Geschichten:Der Handschlag auf den Wulfshöhen – Mit dem Rücken zur Wand

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Mitte Boron 1043 BF, Pfalz Bugenhog

»Und was hat er dann gesagt?« Lonnert von Arkenaue wärmte sich die klammen Hände an dem heißen Gewürzwein und blies den Dampf vom brodelnden Gesöff.

»Dass es egal sei. Solange der neue Graf gegen wenigstens eine Partei Fehde führe, verdiene er genügend mit den Waffenlieferungen seiner guten Kunden jenseits der Zacken. Er hat nicht gesagt, dass kaum noch Lieferungen durchkommen, seitdem Haffax gefallen ist und die Kaiserlichen Elitetruppen auf Befehl von Paligan in Tobrien die zwölfgöttliche Ordnung wieder herstellen.«

Elfrid von Grabandt hatte die Bank im Rittersaal an ihren Platz herangezogen und legte nun ihre dreckigen Stiefel auf die Schafsfelle, die als Kissen dienten. Viele waren nicht mehr am Hof. In den letzten Monden hatten mehrere Hausritterinnen und Hausritter die Pfalz verlassen. Einige um im Namen ihrer Familie um Ehre zu kämpfen - wie Rondriane von Wingeren; andere, wie Brindia von Stolzenfurt, aus Gründen, die Elfrid nicht verstand und nicht verstehen wollte. Sie hatte bereits Gerüchte davon gehört, wie die Stolzenfurterin mit vollem Risiko und irrem Lachen durch die Reihen der Reichsforster Truppen, die Aldenried vom Reichsforst aus überrannt hatten, mähte. Elfrid schenkte diesen Erzählungen vollen Glauben, alles andere hätte sie unglaubwürdig gefunden.

Ein gestrenges Räuspern klang von der Tür, aber ohne ihre entspannte Positionen aufzugeben schauten die beiden Jungritter der eintretenden Hornbrechta von Karseitz entgegen, die zwar immer noch recht zackig und sehnig anzuschauen war, aber deren eingefallenes Gesicht und graues Haar deutlich die Spuren von Satinavs Wirken verkündeten.

»Was gibt’s neues, Karseitz?«, rief Arkenaue.

»Wenig.« Missmutig ließ die alte Ritterin sich an der langen Tafel nieder. »Ich hätte das früher nicht geglaubt, da kamen heimliche Informanten aus allen Gegenden Garetiens und den schwarzen Landen auf den unterschiedlichsten Wegen hier an. Aber heute – niemand.«

»Aber wie sagt man immer: Keine Nachricht ist eine gute Nachricht«, versuchte sich Arkenaue in Plattitüden und scheiterte an den eisigen Gesichtern der beiden RItterinnen.

Grabandt schüttelte energisch den Kopf. »Nein, es ist ein Zeichen dafür, dass er sein Blatt überspielt hat. Er hat auf Vierok gesetzt für sich, hat seine Base aufs Schafott gebracht, um sich selbst aus der Schlinge zu ziehen. Und dann – pffffft« Elfrid deutete einen langen Furz an, indem sie leicht ihren Hintern hob und eine obszöne Geste mit ihrer linken Hand machte.

»Es sieht wirklich nicht gut aus«, pflichtete Karseitz zu. »Dem Pfalzgrafen bröckelt die Unterstützung weg. Es wird einsam um ihn, und er spürt das auch. Das einzige, was ihn vor der Rache der Burggrafen schützt, sind die dicken Mauern von Bugenhog.«

»Und seine treuen Hausritter«, lachte Arkenaue laut auf. Grabandt grunzte nur kurz auf.

»Aber man darf ihn nicht abschreiben« fuhr Karseitz unbeeindruckt fort. »Menschen von seinem Schlag sind dann am gefährlichsten, wenn sie mit dem Rücken zur Wand stehen und alles auf eine Karte setzen. Noch hat er eine Handvoll wertvoller Freunde, die ihm den einen oder anderen Gefallen schulden.«

»Wer weiß, vielleicht wartet er nur auf den richtigen Moment und wird dann der nächste garetische Cantzler oder Markvogt von Gareth«, prustete Arkenaue, als habe er eine versaute Zote erzählt.

»Darauf würde ich wetten«, sagte Karseitz kalt, als sie sich erhob, um den Raum wieder zu verlassen. »Darauf würde ich wetten.«