Geschichten:Das neue Haselhain - Die Baronin V (Wissen II)

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(...)

Die Altmärker schienen verwundert als die Baronin sich Ailah von Altmark zuwandt. Die Gelehrte fing sich aber schnell und antwortete knapp: "Euer Hochgeboren, natürlich, aber ich bin derselben Meinung wie mein Vetter, den ich zu diesem Treffen zu Rate gebeten habe." Die Baronin nickte sanft und entgegnete: "Gut, das verstehe ich, aber im Sinne der alveranischen Gelehrten sollten wir zu einer Einigung kommen, immerhin geht es um ein Haus zu ihren Ehren. Und wie mir bewusst ist, dass wir dazu eure Unterstützung benötigen, weiss ich auch, dass ihr auch auf die der Familie und das Wohlwollen Eures Barons angewiesen seid, ganz gleich wie die Familien sich in Rivalität befinden."
Dem Sichelblicker Edlen brannte etwas auf der Zunge, doch seine Anverwandte antwortete vor ihm: "Das spricht für Euren weitbekannten, klaren Verstand, Euer Hochgeboren, und so sind wir froh das Ihr nun seine Vertretung seid. Die Familie aus dessen Schoße Ihr stammt, ist nicht die des Barons, auch wenn ihr nun Teil seiner Familie seid. Wir haben eine andere Basis. Allein Eure Bereitschaft das Treffen hier stattfinden zu lassen zeigt Eure Bereitschaft und euer Denken.", ein anerkennendes Lächeln umspielte die Lippen der züchtig gekleideten Gelehrten. "Und so mache ich auch keinen Hehl daraus, dass ich natürlich nicht gewillt bin diesen Ort für das Kolleg aufzugeben, weil es die richtige Entscheidung ist und ich zur Not eine eigene Einrichtung in Konkurrenz zum Baron eröffnen würde, doch vielleicht können wir auf anderem Wege zu einer Einigung kommen. Es wäre mir eine Ehre die Vorschläge eines Studienplan des Kollegs gemeinsam mit einer so gebildeten Frau wie Euch auszuarbeiten. Wie auch personelle Fragen zu diskutieren. Ebenso werden wir einen guten Teil der Kosten aufbringen, meinethalben mehr als wir bisher bereit waren."
Die Baronin war von der plötzlichen Offenheit der Edlen überrascht und von ihren ehrlichen Worten ebenso geschmeichelt, nur dem Dürsten-Darrenfurter schien das etwas quer zu kommen und sie traute dem ganzen noch nicht recht. "Eure Bereitschaft zur Zwiesprache erfreut mich, Euer Edelgeboren, eine Frage der Person müsste im Angesicht solcher Zugeständnisse doch aber jetzt schon diskutiert werden, wer würde ein solches Kolleg leiten, wenn es schon hier, fernab des barönlichen Hofes, seine Geburt erfahren dürfte?"
Die Edle - der es schon immer nur um das Kolleg selbst und weniger die Politik darum ging - warf ihrem Verwandten einen fast entschuldigenden Blick zu. "Meine Zustimmung vorausgesetzt, könnte dies wohl einer Eurer Vertrauten sein. Wir sind beide FRAUEN des Wissens, uns wird beiden an der richtigen Wahl gelegen sein, ebenso wie in den bereits genannten Punkten."
Sie packte die Baronin bei ihrer Ehre. "Doch wie ich schon mit meinem Vetter im Vorgang besprach, ist ein solches Zugeständnis meinerseits natürlich enorm und die Erhaltung für ein Kolleg in der Größenordnung wie es dem Baron vorschwebt eine kostspielige Angelegenheit, die wir natürlich mit unserer Expertise und unseren Kontakten vergüten aber eben auch tragen müssten."
"Was ist Euär Hintär'sinn?", verfiel die Baronin etwas ungehalten in ihren Akzent zurück.
