Geschichten:Der Rote Buhurt auf dem Erlgardsfeld - Der Mutigere gibt nach

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„Was ist nun, Onkel Bartel?“, fragte Moribert von Stolzenfurt seinen Onkel wiederholt und zunehmend ungeduldig.

„Es ist nicht so einfach, Moribert“, antwortete Bartel von Stolzenfurt zum ebenfalls wiederholten Male. „Ich habe hier Verpflichtungen., Denk nur: Ich vogte hier über das Lehen jenes Garether Fuchses, der nach dem Willen vieler Adliger dereinst Großfürst Garetiens werden soll. Diese Stellung habe ich mir hart erarbeitet, das Vertrauen des Hauses Gareth wächst nicht frei auf dem Acker.“

„Das Vertrauen des Hauses Hartsteen übrigens aber auch nicht, Onkel. Und das Haus Hartsteen wird nicht vergessen. Weder die guten noch die schlechten Taten.“

„Erzähl du mir nichts über das Gedächtnis des Hauses Hartsteen. Ich habe einen Bruder verloren in den Händeln der Hartsteens.“

„Ja, und ich einen Bruder in den Händeln der Luringer.“ Moribert war aufgesprungen und gestikulierte mit den Händen als hielte er sein Schwert. „Wo warst du? Du hast hier im Garten gesessen und Apfelsaft getrunken! Ich war auf dem Erlgardsfeld, Onkel, ich habe gesehen, wie die schiere Mordlust die Oberritterlichen gepackt hat. Ich habe gesehen, wie Haldan ermordet wurde. Und ich war es, der dem Erben unserer Grafschaft und unserem Banner den Arsch gerettet hat! Das wird Odilbert nicht vergessen!“ Moribert wandte sich zur Tür des Speiseraums auf Schloss Neu-Sighelmsstein, wo er seinen Onkel aufgesucht hatte, um ihn aufzufordern, mir Schwert und Schild nach Hartsteen zu kommen. „Du wirst schon sehen, Onkel: Ich bin stolz, die Hartsteener Farben zu tragen. Und Hartsteen wird stolz auf mich sein! Ich warte unten auf deine Antwort!“

Bartel sah seinem Neffen hinterher. Nachdenklich rieb er sich das Kinn. Er sah es als Glück an, dass er ausgerechnet in diesem Jahr das Luringer Turnier verpasst hatte. Bei dem Gemetzel, wie sein Neffe es ihm eben taufrisch beschrieben hatte, geradezu bluttriefend beschrieben, wäre er nicht gern dabei gewesen. Andererseits spürte er auch in seinem Magen den Zorn lodern ob der Schande von Luring. Das Gastrecht gebrochen, trotz Turnierfriedens!

Seine Gattin Gritgnetha traf ihn in dieser Grüblerpose an. „Bartel, dein Neffe schäumt unten im Garten und hat sowohl unsere Tochter angepampt als auch Ritterin Elissa.“

„Er ist wütend wegen des Roten Buhurts in Luring.“

„Das kann ich verstehen. Im Übrigen sind die Reichsforster wütend wegen der Ausfälligkeiten des Gräfleins Odilbert, sowohl bei seiner Schwertleite als auch gegenüber Lechmin.“ Bartel bewunderte seine Frau für ihren Scharfblick. Sie war nicht umsonst Hofdame der Prinzessin Lorindya und hatte ihr Ohr am Kaiserhaus.

„Was sagt die Prinzessin?“, fragte er neugierig.

„Sie findet das alles lästig. Außerdem hat sie Sorgen wegen ihres Sohns. Interessanter ist, was der Vater sagt.“

„Nämlich?“

„Raushalten, wie ich es verstehe. Alarich will das Haus Gareth aus dem Streit heraushalten. Er scheint eine längere Auseinandersetzung zu erwarten", erläuterte Gritgnetha, während sie ihrem Mann einen Krug mit Wasser hinstellte..

„Fehde?“

„Fehde. Warte es ab. Und dein Neffe hat recht: Du musst dich entscheiden, was du machen willst. Hier bleiben könnte die schlechteste Entscheidung sein.“

„Wieso? Wenn Hartsteen und Luring in Fehde gehen, liegt die Kaisermark dazwischen. Dann muss ich doch helfen, die Güter zu schützen.“ Bartel merkte selbst, dass er nicht überzeugt klang.

„Das können die Kaisermaräker auch selbst. Du hast einen Neffen verloren, vergiss das nicht. Und wenn ich mir meine Verwandten ansehe, mein Lieber, dann sind die voller Vorfreude auf die Fehde.“

„Wieso das denn?“

„Weil sie genau das gleiche sehen wie dein Neffe, Bartel: In Zeiten des Krieges liegen Gold und Ruhm auf der Straße. Glaubst du, meine Nichte Rondriane möchte ewig Hausritterin bleiben? Die Märker Adligen sind ziemlich aufgeregt. Von den Pfundts weiß ich, dass die schon ihre Kriegskasse füllen. Oder denk an unsere Kinder: Die sollen es doch besser haben als wir.“

„ich denke an unsere Kinder, Gnethe. Wir haben schon einen Sohn verloren, weil Garetier gegen Garetier gekämpft haben. Ich mache mir Sorgen.“

„Du bist ein zu weicher Vater, Bartel. Unsere Kinder sind Ritter. Das Leben von Rittern ist gefährlich -anders lässt sich Ehre nicht erringen. Und du weißt es, denn du hast es nie anders gemacht. Ich war stets voller Sorge, wenn du ins Turnier oder in den Kampf geritten bist, aber ich war auch immer stolz auf dich. Glaub mir, hier ist für dich nicht viel zu holen. Die Tannenheims wetzen schon die Messer, um ihre Position zurückzubekommen, und das wird ihnen auch gelingen. Eberhelm ist klüger als du, wenn auch nicht so mutig.“

Bartel wirkt kurz verletzt, dann aber ergriff er die Hand seiner Frau: „Mag sein, dass er klüger ist als ich, aber er ist keinesfalls klüger als du.“

„Eben. Und jetzt tu, was du am besten kannst: Sei mutig und mach deinem Haus Ehre. Wenn es Alarich gelingt, das Haus Gareth und seinen Jungfuchs aus dem Schlamassel herauszuhalten, kannst du nach dem Streit immer noch ins Rudel zurückkehren. Aber bis dahin sei gewiss: Ritter gewinnen Ehre im Kampf. Und Pfründe erst recht. Ich sag deinem Neffen, dass du dein Schwert einpackst und mitgehst.“

Und so gab der Mutigere nach, um in eine Fehde zu ziehen, die mit Sicherheit kommen würde.