür, die Alissa nicht geschlossen hatte. Am nächsten Morgen in aller Frühe stand Alissa bereits in ihrer eigenen Waldläuferkleidung im Hof. Sie hatte vor lauter Ärger in der Nacht kein Auge zugetan, da sie die ganze Zeit nur darüber gegrübelt hatte, wie und wen sie bestrafen sollte.

Nach und nach traten auch die Jagdbeteilgten in den Hof und stellten sich auf. Und da Alissa ihnen klar gemacht hatte, dass es niemand wagen sollte, auch nur eine Minute zu spät zu kommen, waren alle bereits vor der sechsten Stunde im Hof versammelt.

Alissa schritt im Hof auf und ab und ließ ihre Leute eine ganze Weile warten, bis sie schließlich das Wort an die Versammelten richtete: „Ihr habt gestern ganz schön großen Mist gebaut. Dadurch, dass ihr dem Junker nicht hinterher seid, ist er entkommen. Ihr ward aber auch so klug, Euch nicht selbst in Gefahr zu bringen. Das Wetter war in der letzten Nacht mehr als schlecht und ich kann hier keine Leute gebrauchen, die mit gebrochenen Gliedmaßen im Lazarett liegen. Nur ganz ungeschoren kann ich Euch nicht davon kommen lassen. Damit so etwas nicht noch einmal passiert, werdet ihr in den nächsten Wochen nachts ein Training absolvieren. Elvyrion wird euch des Nachts durch den Wald führen und Euch mit allerlei Übungen durchführen. Es wird hart und einige von euch werden daran verzweifeln, aber wenn ihr das Training absolviert habt, werdet ihr zu den besten Waldläufern Erlenstamms gehören. Ihr seid dann die Elite, die ich zu besonderen Einsätzen losschicken werde. Also gebt euer Bestes. Ich weiß, dass ihr das könnt.“

Ein Raunen ging durch die Reihen der angetretenen Waldläufer. Keiner konnte so wirklich begreifen, was passiert war. Alissa sah die fragenden Gesichter der Waldläufer und meinte nur: „Ihr habt schon richtig gehört. Und jetzt an die Arbeit. Eure normalen Einheiten dürft ihr trotzdem nicht vernachlässigen. Baut also schon mal alles auf. Eure Kameraden werden bald zu euch stoßen.“ Die Waldläufer konnten es noch immer nicht so richtig begreifen und sahen sich noch immer fragend an. Es schien aber tatsächlich so, als hätten sie richtig gehört. So machten sie sich an die Arbeit.