Geschichten:Das dritte Kind – Ruiniert

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Ritterherrschaft Praiosborn, 15. Boron 1045

„Scheiße“, entfuhr es Ailsa ni Rían. Sie gab ihrem Pferd abrupt das Signal stehen zu bleiben. Ihren Blick hatte die Reichsritterin fest auf eine gerade am Horizont aufgetauchte Gruppe Reiter gerichtet. Lorine von Boltansroden und Stordan von Gerbachsroth blickten zu ihre auf. Die Reichsritterin deutete mit ihrem Kopf zu den Reitern hinüber und murmelte tonlos: „Drego.“ Wenige Augenblicke darauf war das Banner der Baronie Schwarztannen deutlich zu erkennen.

„Orknäschen?“, erklang da auch bereits die Stimme Baron Dregos und er trieb sein Pferd zur Eile an, „Orknäschen?“

„Dass ihr bloß den Mund haltet“, herrschte die Reichsritterin ihre Pagen energisch an, „Kein einziges Wort von Euch.“ Damit drapierte sie ihren Vollkreismantel so, dass er ganz sicher Tsas erneuten Segen verbarg.

„Drego“, begrüßte Ailsa ihren Gatten kühl und schenkte ihm einen abschätzigen Blick, „Ich nahm an, du seist schon auf dem Weg nach Scharfenstein.“

„Ach, Orknäschen“, seufzte er schwer, „Ich habe auf dich gewartet. Ich wollte mit dir reden. So viele Briefe habe ich dir geschrieben und nie eine Antwort erhalten. Was ist nur los, Orknäschen? Warum antwortest du mir nicht? Warum willst du mich nicht einmal sehen?“

Finster blickte sie ihn an, sagte aber nichts.

„Bitte komm zurück“, flehte er, „Ich liebe dich, Orknäschen. Ich kann nicht ohne dich sein. Was muss ich tun, damit du nach Hause kommst?“

„Mein Zuhause ist hier an der Brache. Mein Zuhause ist Burg Praiosborn. Hier gehöre ich her und hier werde ich bleiben.“

„Aber... aber... was ist mit Burg Scharfenstein? Was ist mit unseren Kindern? Unser Traviabund?“

„Du bist ihr Vater. Aus diesem Grund erlaube ich dir sie zu sehen“, trotzig hielt sie ihren Kopf hoch und schwieg sich absichtlich zu seinen anderen Fragen aus.

„Aber... aber... aber ich liebe dich doch!“

„Und ich wollte nie in den Reichsforst!“, erwiderte sie. Nach außen wirkte sie gefasst, dass sie es nicht war, merkte man ihr nicht an, wohl aber ihrem Pferd. Beithir wurde unruhig, schnaubte und scharrte.

„Ja“, konnte Drego da nur sagen, „Aber... wie hätte ich das den wissen können?“

„Ich wollte nicht in den Reichsforst. Ich habe dir das auch gesagt. Mehrfach. Immer wieder. Und dann habe ich mich von dir überzeugen... nein, überreden lassen. Du hättest zu den Gewinnern gehören können, Drego“, erklärte sie, „Doch stattdessen hast du deinem Grafen seine viel zu großen Stiefel lieber abgeleckt und er hat dir dafür einen Baronsreif spendiert. Eine Ehre? Oder gar Anerkennung?“ Sie lachte. „Schwarztannen wurde von den Waldsteinern verheert, du wurdest macht- und hilflos vor ihnen hergetrieben. Und dein toller Graf, hat er dir etwa geholfen?“ Ailsa ließ ihm keine Zeit zu antworten. Was hätte er auch sagen sollen? „Nein, natürlich nicht. Geradestehen darfst du trotzdem dafür ganz allein. Und was sagt uns das?“ Sie holte Atem. „Dann hast du versucht dich Waldstein zuzuwenden. Doch auch die wollten dich nicht, angeblich aus Furcht vor Graf Taugenichts, vor dem sich aber nun wirklich niemand fürchten muss. Vermutlich aber eher, weil sie sich so oder so den Rest von Schwarztannen noch holen werden und wer will schon eine verheerte Baronie sein eigen nennen? Außer dir, Drego?“

Der Baron wusste nicht, was er sagen sollte. Seine Knappen blickten verunsichert zwischen ihm und seiner Gattin umher, unschlüssig ob sie nun etwas sagen oder tun sollten.

„Ich habe das alles doch nur für dich getan. Für dich allein!“

Sie lachte kehlig.

„Du hättest zu den Gewinnern gehören können“, schloss sie, „Mit mir zusammen. Stattdessen hast du alles ruiniert. Alles!“ Damit ritt sie davon und ließ einen fassungslosen Drego zurück.