Geschichten:Das Leben geht weiter - Neues Leben

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Burg Scharfenstein, Mitte Rahja 1043

„Es muss schrecklich für Euch sein“, raunte die Tochter ihrer Mutter zu.

Jandra von Schack blickte auf das Grab ihres Gatten: „Dich hat es schlimmer getroffen, mein Kind. Du hast mehr verloren. Dein Vater und ich wir hatten… Götterläufe. Wir haben vier Kinder zusammen großgezogen. Aber du…“ Sanft strich sie ihrer Tochter das braune Haar aus der Stirn. „Euch stand das alles noch bevor. Was ist mein Schmerz also gegen den deinen?“

Meara konnte nicht antworten. Ihr schnürte es die Kehle zu.

„Hast du…“, Jandra zögerte, „Hast du schon einmal darüber nachgedacht, von hier fort zu gehen?“ Mit den wachen Augen einer Mutter schaute sie ihre Tochter an. „Alles hinter dir zu lassen? Und dein altes Leben gegen ein neues zu tauschen?“

Energisch, geradezu entsetzt schüttelte Meara ihren Kopf. „Und meine Kinder?“, würgte sie fassungslos hervor.

„Emer und Reto wirst du frühestens wieder sehen, wenn sie ihr eigenes Leben haben, aber…“, ein vielsagender Blick der Mutter traf Meara, die ihn sichtlich irritiert erwiderte, „… aber…“

„Mutter“, hob Meara geradezu anklagend an, „Ich habe nur Emer und Reto. Sie sind das einzige, was mir geblieben ist!“

„Ach, Kätzchen“, seufzte ihre Mutter da schwer, „Hast du es noch immer nicht begriffen?“ Sie hielt einen Moment inne. „Wann hast du das letzte mal geblutet?“ Entgeistert blickte die Tochter drein. „Kätzchen, ich weiß, wie eine Frau aussieht, die ein Kind erwartet und du…“

Meara wurde bleich: „Das… das… das… das kann nicht sein. Das… das… das darf nicht sein!“

„Warum nicht?“, wollte Jandra wissen, ehe sie fortfuhr: „Irgendwann wirst du es nicht mehr verbergen können und was glaubst du werden die Nadoreter tun, wenn sie davon erfahren? Sie werden wissen, dass es sein Kind ist. Und sie werden nicht ruhen, bis sie auch dieses Kind aus deinen Armen entrissen haben. Immerzu würdest du fürchten, dass es passiert. Jeden Tag, jede einzelne Stunde. Und sie werden es schaffen. Baron Drego wird dich nicht schützen können und auch deine Familie wird dich nicht schützen können. Die Gefahr ist einfach zu nah…“

Die Jüngere wusste nicht so recht, was sie sagen sollte: „Müsste ich das nicht wissen? Müsste ich nicht wissen, wenn…?“

„Verstehst du denn immer noch nicht?“, erwiderte die Mutter daraufhin lediglich, „Das ist ein Wink der Götter! Als du bereits glaubtest alles verloren zu haben, machten sie dir ein weiteres Kind zum Geschenk. Eines, dass die Nadoreter nicht in die Finger bekommen werden, wenn du dich klug anstellst.“ Einen Moment hielt sie inne. „Du musst von hier fort, Kätzchen. Du MUSST.“

„Aber…“, wimmerte Meara, „.. meine Kinder!“

„Du musst dich entscheiden: Entweder du gehst und kannst eines deiner Kinder behalten oder du wirst sie alle verlieren. Was zögerst du denn noch?“

„Wohin… wohin soll ich denn?“

„Nach Greifenfurt. Bitte den Keilholtzer darum, dich aufzunehmen. Er ist ein guter, ein ehrbarer Ritter. Er kannte deinen Gatten. Gewiss wird er dir helfen. Sein Vetter ist Baron, vielleicht kann er dir eine Anstellung geben?“

Meara verharrte regungslos.

„Der Baron und seine zukünftige Gattin lassen dich ziehen. Deine Schwestern werden dich mit nach Kressenburg nehmen. Solltest du Unswin von Keilholtz dort nicht antreffen, dann wird man dir gewiss sagen können, wo du ihn finden kannst. Im Übrigen habe ich allen erzählt, es sei die unerträglich Nähe zu jenem Ort, an dem dein Gatte den Tod finden musste, die dich nicht ruhen ließe. Nun geh und packe das Nötigste zusammen. Ihr werdet morgen früh aufbrechen.“