Geschichten:Das Leben geht weiter - Klare Verhältnisse

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Auf der Kressenburg, 3. Travia 1044

“Du hast lange gebraucht, um den Weg zurück nach Kressenburg zu finden”, eröffnete Baron Ardo das Gespräch mit seinem Lehnsmann.

“Ich hatte es nicht eilig”, gab Unswin freimütig zu. “Außerdem kann man eine Straße in beide Richtungen entlang reiten.” Wie die meisten Greifenfurter neigte er dazu Tatsachen unverblümt auszusprechen. “Abgesehen davon gab es bis jetzt keinen guten Zeitpunkt. Nachdem meine Mutter den Hof verlassen hat, wollte ich das Gut nicht ohne Aufsicht lassen. Rondrasil ist noch zu jung und Meara war nicht in dem Zustand viel tun zu können.”

“Das verstehen wir natürlich”, meldete sich Ritter Wulfhart zu Wort. “Und ihr Zustand hat sich jetzt gebessert?”

“Sie hat vor zwölf Tagen einem gesunden Jungen das Leben geschenkt. Er hört auf den Namen Bolzer Oisin von Keilholtz.” Der Ritter aus Friedheim betonte den Familiennamen um keinen Zweifel daran aufkommen zu lassen, dass er das Kind als seines ansah und akzeptierte. “Meara ist wohlauf und hat das Wochenbett verlassen. Ihro Gnaden Fürchtelind war ihr eine große Hilfe und Beistand.”

“Das freut mich zu hören. Herzlichen Glückwunsch, Unswin.” Der Ältere wandte sich an seinen Sohn. “Ardo, du wirst dem Perainekloster im Namen der Familie eine angemessene Spende zukommen lassen.”

“Natürlich Vater.” Der Baron nickte bestätigend. “Unswin, darf ich deine Worte so verstehen, dass jetzt die Herrin Meara in deiner Abwesenheit Friedheim verwaltet?”

“Sie ist belesen und hat das Gut in den letzten Monden gut kennen gelernt. Zudem gebiete ich über keine hundert Seelen, die Aufgaben sind also überschaubar. Außerdem mag Rondrasil sie gern und hat sie ins Herz geschlossen wie eine Mutter.” Unswin zuckte mit der Schulter. “Ich traue ihr das zu und sehe kein Problem darin. Ihre Anwesenheit ermöglicht es mir auch wieder meinen Pflichten als dein Lehnsmann besser nachzukommen, wenn du mein Schwert benötigst.”

“Hättest du Heiltrud nicht vom Hof gejagt, hättest du weiterhin jemanden gehabt, der das Gut verwaltet”, legte Ardo den Finger in die Wunde. Unswin mochte sein Vetter sein. Aber es missfiel ihm, dass er sich als sein Lehnsmann mehr Freiheit herausnahm, als allgemein als schicklich galt. “Zumindest hörte man von einer sehr überstürzten Abreise deiner Mutter.”

“Meine Mutter hat das Gut aus freien Stücken verlassen!” Unswins Stimme wurde etwas lauter und man merkte, dass er sich beherrschen musste. “Ich brauchte eine fähige Verwalterin für die Güter meiner Tochter unten in Perricum. Baronin Geshla hatte das zur Bedingung gemacht, als sie Shimara vor der Zeit belehnte. Meiner Mutter diese Aufgabe zu übertragen war die schnellste und beste Lösung!”

“Friede, Friede.” Wulfhart hob beschwichtigend die Hand “Wir sind nicht hier um zu streiten und niemand wirft dir vor deinen Lehnseid verletzt zu haben.” Er warf Ardo einen strengen Blick zu. Dieser nickte nur kurz und lehnte sich dann mit verschränkten Armen zurück. “Gut. Eine andere Frage habe ich noch Unswin. Wann gedenkst du mit Meara den Traviakreis zu beschreiten? Jetzt wo das Kind da ist, hätten wir als Familie gerne endlich geordnete Verhältnisse.”

Der Ritter ließ sich Zeit mit der Antwort, auch wenn er die Frage schon viel eher erwartet hatte. Tatsächlich hatte er in den letzten Tagen häufiger darüber nachgedacht, ob es nicht das Vernünftigste wäre, Meara um ihre Hand zu bitten. Das würde zumindest jeder Menge Getratsche den Boden entziehen und ihren Stand in der Dorfgemeinschaft verbessern. Von ihrem Stand in seiner Familie einmal ganz zu schweigen! Für Rondrasil war sie längst zu einer Ersatzmutter geworden. Auch an Oisin musste er jetzt denken. Er würde als sein Sohn aufwachsen. Als Bastard zu gelten, mochte auch ihm in der Zukunft das Leben schwerer machen. Zuletzt würde es auch Unswin das Leben vereinfachen, müsste er sich doch dann nicht mehr diesen unangenehmen Unterhaltungen stellen.

Dennoch sträubte sich etwas in ihm. Unswin wollte keine Vernunftehe, nur um seiner Familie einen Gefallen zu tun. Er hatte damals Leomara geheiratet, weil sie sich liebten. Gegen alle Widerstände aus ihrer Familie. Natürlich mochte er Meara. Wie konnte er nicht? Sie war eine ruhige, freundliche und genügsame junge Frau. Ohne Frage war ihre Anwesenheit auf Friedheim für ihn und Rondrasil inzwischen genauso wichtig wie für sie. Der Ritter war sich auch sehr sicher, dass sie einer Heirat aus Vernunftgründen zustimmen würde. Aber das war nicht das was er wollte. Nicht zu diesem Zeitpunkt und schon gar nicht, weil seine Familie das von ihm erwartete.

“Die Verhältnisse sind mehr als klar, Wulfhart.” Unswin blickte dem Oberhaupt der Keilholtzer fest in die Augen. “Oisin wird, wie auch Rondrasil, als mein Sohn aufwachsen und Meara wird als seine Mutter in Friedheim leben. Mehr gibt es dazu im Moment nicht zu sagen.”