Geschichten:Das dritte Kind – Vergeblicher Besuch

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Burg Praiosborn, 25. Rondra 1045

„Frau Reichsritterin“, räusperte sich Lonán Walsh nachdem er geraume Zeit in der Kapelle auf das Ende der Gebete der Reichsritterin gewartet hatte. Doch obwohl sie sich kurz zu ihm umgewandt hatte, als er die schwere Tür hinter sich geschlossen hatte, machte sie nun keinerlei Anstalten sich ihm zuzuwenden.

Die Kapelle war das Schmuckstück vielleicht sogar das Herzstück der kleinen Burg. An ein Längsschiff schloss sich ein Halbrund an. Umlaufende Säulen, die sich über zwei Etagen zogen und oben eine umlaufende Empore – eigentlich nicht mehr als ein umlaufender Gang – bildeten. Oben ein Tonnengewölbe in dem eigentlich der Sternenhimmel hätte prangen sollen, aber die Malerei stand noch aus, wann sie begonnen oder gar fertig gestellt werden würde, war unklar. Auch die kleinen Statuetten der Boron-Heiligen fehlten, lediglich die Nischen an den Wänden waren bereits vorhanden. Einziger Schmuck war der schlichte Steinaltar auf dem ein Bildnis eines ebenfalls schlichten Boronsrades thronte. Durch das dahinterliegende zur Brache weisende Buntglasfenster – das die Heilige Etilia zeigte und ein Geschenk der Baronin vom Greifenpass zum Traviabund der Reichsritterin war – fiel sanftes, leicht dämmriges Tageslicht herein.

„Frau Reichsritterin“, hob der Waffenknecht erneut an, „Euer Gatte bittet darum Euch und seine Kinder sehen zu dürfen.“

Ailsa ni Rían wandte sich nicht zu um ihm: „Sag ihm, ich sei nicht da.“

„Ähm“, erwiderte er da nur, „Aber Ihr seid doch da.“

Nun holte sie hörbar Atem: „Geh hin und sag ihm, ich sei nicht da.“

„Frau Reichsritterin“, der Waffenknecht seufzte, „Das werde ich gewiss nicht tun. Ich werde nicht für Euch lügen.“

„Seit wann besitzt Du so etwas wie ein Gewissen?“, ihre Stimme klang scharf, schneidend.

„Dieses Mal lüge ich nicht für Euch“, stellte er klar, „Das ist eine Angelegenheit zwischen ihm und Euch, ich habe damit nichts zu tun. Klärt das gefälligst selbst.“

Jetzt erhob sich die Rían, wandte sich um und ging wutentbrannt auf ihn zu. „Du gehst jetzt raus“, zischte sie ihm drohend zu, „Und sagt diesem Möchtegern-Baron, dass ich nicht da bin. Hast du das verstanden?“

Unnachgiebig starrte er sie an. Auge in Auge standen sie sich gegenüber.

„Hast du das verstanden?“, knurrte sie und erinnerte Lonán an ein verwundetes, in die Ecke getriebenes, wildes Tier.

Er machte einen Schritt zurück. Nur zur Sicherheit. „Ich werde nicht Lügen. Nicht dieses Mal.“

„Du wirst Tun, was ich von dir verlange!“, forderte sie ihn mit harschem Ton auf.

„Und was wollt Ihr tun, wenn nicht?“, er hielt einen Moment inne, „Wollt Ihr mir einen Schwertstreich verpassen? Wollt Ihr mich vor die Tür setzen?“

Finster funkelte sie ihn an.

„Doch wer gibt dann auf Euer Lehen acht, wenn Ihr mal wieder nicht da seid?“, die Frage blieb unbeantwortet, „Ich bin ein freier Albernier und als solcher lasse ich mich nicht zwingen...“

Eine Zeit lang sagte die Reichsritterin nichts mehr.

„Ich will ihn nicht sehen!“, erklärte sie schlussendlich schnippisch, „Sag ihm das. Sag ihm, er soll seinen Besuch ankündigen, dann kann er seine Kinder sehen.“ Und während sie sich umwandt machte sie sogar noch ein doch recht unerwartetes Zugeständniss: „Sag ihm... sag ihm, er soll morgen wieder kommen. Morgen kann er seine Kinder sehen. Morgen...“

Diese Botschaft überbrachte er dann auch tatsächlich an Drego von Altjachtern. Dieser Verstand nicht, warum seine Gattin ihn nicht sehen wollte, geschweige denn warum er seine Kinder nicht sehen durfte. Er wartete dann auch noch geraume Zeit, vermutlich hoffe er darauf, dass seine Gattin es sich noch einmal anders überlegte – tat sie aber nicht. So musste er schließlich unverrichteter Dinge von dannen ziehen. Sein Besuch war ein vergeblicher gewesen.