Geschichten:Der Name des Namenlosen - Der letzte Schritt

Dramatis personae:

Comtessa Simiona di Silastide-Marvinko, Herrscherin über Leihenbutt und Geweihte des Namenlosen im 3. Weihegrad
Seanna Margahrain, Ordenskriegerin vom Orden des Heiligen Zornes

Burg Leihenbutt, 5. Tag des Namenlosen, abends:

Nachdem die Feierlichkeiten im Tempel Leihenbutts abgeschlossen waren zog eine lange Prozession hinauf zur Burg. Begleitet von düsteren Litaneien und angeführt von Simiona di Silastide-Marvinko, ihrem Mentor Graf Sephirim Isyahadan zu Laescadir und ihren engsten Getreuen begab sich der gespenstische Zug in den Burghof, wo bereits ein großer Opferaltar für das nun Kommende vorbereitet war, und nahm in angemessenem Abstand Aufstellung. Simiona selbst begab sich hinter den Altar.

Auf einen Wink von ihr brachte man das Opfer herbei. Es war die Ritterin von Orden des Heiligen Zornes, die bei den letzten Erkundungen des Ordens in Leihenbutt in die Hände von Simionas Schergen gefallen war.

Die Augen der Menge wandten sich der Gefangenen Seanna zu, die nun betäubt von berauschenden Substanzen von zwei kräftigen Wächtern herbei geschleift wurde. Sie versuchte sich zu wehren, doch hilf- und kraftlos musste sie zusehen, wie man ihren Leib brutal schändete. Mit glühenden Eisen wurde sie an ein eisernes Konstrukt geschmiedet, welches dem Kreis mit den drei Spitzen, dem Symbol des Namenlosen, nachempfunden war. Sie erlitt furchtbare Qualen. Wieder erklang die düstere Litanei, die jedem Zwölfgöttergläubigen das Blut in den Adern gefrieren ließ.

Seannas Schreie gingen in dem hypnotischen Gesang der Menge unter. Schließlich war das grausige Werk vollbracht und das Symbol wurde durch Ritualhelfer mit Hilfe von Flaschenzügen mit schweren Eisenketten emporgehievt. Auf einen Wink hin verklang die Litanei. Auch Seannas gequälte Schreie waren nur mehr ein Wimmern geworden.

Simiona wartete ab bis es ganz still war und erhob dann ihre alles durchdringende Stimme: „Brüder und Schwestern im Glauben, vere'rte Gemeinde, wir sind hier zusammengekommen, um Zeuge zu werden von der Macht unseres Herrn, dessen Herrlischkeit schon bald über uns kommen wird, um seine Feinde zu zerschmettern und seine Jünger zu Hö'erem zu erheben. Oh, All-Einer, dies ist die größte Stunde deiner Macht. Er'öre deine bescheidenen Diener und lass uns teilhaben an Deiner Herrlischkeit. Bestrafe die Frevlerin und entreiße ihr die Seele, auf dass unsere Sache dereinst zum Sieg wider die Ungläubigen führen werde! Arcantyr refluxat verdiae iontur!“

Daraufhin zog schneidende Kälte in den Burghof ein und Wind kam auf, der die Fackeln aufflackern lies. Ein Heulen wie aus den Niederhöllen erklang. Ein violettes Leuchten legte sich über die Menge und lies die Priester des dunklen Gottes sowie das angeschmiedete Opfer heller erstrahlen.

Simiona rief laut: „Das ist wa‘re Macht! Oh, All-Einer, nimm Dein Opfer an und erfülle misch, deine Dienerin Simiona di Silastide-Marvinko, mit Deiner Herrlischkeit! Aufdass wir dereinst deine Fesseln lösen, und unsere Sache zum allergrößten Triumphe fü’ren werden.“

Ein grauenvolles Kreischen erklang, und gebannt verfolgte die Menge, wie Sennas Leib zerbarst und ihr Innerstes regelrecht aus ihr heraus gerissen wurde! In diesem Moment wurde auch Simiona von dem Leuchten erfasst und empor gehoben. Blitze zuckten umher, schlugen in die Mauern, in den Boden oder auch in die Umstehenden ein, während das Kreischen unerträglich wurde. Plötzlich endete es abrupt mit einem purpurnen Lichtblitz, der alle Anwesenden für eine Weile blendete, die dem Schauspiel mit wachsender Faszination folgten.

Darauf folgte ein Moment der Stille. Langsam schwebte Simiona zu Boden zurück, ihr Geist schien in anderen Sphären zu schweben. Erst erkannten es nur die Umstehenden, doch dann sahen es alle: ihr Leib warf keinen Schatten mehr!

Sie war den letzten Schritt gegangen!

ENDE