Geschichten:Der Fluch der Vergangenheit - Ausbruch

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Dramatis personae:


Kesseling, ein Dorf in der Baronie Hutt, am Morgen des 10. Praios 1036 BF

„Ich fühle mich heute nicht zzso gut, Belgosz. Ich glaube ich werde krank.“ Mit diesen Worten schickte Larona seinen Kameraden zu der Bäuerin, die sich auch um den Peraine-Schrein in diesem Dorf kümmerte.

„Ob ich etwas gegen Krämpfe und Leibschmerzen habe?“, fragte diese Bäuerin, als Belgos ihr von seinem Anliegen erzählte.

„Vielleicht auch etwas gegen geschwollene Zungen.“ Larona hatte schon gestern Abend angefangen zu lispeln und sich über die Kälte beschwert, obwohl es doch gar nicht kalt war. Die Bäuerin musterte ihn kritisch. „Für eine Freundin von mir. Sie ist im Gasthaus“, sagte er und deutete mit dem Daumen auf das Haus hinter sich.

„Ich werde mir das mal selbst ansehen“, meinte die Frau und marschierte auf das Gasthaus zu. „Ihr bleibt derweil in der Stube“, sagte sie energisch, als sie die Herberge betraten. Die alte Frau eilte die Treppe zu den Gästezimmern hinauf. Belgos setzte sich derweil an einen Tisch und wartete.

Er und Larona waren mehrere Wochen im Grenzgebiet zur Wildermark unterwegs gewesen und waren nun auf dem Heimweg. Ihre Aufgabe war mehrere Anwohner zu finden, die für das Königreich die Augen und Ohren offen hielten und notfalls eine Brieftaube nach Gareth schicken, wenn es zu Heeresbewegungen kam.

Solche Anwohner zu finden war natürlich keine einfache Aufgabe gewesen, wie es sich vielleicht im ersten Moment anhört. Denn als erstes mußte man überhaupt einen geeigneten Kandidaten finden: Er sollte Kenntnisse in Heeresstrukturen besitzen und in der Lage sein präzise Nachrichten zu schicken; und natürlich sollte er auch viel mitbekommen, was in der größeren Umgebung geschah. Doch das Wichtigste war, daß er auch lesen und schreiben konnte. Und Belgos fand das schon sehr frustrierend, wie wenige es doch gab, die das konnten.

Und wenn man dann endlich solch einen Kandidaten gefunden hatte, mußte man diesen auch noch überzeugen, daß er als Informant arbeitet. Man konnte versuchen an ihn zu appellieren, an sein Ehrgefühl und an seine Treue zum Reich; oder man schüchterte ihn ein – doch war hier die Gefahr zu groß, daß er seine Aufgabe vergaß, sobald man wieder abgereist war. Eine weitere Möglichkeit war ihn mit Silber zu bezahlen. Diese Methode war die vielversprechenste. Denn damit stellte man nicht nur sicher, daß er seine Aufgabe auch ausführte, sondern man sorgte auch dafür, daß er in Zukunft vielleicht auch noch zur Verfügung stand. Die beste Methode war allerdings eine gesunde Mischung aus allen drei Varianten.

Die beiden Tauristar konnten schließlich zwei geeignete Personen finden: In Rankaraliretena konnten sie einen Wirt überreden, einen ehemaligen Soldaten, der vor ein paar Jahren eine Gaststätte eröffnet hatte, und in Arlingen erklärte sich eine Peraine-Priesterin bereit, die sich in der näheren Umgebung gut auskannte und einen Schrein betreute.

Wenn man nun jemanden gefunden hatte, wie diese beiden, die für einen als Informanten arbeiteten, mußte man sie natürlich auch mit Brieftauben ausstatten und wieder welche bringen, wenn sie keine mehr hatten. Welchen Sinn hätte es denn, jemanden zu finden, der für einem die Augen und Ohren offen hielt, wenn er nicht in der Lage war es einem auch mitzuteilen?

In diesem Moment gab es einen entsetzen Aufschrei aus Laronas Zimmer. Es klang nach der Bäuerin. Belgos sprang auf.

Eben als er die Treppe hinauf eilen wollte, lief jemand anderes hinunter. Es war nicht die Bäuerin, aber auch nicht Larona.

Es war eine riesige Echse auf zwei Beinen und so groß wie Belgos. Ihr Kopf lief in einer spitzen Schnauze aus mit einem Gebiss das dem eines Menschen ähnelte. Von der Stirn bis zur Mitte des etwa anderthalb Schritt langen Schwanzes erstreckte sich ein etwa handbreiter, aufrecht stehender Hautkamm, der starr gesträubt war. Kleine Schuppen bedeckten den ganzen Körper und sie war dunkelgrün und braun gestreift. Ihre goldenen Augen musterten Belgos und er glaubte Angst und Verwirrung darin zu erkennen und einen Hilferuf. Doch als nun auch der Wirt aufschrie, wandte sich die Echse um und lief hinaus.

