Geschichten:Das Leben geht weiter - Zukunft

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Auf der Friedburg, Baronie Gnitzenkuhl, Ende Peraine 1043 BF

„Es wurde aber auch höchste Zeit, dass du dich mal wieder blicken lässt!“ Die Baronin kam mit ihrer direkten Art sofort zur Sache, kaum dass ihr Gast den Raum betreten hatte. „Die Kinder haben dich ja kaum wiedererkannt und ich habe wahrlich andere Sorgen, als mich auch noch den ganzen Tag um Leomaras Sprösslinge zu kümmern. Oder deine!“

„Natürlich Geshla, ich verstehe dich ja.“ Unswin hob entwaffnend die Hände. Er war nicht zum Streiten gekommen. „Die Zeit seit der Gaulsfurt war für uns alle schwer und ich hätte dir die Kinder nicht auch noch aufbürden dürfen.“

„Ja nun, du weißt, ich mag sie wirklich sehr“, lenkte die Gnitzenkuhlerin ein. „Vor allem Shimara erinnert mich so sehr an Leomara. Trotzdem müssen wir langsam für Ordnung in dem Haufen sorgen. Vor allem die Zwillinge bedürfen unserer Aufmerksamkeit wie dir bewusst sein sollte.“

„Leomara und ich waren uns einig, dass sie in Perricum bleiben sollten, zumindest vorerst. Der Süden ist ihre Heimat, wenn auch nicht mehr die meine“, ergänzte der Ritter wehmütig.

„Ich habe Voltan von Magister Dorcus Bingenstein prüfen lassen. Er hat wohl Potential, und deine Zustimmung vorausgesetzt, wird er nach dem Jahreswechsel als Scholar angenommen.“

„Sehr gerne, das wäre großartig. In seinem Fall ist eine richtige Ausbildung das Wichtigste. Aber wie soll ich das bezahlen? Selbst mit den Erträgen aus Friedheim und Mittstätten zusammen wird das schwierig.“

„Lass das meine Sorge sein.“ Unswin sah sie dankbar an. „Für Madalieb habe ich ein Noviziat bei der Praioskirche verabredet, wie es Leomaras und dein Wunsch war. Die Geweihten der Sankt Linai-Sakrale kommen vor dem Jahreswechsel und werden sie mitnehmen. So werden die Kinder zumindest in derselben Stadt sein und sich sehen können, wenn ihre Lehrmeister es erlauben.“

„Was ist mit Shimara? Kann sie bei dir bleiben? Sie wird dir sicherlich eine große Hilfe sein und ich kann mir in diesen Landen niemanden vorstellen, der besser geeignet wäre ihr die rechten Umgangsformen einer Edeldame näherzubringen.“

Geshla lächelte geschmeichelt. „Bis die das Knappenalter erreicht, gerne. Ich würde es bedauern, würdest du sie wegschicken. Allerdings gibt es da noch eine Sache, die ich dir schon lange habe sagen wollen. Shimara wird Mittstätten nicht bekommen können…“ Unschlüssig brach sie ab.

„Was?“ Unswin war erst vollkommen überrascht. Dann stieg Wut in ihm auf. „Warum nicht? Es war doch abgemacht, dass sie Leomaras Nachfolgerin dort wird, sobald sie alt genug ist! Deiner eigenen Nichte gegenüber so wortbrüchig zu werden…“ Bei den letzten Worten senkte der Greifenfurter die Stimme, bis sie gerade noch ein Flüstern war. Das seine verstorbene Frau Geshlas Halbschwester gewesen war, war ein wohlgehütetes Familiengeheimnis.

