Geschichten:Der Handschlag an den Wulfshöhen – Das Eichenkabinett

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Schloss Sonnentor, Sitz des Kaisermärker Hofes, Ende Boron 1043 BF:

Die große Fehde, die nach dem gescheiterten Schiedsspruch von Leuenfried das Feuer des Kampfes im Königreich hell auflodern ließ, sorgte auch auf dem politischen Parkett für weitreichende Veränderungen. In weiser Voraussicht hatte sich Reichsedle Rymiona von Aimar-Gor nach Sonnentor begeben, um dort auf den angeschlagen wirkenden Markvogt einwirken zu können. Denn, auch der sonst so dröge und satte Adel der Kaisermark war durch die fulminanten Erfolge der kaisermärker Ritterschaft in Bewegung geraten. Besonders die feisten Pfundtern und die zänkischen Isppernberg hatten die Gunst der Stunde genutzt um an Macht und Einfluss zu gewinnen. Die Aimar-Gor wollte dies nutzen und ihr Haus und die anderen Familien des Bundes der vier Eichen, in Stellung zu bringen.

Die viele Jahrzehnte lange Erfahrung, beharrliches Durchsetzungsvermögen und vollendete Eloquenz auf dem politischen Parkett brachte Rymiona auch unmittelbar nach ihrer Ankunft auf Sonnentor an das Ohr von Marktvogt Barnhelm von Rabenmund. So avancierte sie schnell zur wichtigsten Beraterin des Herrn der Kaisermark, wobei besonders der schleichend immer schlechter werdende Gesundheitszustand des Rabenmunds dazu führte, dass die Aimar-Gor im Hintergrund immer mehr zur Strippenzieherin avancierte. An Einfluss gewinnen konnte ebenfalls ihre Verbündete Rimiona von Heiterfeld, die sich zu den engeren Beratern des Marktvogtes zählen durfte und auch Leonore von Vairningen konnte sich Gehör verschaffen, während es der auswärtigen Perricumerin Sibela von Pfiffenstock noch deutlich schwerer fiel, am Hof Fuß zu fassen. Trotz oder gerade ob ihrer vielen Erfahrungen außerhalb des Reiches. Doch dort wo die eifrige Sibela noch Probleme hatte, glaubte man die Hand ihres Vetters aus der Ferne ab und an nachhelfen zu sehen.

Neben den Sitzungen des Engeren und Weiteren Rates – wobei sich letzterer oft zum Großen Rat aufplusterte, an dem auch die Oberbefehlshaberin der Kaisermärker Kontingente und ihre Hauptleute teilnahmen – traf sich im Geheimen eine ausgesuchte Runde ehrgeiziger Edeldamen im sogenannten Eichenkabinett, um ihr weiteres Vorgehen zu besprechen und vor allem um ihren Einfluss zu erhalten und gar auszubauen.

„Meine verehrten Damen, ich freue mich unsere kleine konspirative Runde eröffnen zu dürfen.“ Ein süffisantes Lächeln umspielte die Mundwinkel der Aimar-Gor. „Hinter jedem starken Mann steht eine starke Frau, so will es uns das Sprichwort weismachen, doch vier starke Frauen benötigen keinen starken Mann vor ihnen, das dürfte doch wohl klar sein.“ Die anwesenden Damen nickten. „Denn, der Mann vor uns, der Rabe, ist schwach geworden und unfähig zu fliegen. Das mag eine jede finden wie es ihr beliebt, für unsere Sache mag dies nicht nur Vorteile mit sich bringen.“

„Um unseren Einfluss hier am Hofe zu mehren, mag es vorteilhaft sein“, warf die Heiterfeld ein. „Auch wenn andere ebenso lauern, wie der Weyringhaus.“

Die Vairningen runzelte die Stirn. „Was mir allerdings mehr Sorge bereitet, ist die Außenwirkung, sowie die Auswirkungen auf unsere diplomatischen Missionen und auf die Moral unserer Streiterinnen zu Felde.“

„Nun, was die Auswirkungen auf die Moral betrifft, konnten wir das sehr gut beobachten“, antwortete die Pfiffenstock beinahe schnippisch. „Unsere militärischen Operationen in Hartsteen … alles dahin. Und nun? Hauptmann Trenck tot und die Lumpenritter stehen vor Wagenhalt.“

„Im Südwesten sieht es nicht anders aus, die Berg hat dort erheblich Federn lassen müssen und erstmals seit Beginn der Fehde verloren“, pflichtete die Heiterfeld der Pfiffenstock bei. „Leonore, war nicht Drego auch dabei?“

„Nun, mein Sohn Savertin hat uns immerhin vor einer Blamage im Westen bewahrt“, konterte die Vairningen ungerührt.

„Meine Damen“, erhob nun wieder die Aimar-Gor das Wort, „die Situation ist wie sie ist – ob Lumpenritter hin oder siechender Rabe her. Wichtig ist, was für Schlüsse wir daraus ziehen, denn, wie ich hörte, haben die beiden flegelhaften Raufbolde im Grafenmäntelchen eine Übereinkunft geschlossen.“

„Das ist leider wahr“, bekräftigte die Heiterfeld die Aussage ihrer Vorrednerin. „Meine Informanten haben mir von einem Treffen in den Wulfshöhen berichtet, wonach sich die Häuser Luring und Hartsteen auf ein Waffenstillstand geeinigt haben. Sie verbreiten, wie es scheint, die Gerüchte, wir und der Schlund hätten die Fehde erst geschürt.“

„Diese Schufte“, schimpfte die Pfiffenstock keck, lag ihr doch ein deutlich harscheres Wort auf der Zunge.

„Das Bündnis der Gräflein mag ärgerlich sein, doch kann es uns auch nützen“, sprach die Aimar-Gor ungerührt, „schließlich festigt es auch unser Eisernes Bündnis mit den Schlundern, das wichtiger ist den je – für beide Seiten. Das die Hartsteener nunmehr in der Raulsmark plündernd umherziehen und die Luringer in der Halsmark, ist vernachlässigbar, ersteres gar zu begrüßen, hält dies doch den Weyringhaus beschäftigt. Unser aller Fokus ist eh ein anderer.“

„Doch, sollten wir nicht langsam unseren Einfluss nutzen?“, fragte die Pfiffenstock, „Die fetten Pfundtern haben sich Immlingen und Faldras gegriffen, die Isppernberg gar Vjelys, Kroneich und Tiefenborn.“ Sibela wusste wie ihr Vetter zögerte, um noch fettere Brocken für sich heraus zu holen – oder aus welchen Gründen auch immer dieser. Mann so handelte wie er handelte – sie sollten nicht auch so lange zögern. Doch sie war noch nicht in der Position um dies entscheidend voran zu treiben. Doch hier zu sitzen war der richtige Pfad.

„Geduld ist die Tugend der Weisen, meine Damen.“ Die Amar-Gor lächelte mütterlich, „Sollen die Pfundterns und Isppernsbergs Deres sich doch um die Krümel balgen wie die beiden Gräflein um ihr verlorenes Ehrgefühl. Unser Fokus ist klar, nun da die verräterische Borstenfeld hingerichtet wurde.“