Belgos kannte diese Wesen, im Süden hatte er manche von ihnen gesehen. Es war ein Achaz, ein Echsenmensch. Aber was machte der hier?

Belgos eilte weiter hinauf zu Laronas Zimmer und fand die Bäuerin im Türrahmen. „Namenlose Ausgeburt!“, beschimpfte sie ihn. „Was für ein Dämon habt ihr in unser Dorf gebracht!?“ Belgos erhaschte noch ein Blick in Laronas Zimmer, bevor die Bäuerin mit Fäusten auf ihn losging: es war leer.

„Beruhigt Euch!“, knurrte Belgos und stieß die Bäuerin weg. Er eilte wieder die Treppe hinunter und rannte hinaus. Den Wirt beachtete er nicht, auch nicht die Bäuerin, die schimpfend und fluchend hinter ihm her lief. Wo war die Echse? Wo war Larona? Er hatte schon einen Verdacht, wo sie war. Oder besser: wer sie war. Er mußte sie finden, bevor es zu spät war.

Draußen hörte er die erschreckten Ausrufe der Dörfler und sah wie die Echse in den kleinen Wald neben dem Dorf lief. „Monster!“, rief die Bäuerin und schlug von hinten wieder auf Belgos ein. „Verflucht seist du!“

„Jetzt reicht es aber!“ Belgos stieß sie abermals von sich.

„Er hat diesen Dämon gerufen“, schrie die Bäuerin hysterisch und deutete auf ihn und die Echse, die eben im Wald verschwand. Belgos bemerkte, wie die Dörfler ihn nun böse ansahen und sich langsam näherten. Diese Bäuerin mußte hoch im Ansehen der Dörfler stehen. Der Tauristar sah sogar einen, der bereits mit einer Mistforke auf ihn zukam. „Verschwindet von hier!“, drohte ein anderer mit seinen Fäusten.

Belgos zog sein Schwert. „Jeder, der mir zu Nahe kommt, stirbt.“ Das ließ sie einhalten. Belgos bekam mit wie die Bäuerin, mit einem kleinen Jungen sprach und dieser dann sogleich auf das Rittergut in der Nähe zu lief. Ich sollte hier weg sein, bevor dieser Ritter kommt, dachte er. Er schritt langsam auf den Stall zu, wo sein Pferd untergebracht war, ohne die Dörfler aus den Augen zu lassen.

Sobald er das Tor erreicht hatte, eilte er hinein und verrammelte es von innen. In einer geübten Bewegung ließ er das Schwert wieder in der Scheide verschwinden und eilte schnell zum Pferd. Er warf den Sattel rüber und Belgos fluchte: es dauerte mit einer Hand einfach zu lange, den Gurt festzuziehen! Er hörte bereits, wie man versuchte das Tor ein zu rammen. Dann muß es eben ohne gehen. Er riß den Sattel wieder herunter und stieg auf. Laronas Pferd mußte er zurücklassen. Belgos wartete bis das Tor aufgebrochen war. Mit seiner einen Hand hielt er sich in der Mähne fest und wartete. Dann gelang es den Dörflern das Tor aufzubrechen und Belgos gab seinem Pferd die Sporen und die Bauern sprangen erschreckt auseinander.

Als Belgos in den Wald hinein ritt, sah er sich noch mal um. Er sah wie ein Ritter in einem rotgelben Wappenrock die Dörfler um sich versammelte, die allerlei Spieße und Forken in der Hand hielten. Das ist nicht gut. Er mußte Larona finden, bevor sie es taten.

***

Es waren mehrere Stunden vergangen, als Belgos Larona endlich gefunden hatte. Doch leider waren die Dörfler schneller gewesen. Belgos beobachtete auf dem Hügel versteckt wie dutzende von ihnen den toten Leichnam des Echsenmenschen zum Ritter brachten. Sie hatten ihn zu Tode gehetzt und mit ihren Forken schließlich erschlagen. Der Ritter hatte wohl angeordnet den Leichnam zu verbrennen, denn man errichtete einen Scheiterhaufen.

Belgos zog sich zurück. Es gab hier nichts mehr zu sehen.

Der Tauristar vermutete, daß Larona diese Echse war. Doch warum hatte sie sich in eine Echse verwandelt? Das war sogar ihm nicht geheuer. Was war damals vor einem Jahr in der Wüste Gor mit Larona geschehen? Es mußte da ein Zusammenhang geben. Larona hatte da mal etwas erwähnt ...




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Texte der Hauptreihe:
10. Pra 1036 BF
Ausbruch
Aufbruch


Kapitel 2

Autor: Balrik