Abwehrend hob die Baronin die Hände. „Es war nicht meine Entscheidung, versteh das bitte!“ Ihre Stimme war eine Spur schriller geworden, wie es öfter geschah, wenn sie sich echauffierte. „Der alte Rabicum hat mir da einfach eine Laus in den Pelz gesetzt. Und was sollte ich auch machen? Er hat mich förmlich erpresst. Natürlich hat er es nicht so ausgedrückt, aber im Grunde erwartete er das als Gegenleistung dafür, dass mir zuvor das Junkertum Gaulsfurt für Gnitzenkuhl zugesprochen worden war.“

„Wie lange weißt du das schon?“

„Seit letzten Praios. Ich wollte es dir wirklich früher sagen, aber für einen Brief fehlten mir die rechten Worte und du hast dich seit dem letzten Jahreswechsel nicht mehr hier blicken lassen.“ Jetzt war es an ihr, ihrer Stimme einen anklagenden Ton beizufügen. „Außerdem habe ich mir eine andere Lösung überlegt, falls du bereit bist mir in Ruhe zuzuhören.“ Unswin nickte nur und verschränkte abwartend die Arme vor der Brust.

„Im Süden Gnitzenkuhls liegt die Herrschaft Leuentor. Sie ist nicht ganz so beeindruckend wie Mittstätten, zugegeben besteht sie größtenteils aus Wald und man züchtet dort vor allem Federvieh. Das Dorf Gösselhof, welches zum Lehen gehört, wird von einem Edlen namens Ragnar de Vargas verwaltet, der zu Zeiten meines Vaters durch Gnitzenkuhl kam und um eine Aufgabe bat. Offiziell belehnt wurde er jedoch nie. Er hat nie danach verlangt und ich hatte keinen Anlass. Vor allem seine Frau soll zudem darauf drängen, wieder in die Reichsstadt zurückzukehren, nachdem die jüngeren Kinder jetzt aus dem Haus sind und der Erstgeborene wie so viele andere an der Gaulsfurt gefallen ist. Ich werde ihnen vermutlich sogar einen Gefallen tun, wenn ich Ragnar von seinen Aufgaben entbinde“, schloss sie achselzuckend.

Der Ritter überlegte. Diese Lösung schien tatsächlich für alle ein Gewinn zu sein. Der Stadtritter konnte in seine Heimat zurückkehren, Geshla bekam in Shimara eine loyale Gefolgsfrau als Gegengewicht zu dem vom Seneschall eingesetzten Fremden in Mittstätten und seine Tochter bekam ein Lehen, wie er und Leomara es sich für sie gewünscht hatten. Langsam nickte er und nahm eine entspanntere Haltung ein. „Also gut, ich denke dein Angebot ist gut genug. Ich danke dir, dass du dich so für meine Tochter einsetzt.“

„Um Leomaras Tochter wohlgemerkt.“ Geshla hob mahnend den Zeigefinger. „Was uns zum nächsten Problem führt. „Rondrasil. Wenn ich ehrlich bin, wäre ich froh, wenn du für diesen Jungen einen anderen Platz findest. Leomaras Kinder liegen mir am Herzen, aber Rondrasil ist dein Problem.“

„Ich weiß. Das hast du mir bei unseren letzten Treffen schon sehr deutlich gemacht. Ich habe auf meiner Reise hierher viel darüber nachgedacht. Du hast viel auf dich genommen, um die anderen drei gut unterzubringen. Da ist es nur Recht und billig, wenn ich dich von dieser Last befreie. Rondrasil geht mit mir nach Friedheim. So habe ich wenigstens noch eines meiner Kinder um mich.“

„Sehr gut. Dann eines noch. Ich wünsche, dass du zeitnah einen angemessenen Verwalter für Leuentor findest. Wenn du jetzt auf längere Zeit nach Greifenfurt verschwindest, brauche ich jemand verlässlichen, der sich um Shimaras Güter kümmert. Ich habe eigene Probleme, denen ich mich in den nächsten Monden und Götterläufen widmen muss, da will ich mich nicht noch der Verwaltung dieses Dorfes widmen müssen.“ Sie zeigte mit dem Finger auf Unswin. „Shimara wird nächste Woche zur Edlen von Leuentor, aber du besorgst ihr einen vertrauenswürdigen Vogt, der das Lehen verwaltet bis sie mündig ist. Ich will nicht, dass der Seneschall erneut Anlass hat auf dumme Ideen zu kommen was meine Ländereien angeht.“ Mit einem Anflug von Hochnäsigkeit fügte sie hinzu. „Es kann von mir aus sogar ein Greifenfurter sein, solange du mir keinen dieser Nebachoten aufbürdest.“