"Nun,...", ergriff Voltan von Altmark wieder die Initiative, um das Gespräch wieder in seine Hand zu nehmen. "...was meine edelgeborene Vetterin damit sagen möchte ist, dass wir ein Pfand brauchen, der uns garantiert, dass die Familie Altmark sich auch langfristig Herren über ihre Stammlande nennen können, in denen das Kolleg dann stehen würde. Ein Pfand der uns in eine bessere Lage bringt, es nicht nur durch die Expertisen der Familie zu stützen, sondern auch finanziell."
"Ihr fordärt die Junkerswürde?", die Baronin fing sicher wieder, obwohl sie erstaunt war.
"Das ist längst überfällig, Euer Hochgeboren, man hat den Altmarks lang genug gezeigt wo ihr Platz ist, nach ihrer Zeit als Barone. Es ist unser Stammland und man nahm uns den Erbanspruch. Wir wollen ihn als Pfand für Zugeständnisse und Sicherheit zurück.", die Altmärker sprachen fast mit einer Stimme. Die Baronin wurde wütend, aber Fatime wurde unsicher, womit hatte Selo sie hier nur allein gelassen? "Ein solches Versprechen kann ich nicht geben, das wisst Ihr. Das kann nur der Baron."
"Aber ihr seid, wie ihr selber sagtet, seine berufene Vertreterin und ihr könnt ihm das wohlwollend unterbreiten, wie man weiß.", sprach wieder Voltan. Fatime wusste um den schwierigen Stand der Altmarks, sie hatten sich vor etlichen Generationen die Baronswürde von Haselhain genommen und danach wieder an die Pfiffenstocks verloren, die ihnen seitdem sehr deutlich ihren Platz gezeigt hatten und gar ihren Erbanspruch auf ihr Stammlehen genommen, bis heute. Dazu schätze sie die Familie Altmark selber in hohem Maße, eine gebildetere Familie gab es in Haselhain nicht, ohne sie würde das Kolleg nicht funktionieren - sie waren von der Herrin Hesinde gesegnet - und diese gesegnte Fatime im selben Augenblick mit einem plötzlichen Gedankenspiel, sie lächelte.
"Mein Mund kündet stets nur Geschichten die es sich auch zu erzählen lohnt, so werde ich meinem Gemahl und Baron anempfehlen eurem Anspruch niedergeschrieben statt zu geben und eurer Erbe zurück zu geben, das verspreche ich Euch als FRAU des Wissens. Allerdings verzichtet ihr dafür im Gegenzug auf eure immer noch nicht offiziell ruhenden, aber wie ihr selber wisst unerreichbaren Ansprüche auf Haselhain, das soll der Pfand sein, den der Baron erhält. "Und - die Umstände dieser Vereinbarungen würden unter den unterzeichnenden Personen bleiben." Sie sah dabei vorallem die Edle an, deren Gesicht echte Anerkennung zeigte.
Sie nickte der Baronin zu, die beiden Frauen hatten sich verstanden. Doch es war der Mann, der noch einmal das Wort erhob: "Mir deucht wir kommen einer Einigung immer näher, teilt unsere Ergebnisse doch Eurem fernen Gemahl mit. Wir werden sehen, ob dieses Treffen fruchtbar war. Und lasst ihm auch gleich zukommen, dass Euer Geheimnis bei uns sicher ist."
Die beiden Frauen warfen dem Mann einen verwirrten Blick zu. "Von welchem Geheimnis sprecht ihr?", warf die Baronin ein.
"Das um Euren Sohn, doch scheint es als würdet ihr es nicht wissen, oder? Am Tag als ich ihn aus den Fängen seiner dreisten Entführer zurück an Eure Brust führte, wurde ich Zeuge seiner Gabe als die bedrohliche Meute ihm zu Leibe rücken wollte. Er trägt den Funken Madas in sich, nicht wahr?" Voltan kam sich etwas schäbig vor, er wusste was zu dem ganzen Tumult um das Kind geführt hatte und hätte er es nicht wieder retten können, hätte er sich wohl ewig die Schuld daran gegeben. Und auch von der Gabe des Jungen wusste er nicht durch dessen Entführung, dort hatte sich nichts dergleichen gezeigt, dies wusste er durch jemand anderen ganz nah bei der barönlichen Familie, die es selber nicht wissen konnte. Er bedauerte solche Mittel, doch er konnte nicht mehr mit ansehen wie seine Familie nicht die Anerkennung bekam die sie verdiente, dafür sorgte er in Dürsten-Darrenfurt und dafür würde er in Haselhain sorgen, die Pfiffenstocks sollten sie anerkennen und die beste Gelegenheit dazu war jetzt, denn es wehte tatsächlich ein anderer Wind in Haselhain.
