Geschichten:Das Verbot der Nandus-Kirche - Yesatans Geist

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Erschienen im Aventurischen Boten 163

Yesatans Geist
Aufstände und Unruhen in Garetien - Garetien verbannt die Nandusgeweihtenschaft

In Eslamsgrund und der Kaisermark hat es nach einer Nandus-Zusammenkunft schwere Unruhen gegeben. deshalb hat die Ständeversammlung Garetiens seiner Königin mit knappem Votum das Verbot des Nandus-Kultes in Garetien empfohlen, und die Krone stimmte zu. In Meilersgrund wurde ein Nandusgeweihter als Rädelsführer hingerichtet.

Meilersgrund/Gareth. Die Unruhen nahmen ihren Ausgang in der Reichsstadt Eslamsgrund, wohin die Nandusgeweihtenschaft Gelehrte und Freigeister aus nah und fern geladen hatte. Aus der Ansprache oder Predigt des geheimnisvollen „Einhorns“ erwuchs jedoch eine gewalttätige Revolte, die unter dem Zeichen des unseligen Grafen Yesatan von Eslamsgrund stand. Dessen Werk „Wider Fron und Lehen“ und daimokratisches Gedankengut sind offenbar noch sehr lebendig in Eslamsgrund und trugen den Aufstand schnell durch das Königreich, getreu dem Sprichwort: „Eine Idee hat tausend Flügel“. Zahlreiche Flugblätter aus dem schon für Graf Yesatan tätigen Druckhaus Andermann & Nachf. trugen zur Verbreitung bei. Besonders blutig wurde es in der Stadt Grafenstein in der Kaisermark Gareth, wo der Pöbel Scheiterhaufen sogar für Geweihte errichtete, aber auch in vielen Städten und Marktflecken des Königreichs bis hoch ins Greifenfurtische brannte die Fackel der Revolte.

Kein Wunder, dass die garetische Obrigkeit nun hart reagierte: Man versuchte allerorten, Unruhestifter, Rädelsführer und andere Umstürzler zu ergreifen. Unter hohem Druck arbeitete überdies der Königin jüngst berufene neue Vertreter, Cantzler Horulf von Luring, das Verbot der Unruhestifter aus und konnte die Abstimmung der Stände zu einer Verbannung der Nandusjünger bringen - wobei seine Stimme angeblich erst die Mehrheit ausmachte.

Die Auswirkung dieses Verbots ist weiterreichend, als Beobachter vorher gemutmaßt hatten. Denn vom Rauswurf der zwei Dutzend Nandusanhänger aus Garetien hätte man kaum etwas gespürt, wenn nicht die Geweihten von Hesinde und Phex den Aristokraten anschließend die kalte Schulter gezeigt hätten. Hauslehrer und Hofmagier, Hofkapläne und geistliche Berater verließen die Höfe, die Tempeltore sind ratsuchenden Adligen verschlossen. Vor der kaiserlichen Hochzeit wird sich diese Eiseskälte kaum legen. Für Anhänger des Nandus bedeutet dies, dass sie sich nur auf der Reichsstraße und in den Reichsstädten aufhalten dürfen und ansonsten wie Anhänger der ebenfalls verbotenen Kultur von Satuaria oder Brazzoragh behandelt werden würden.

Wie zerrissen die Obrigkeit in der knapp entschiedenen Nandusfrage war, zeigte sich auch Ende Rondra, als die Urteile über die als Rädelsführer von Eslamsgrund Inhaftierten gesprochen wurden: Während das Gericht in der Kaiserlichen Raulsmark einen Nandusgeweihten frei sprach, verhängte das Königliche Hochgericht zu Meilersgrund ein Todesurteil über einen ursprünglich aus dem Horasreich stammenden Nandusstrategen und angeblichen Spion.

