Geschichten:Das ewige Schandmal - Ich bin...

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Nahe Gaulsfurt, Anfang Praios 1040 BF

Ich bin Selo von Pfiffenstock, in der Zunge meiner Ahnen „han Fir’Enock“ genannt, Sproß einer Familie die eine große Geschichte aufweist, die nach den Erzählungen unserer Stämme schon bedeutend älter ist als das Raulsche und sogar das bosparanische Reich und die Barone, Fürsten und mehr hervorgebracht hat. So bin ich der Sohn des berüchtigten Kasim und der jüngere Bruder einer Kadi und Gemahlin eines baburischen Prinzen und des legendären und heiligen Simold des Einenden, letzter konsequenter Baron von Haselhain, Fürst der Ammayin und Al’Hatim der Nebachoten, der mit den neun geeinten Stämmen ritt, sie ein zweites Mal einte und im heldenhaften Kampf gegen einen wahrhaftigen Troll starb, den er selbst niederstreckte. Und diesen Mann, diese Ausnahmeerscheinung, dessen Fußstapfen so groß sind wie die eines Giganten, habe ich enttäuscht.

Ich bin Selo von Pfiffenstock, unsteter Wanderer zwischen zwei Welten, der meiner Geburt und der in die ich geworfen wurde, gegen meinen Willen. Weder Teil der einen noch der anderen Welt, verdammt dazu alleine zwischen den Stühlen zu sitzen. Ich bin gescheiterter Versöhner dieser Welten, denen ich, im besten Willen, die Freundschaft bringen wollte. Und ich bin derjenige der nicht den Zwist zwischen den Geschwistern der einen Welt verhindern konnte, welcher wohl auch mein Mitverschulden ist. Und der die andere Welt immer nur als Fremder begehen durfte. Und das schlimmste – ich war nichtsmals fähig den letzten Wunsch meines heldenhaften und übergroßen Bruders zu erfüllen, den Erhalt seines Vermächtnisses und den Schutz seines Erbens. Der nun, so zerbrechlich und sterbend hier vor mir im Lazarett liegt.

Ich bin der, der selbst Verletzungen im Kampf gegen eine dämonische Übermacht davon getragen hat, ohne viel dagegen halten zu können und der von seinem besten, einzigen Freund verraten wurde, einem Mann den ich geliebt habe, der die meinen auf ein Alveranskommando schickte, wahrscheinlich auch ein politischer Winkelzug, selbst im angesicht der Niederlage.

Ich bin Selo von Pfiffenstock, der erneute Schande über die Erben Nebachots vor IHR brachte. Ich bin Selo von Pfiffenstock…

…und jetzt Baron von Haselhain.

Lyn reisst mir übermütig den Arm in die Höhe, noch im Tode meines Schützlings, den ich nur noch von weit her wahrnehme. Sie verkündet meinen Anspruch auf seine Titel. Geistesgegenwärtig mag man es nennen, doch für mich nur Bestätigung meiner ganz persönlichen Schande. Die Blicke wenden sich mir zu, keiner davon ist sonderlich wohlwollend, die meisten geschlagen von ihren Verletzungen und Erlebnissen während der erst vor kurzem vergangenen Schlacht, dessen Nachwehen noch Tage toben werden.

Ich übergebe mich, die Blicke werden abschätziger, doch es gibt kein Aufbegehren, nur die Gewissheit der erneuten Schande, die die Nebachoten, meine vermeintlichen Geschwister, lähmt und ihnen die Kraft nimmt. Lyn hilft mir aufzustehen und bestätigt das Gesagte nochmals, einige wenige richten sich ebenfalls auf, einige schwören mir sogar die Treue, andere wenden sich überdrüßig ab. Ich bin ohnmächtig, lasse alles mit mir geschehen, ich bin zu schwach.

Ich bin Selo von Pfiffenstock, ich bin ein Gescheiterter.



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Texte der Hauptreihe:
Pra 1040 BF
Ich bin...
Die Beichte


Kapitel 4

Autor: Jan