Fatime stand sprachlos da, ein seltener Moment, bei dem die Sprachkünstlerin nicht ihrer Berufung gerecht wurde. Statt dessen murmelte die gelehrte Altmärkerin vor sich hin: "Das wäre äußerst ungewöhnlich, so früh. Interessant. Man sollte das prüfen, aber was dies nun bedeuten würde..." Die Haimamuda rang hingegen immer noch nach Worten, das klang nicht nach einem Trick oder einer Erpressung, mehr nach einer Erinnerung und einem weiteren Pfand, welcher dem Sichelblicker Edlen sogar etwas unangenehm schien. Aber wie konnte es sein? Selo hatte ihr gesagt er habe das Kind sogleich prüfen lassen, von jemandem über den er sie erst jetzt, vor seinem Aufbruch, in Kenntnis gesetzt hatte - den Hofheiler und verdeckten Magier Sewan.
"Verzeiht Euer Hochgeboren, ich verstehe, dass ein solches Hesindegeschenk Euch hoch erfreut und überrascht gleicher Maßen, so wie es scheint, habt Ihr tatsächlich nichts davon wusstet. Ich denke Ihr werdet Euch zurückziehen wollen. Solches Wissen braucht Zeit um sich zu setzen."

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Einige Wochen später:

Sie legte den Brief Selos beiseite, ihr Freund und Gemahl hatte sie mit schönen Worten geküsst und mit wärmsten Geschichten umfangen, die von seinen Questen und seiner neuen Obsession kündeten. Doch dem Baron hatte er im Schreiben kaum Platz gelassen, er vertraute ihr oder es interessierte ihn nicht, das war die Quintessenz. Fatime war hin und her gerissen zwischen ihrer Zuneigung zu ihm und Wut darüber dass er sie hier so allein ließ. Sie solle das als die Gelegenheit zu einem neuen Haselhain, gar einem neuen Perricum begreifen, als Teil eines Großgaretiens, hatte er geschrieben, immer mit diesem gewissen Spott in den Versen. Sie schüttelte den Kopf, als die Amme ihren Sohn herein brachte, sie hatte es noch nicht gewagt Kashgar erneut prüfen zu lassen oder den Magier darauf anzusprechen, sie hatte Selos Reaktion abwarten wollen, das kleine Weißhaupt war ohnehin schon ein gebrandmarktes Kind, wie sie. Doch Selo hatte kaum der Worte außer ungläubige Witzeleien und Hohn dafür übrig gehabt. War ihm sein Kind - waren sie ihm alle - so fern in seinem jetzigen Bestreben? Sie mochte ihn für seine Eigenarten, an ihm war ein Künstler verlorengegangen als man ihn nach Gareth nahm, damals. Aber er ließ sie hier allein, nur mit ein paar spotttriefenden Anekdoten bedenkend, sie hatte all das hier nicht gewollt, sie war Künstlerin, Forscherin, sie war...die Baronin. Sie mochte und schätze ihn, trotz allem, aber sie war nicht auf ihn angewiesen, sie war nie auf jemanden angewiesen.
"Eine Gelegenheit...", murmelte sie in sich hinein, als sie die beiden Kinder auf dem Arm der Amme betrachtete. Dann legte sie den Brief ab und setzte, in ihrer besten Schönschrift, einen an Ailah von Altmark auf, diese würde ihr Kolleg bekommen, es war an der Zeit das neue Haselhain tatsächlich zu begründen, eines der Frauen wie sie eine war - oder Ailah von Altmark, unabhängig von alten Sturköpfen, von Gutrednern wie Voltan von Altmark und ja - auch von ihrem Selo, der so fern war.