Die Verurteilung fand unter denkbar unwürdigen Umständen statt, nämlich während ein Nandusgeweihter von der für ihn sicheren Mauer der Reichsstadt Alt-Gareth herab eine aufrüttelnde Predigt in das darunter liegende Rosskuppel hielt, das zu betreten ihm verboten war. Während die Menge vom wachsenden Ertrag erworbener Volksbildung hörte, befahl man dem Henker von Meilersgrund, den horasischen Nandusgeweihten „schnell wegzuhenken“. Ein Stadtritter klammerte sich dem Armen gar an die Beine, damit die Schlinge umso schneller ihr Werk tun konnte, ehe die Schaulustigen plötzlich ihre Sympathien neu ordnen konnte. „Eine Schande für die Zunft“ sei die Hinrichtung gewesen, meinte der Henker.

Dunkel senkt sich derweil über Garetien, in dem die Dummen wohl noch dümmer werden, vor allem, wenn sie ein „Von“ sind.


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Yesatans Geist - Nanduskirche in Garetien verboten
Yesatan von Eslamsgrund ist nicht vergessen im zentralen Mittelreich und bleibt mit seinen Ideen ein Unruhstifter bis in die heutige Zeit. Um das aufmüpfige Volk gerade in den aufstrebenden Städten Garetiens in Schach zu halten, bedarf die Krone eines starken Adels. Um die Kräfteverhältnisse zwischen Städten und Adel in ihrem Königreich zu wahren, hat Königin Rohaja dem Ratschluss der garetischen Stände nachgegeben.

Genauso wichtig für das Verständnis dieser Entscheidung aber ist, dass die Kaiserin auf ihre mächtigste Hausmacht, die garetische Ritterschaft, angewiesen ist: Längst nicht alle Garetier stehen bedingungslos hinter Rohaja, was sich nicht erst seit dem Umsturzversuch ihrer Schwester Yppolita im Jahre 1024 BF zeigte, die zahlreiche Anhänger im Land zwischen Darpat und Großem Fluss fand. Weil Rohaja so oft als Kaiserin fernab ihrer eigenen, in Personalunion geführten Provinz weilt, muss sie immer wieder mit Gemütsschwankungen ihrer Vasallen rechnen, die sich vernachlässigt, zurückgesetzt oder übergangen fühlen. Die Hochzeit mit einem „garetischen Grafen“ wird ebenfalls von vielen traditionsbewussten Adligen ungern gesehen, wäre doch Rondrigan Paligan ohne die Bildung der Markgrafschaft Perricum ein unselbständiger Vasall der garetischen Krone gewesen. Garetien aber spielt mit seiner Schlagkraft und seiner Stellung unmittelbar unter Rohajas Krone eine entscheidende Rolle im erwartbar harten Kampf gegen Helme Haffax. Damit sich die garetischen Ritter hoch motiviert unter Rohajas Banner stellen, musste die Königin dem reaktionären Gemüt der Garetier entgegenkommen.

Für das Spiel in Garetien bedeutet dies, dass offen geäußerte Kritik am Feudalsystem keinen Fürsprecher mehr hat und auf null Toleranz stößt. Die Obrigkeit ist verschreckt und reagiert mit übertriebener Härte und Empfindlichkeit. Adlige Helden hingegen können erleben, dass man sie an Tempeltoren einfach abweist.

Nandus-Geweihte sind auf den Reichsstraßen, in den Reichsstädten und vielen freien Städten sicher. Anderswo ist ihnen die Ausübung ihrer Religion verboten. Wie man mit buchstäblichen Grenzfällen umgeht – eine Nandusgeweihte predigt beispielsweise von der sicheren Reichsstraße zu einer Gruppe Bauern auf dem angrenzenden Feld oder von der Stadtmauer herab auf eine Menge vor den Toren –, hängt von den Möglichkeiten der reaktionären Ritter ab. Generell ist Vorsicht geboten, um willkürliche Reaktionen zu verhindern. Tragen der Kutte, Predigten, Schriftenverteilen, Segnungen von Druckereien oder Schulen, Lehren unter Nandus‘ Gebote etc. – all das ist im Königreich Garetien verboten.

(Jagodar von Galothini)