Geschichten:Das Verbot der Nandus-Kirche - Der Baronin neuer Leibesdiener I

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23. Ingerimm 1036 BF

Mit anderen Augen- Vor dem Bankett

Wie ein Pfau schritt der hochgewachsene Mann an ihr vorüber und sie mußte ihm unweigerlich mit den Blicken folgen. Dabei maß sie ihn sorgfältig, und zog ihn förmlich in Gedanken aus. Es war ihr bislang nichtaufgefallen, dass er so ausnehmend gutaussehend und anziehend war. Verwunderlich!

Geshla von Gnitzenkuhl nippte leicht irritiert an ihrem Wein und schaute weiter zu, wie sich die Herren leise über das drohende Verbot der Nandus-Kirche unterhielten und was es Neues aus den Geschehnissen des Tages zu resümieren gab. Die Frauen hingegen schienen von dieser neuen Sichtweise ihrerseits nicht betroffen. Lyn ni Niamad von Brendiltal, die Vögtin aus Haselhain, war soeben weg gegangen um etwas zu erledigen, weswegen ihr einige Momente der Ruhe seit ihrer Rückkehr blieben, bevor das Bankett los ging. Müde rieb sie sich die Stirn, und fragte was sich, was nur mit ihr los war.

Was war nur geschehen im Geist dieses als Mauerspecht titulierten Diebes? Als sei ein Schleier gefallen schien sie alles was das männliche Geschlecht anging weitaus deutlicher wahr zu nehmen, was zuvor ihrer Aufmerksamkeit entgangen war. An sich, sicher kein Beinbruch, doch die Konsequenz daraus war beunruhigend. Als seien die sie umgebenden Männer Freiwild und sie eine Jägerin verspürte sie eine gewisse … Neigung, nein wenn sie ehrlich war einfach Lust, sich ohne großes Nachdenken einen auszuwählen und mit ihm Rahja zu huldigen.

Wieder nahm sie einen Schluck des Weines und ihre Nervosität stieg, als der Ritter von Sturmfels auf sie zuhielt. Ein netter Bursche, wenn auch seine Verletzung und die fehlende Schwertleite… erstaunt sah sie ihn an. Die geschärfte Sicht verlieh ihm die Anmut einer Raubkatze. Die ernsten Züge wirkten nicht mehr verhärmt sondern markant und deutlich traten die grünen Augen daraus hervor. Sie mußte hart schlucken um überhaupt die Worte die er vorsichtig an sie gerichtet hatte zu verstehen.

„…leider das…Stadthaus meiner Schwester…verspielt!“ Unter Aufbietung all ihrer Selbstdisziplin schaffte sie es den Impuls nieder zu ringen ihn dazu einzuladen ihr doch in einem Gespräch unter vier Augen in ihren Gemächern davon zu berichten. Entsetzt über die eigenen Gefühle lauschte sie konzentriert was den anderen Adligen die mit ihm unterwegs gewesen waren passiert war. Hatten sie selbst ihr Seelenheil riskiert, so waren die anderen um nichts weniger als ihr Hab und Gut gebracht worden. Treumunde von Eychgras hatte gar eine ganze Burg verspielt!

Mitfühlend schaute sie ihn an- er hatte nicht nur seine Schwester enttäuscht, schlimm genug, doch seine Heimstatt war er damit ebenfalls los, war diese Reise zum Hoftag doch so etwas wie eine Bewährungsprobe für ihn gewesen und deshalb war er ein hohes Risiko eingegangen um sich vor seiner Schwester zu beweisen und hatte dadurch das in ihn gesetzte Vertrauen bitter enttäuscht . Es schien ihn sehr zu kümmern, und die Augen lagen tief in den Höhlen. Neugier und diese merkwürdige Sicht auf ihn ließ sie daher das Angebot aussprechen, noch bevor ihr Verstand sich wirklich einschalten konnte, um zu verhindern, dass sie sich um Kopf und Kragen redete.

„Wie wäre es, wenn ihr in Gnitzenkuhl den vakanten Posten des Hausritters einnehmt? Meine Ritterin Leomara von Keilholtz hat nun ein eigenes Lehen zu verwalten und ist nicht mehr zugegen!“

Die Worte sprudelten heraus, ohne, dass sie sie stoppen konnte - der Verstand holperte hintendrein und wie ein Adler, der seine Beute im Flug verfolgt, sah sie zu, wie die Miene Hlutharions sich wieder etwas erhellte, und ihr Angebot scheinbar gute Chancen hatte angenommen zu werden. Auch wenn er kein Ritter war. Aber auch hier lehnte sich Geshla weit aus dem Fenster und stellte ihm den Ritterschlag in Aussicht, war sie nun völlig verrückt? Sie kannte diesen Fremden gar nicht, niemand hier kannte ihn wirklich, aber sie hoffte ihn durch ihre Angebote an ihre Seite zu locken. Und dies schien zu fruchten, der vormals noch frustrierte, junge Mann, bekundete deutliches Interesse. Doch wollte er, bevor er zusagte, noch einige Dinge mit Treumunde von Eychgras klären, mit der er ein ähnliches Schicksal teilte und die er anscheinend zu schätzen gelernt hatte. Geshla wollte es nicht wahr haben, aber es setzte ihr zu, dass der Mann sich vielleicht einer anderen anschließen wollte. Was sollte es? Es gab auch noch andere interessante Männer hier. „Zum Beispiel dieser gut gebaute Geweihte dort ...“, ertappte sich die Baronin in Gedanken als er an ihr vorüber lief.