Geschichten:Das Land am Arvepass - Ein neuer Landvogt

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Burg Angareth, Markgräflich Arvepass, 23. Boron 1045 BF

Firun hatte die Trollzacken bereits fest in seinen eisigen Fingern. Die letzten Tage hatte es ununterbrochen geschneit und so legte sich ein weißes Tuch über die Burg samt Umgebung. Das Leben spielte sich nun vor allem in den Gemeinschaftsräumen der Burg ab, welche neben ausreichenden Feuerstellen auch die Körperwärme der Bewohner als überzeugendes Argument für das Verweilen ins Feld führen konnten.

Hinter einem der Fenster, die in den Innenhof der Burg zeigten, blickten sowohl Kastellanin Inelde von Seehof als auch Leutnant Sayid Nasir al'Ahjan ibn Jarrah in den Hof und beäugten kritisch die Neuankömmlinge, welche gerade aus ihrer Kutsche stiegen. Man hatte auf Burg Angareth mitbekommen, dass Aldron nicht wieder hierher kommen würde und man stattdessen nun einen neuen Herrn bekam. Doch dass dieser nicht Oswin von Firunslicht heißen sollte, das war für die meisten hier eine Überraschung.

„Er war nicht ganz einen Götterlauf hier. Diente als Leutnant unter Hauptmann Yarlak von Raffelsberg“, stellte Inelde knapp fest und musterte ihren neuen Herrn argwöhnisch. „Wär?“, fragte der Leutnant des 2. Banners überrascht und schaute zur Kastellanin. „Na dieser Bärfried von Hardenstatt. Wenn mich nicht alles irrt, kam er im Rondra 1043 hier her und wurde im Praios 44 in das 3. Banner versetzt. War wohl eine Vorbereitung für den Zug der markgräflichen Truppen in das Königreich“. Sayid schaute zurück in den Hof und musterte den blonden Einäugigen und rümpfte dann die Nase, „Oswin hattä Aldrons Nachfolgär wärden müssen und nischt so ein Emporkömmling, dän niemand kennt! Was dänken die sisch am markgraflichen Hof dänn? Oswin kännt sisch bästens hier aus, sowohl Land als auch Läute sind ihm nischt fremd“. Grimmig schüttelte der Nebachot den Kopf.

Die Kastellanin nickte zustimmend, „ja, Oswin wurde sowohl von seinem Vater als auch von mir jahrelang auf die Übernahme des Passes vorbereitet. Dieser Bärfried entstammt einem zackenberger Rittergeschlecht, das in den letzten Jahren ein paar Lehen und Ämter ergattern konnte. Sind darüberhinaus mit der Familie des Heermeisters verbandelt, das dürfte dem Leutnant sicher bei seiner Bestallung geholfen haben“.

Der Schwarzhaarige nickte, wenngleich er wenig von solcherlei Dinge verstand. Oswin war nicht nur sein Vorgesetzter, sondern in den ganzen Götterläufen, die sie nun schon gemeinsam Dienst taten, zu einem echten Freund geworden. Im Grunde war es ihm egal wer genau Landvogt vom Arvepass war, doch wenn er diesen Bärfried ansah, so wurde er das Gefühl nicht los, dass Oswin der geeignetere Kandidat gewesen war. Dass nun ein Emporkömmling das Amt des Landvogts versah, war für den Nebachoten unverständlich. Er würde ganz genau hinschauen, was dieser Einäugige hier trieb und sollte Sayid Schwächen und Fehler finden, würde er nicht zögern diese anzuzeigen. Sobald Oswin aus dem Süden zurückgekehrt war, würden sie sich zusammensetzen müssen und beratschlagen, was nun das beste Vorgehen war.

Inelde war da trotz allem etwas versöhnlicher. Selbstredend hatte auch sie den Spross Aldrons als dessen natürlichen Nachfolger gesehen, immerhin hatte sie ihm (auf Bestreben des Vaters) so einiges beigebracht, was ein tüchtiger Landvogt wissen sollte. Doch wollte sie dem neuen Landvogt zumindest eine ehrliche Möglichkeit geben, sich zu beweisen. Wenngleich sie nicht viel von ihm erwartete. Immerhin war ihr Bärfried als ein Träumer in Erinnerung geblieben, der noch dazu sein fehlendes Wissen in Sachen Bombarden, durch einen Fähnrich ausgeglichen hatte, der ihm munter zugearbeitet hatte. Aber sowas bekam man eben, wenn man auch Leute auf Offiziersposten setzte, die ihr Handwerk nicht im Heer gelernt hatten. Fachfremde nannte sie die Ritter und Krieger, die sich im Nachhinein für eine Laufbahn innerhalb des Heers entschieden. Bei Oswin war dies natürlich etwas anderes. Immerhin hatte dieser während seiner Knappenzeit auch das richtige Wissen vermittelt bekommen und sich auch später weitergebildet.

„Wir solltän unsären neuän Härrn in Empfang nähmen, dann könnän wir ihn gleisch etwas kennenlernen“, befand Sayid und wandte sich vom Fenster zum Gehen ab. Die Kastellanin nickte ihm zustimmend zu, warf einen letzten Blick aus dem Fenster, dieses Mal Richtung Horizont und folgte ihrem Gesprächspartner dann in die große Halle. Der neue Landvogt würde sicherlich einige Worte an die Bewohner richten wollen. Außerdem hätte sie, als Kastellanin, ihn genaugenommen im Hof bereits begrüßen müssen.