Geschichten:Das Ende einer Ritterlichen

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Dramatis Personae:




5.Tsa 1036 BF, Haus der Familie Schroeckh im Markt Sommerau

Das Gesicht war nur noch ein schwaches Abbild der Frau, die sie ihr Leben lang gewesen war: bleiche Haut und eingefallen wirkte es, hohlwanging mit Schweiß auf der Stirne und wirr fallenden Haaren, die scheinbar alleine in den letzten Tagen tief ergraut waren und ihr letztes bisschen Farbe verloren hatten.

Um das Bett herum stand die Familie der Junkerin. Der Gatte Perainalf, den man als hünenhaften Ritter und fröhlichen Mann kannte, war nur noch ein Schatten seiner selbst: sein Gesicht war ebenso bleich wie das ihre, seine Augen gerötet, das Kinn unrasiert und das Haar ungepflegt. Ganz anders der älteste Sohn Horwart, der ein steinernes, unberührtes Gesicht zur Schau trug, wie es sich seiner Meinung nach für solche Momente geziemte, um nach außen Haltung zu zeigen. Die jüngeren ihrer KInder, Toban und Perala, standen daneben, die Gesichter voller Trauer in Hinblick auf das Kommende.

Nur Owilmar von Schroeckh, Geweihter der Herrin Peraine, der seiner Cousine in diesem Moment die Lippen mit einem mit Wein getränkten Lappen netzte, schien auch innerlich voller Ruhe zu sein und er lächelte Malvina sanft an, die dies mit einem wissenden Lächeln beantwortete, als würde ein ungesagtes Geheimnis zwischen beiden stehen. Gleichzeitig sah man aber auch, wie sehr sie bereits diese kleine Geste anstrengte.

Malvina Cella von Schroeckh war erst vor wenigen Wochen noch kraftstrotzend gewesen, doch eine einfach scheinende Erkältung hatte sie niedergeworfen. Es schien kurz als wäre sie bereits genesen, als die Krankheit sie erneut auf das Lager zurückwarf und diesmal mit aggressiver Heftigkeit, die es ihr bald unmöglich machte das Bett auch nur zu einfachsten Verrichtungen zu verlassen. Es schien als würde sie innerlich verbrennen und alle Kraft aus ihr gesogen werden. Dem Medicus und selbst Owilmar war es nicht gelungen eine Heilung zu finden und Malvina hatte sich unerwartet, auch für sie, mit dem Unausweichlichen ausgesöhnt. Sie würde in den Garten der Ernte-Spendenden gehen zu einer Zeit, wo alles geregelt war, die schwierigen Zeiten überwunden und sie ohne große Sorgen gehen durfte. Sie war mit sich und der welt im Reinen.

"Horwart...", sagte sie schwach und mit heiserer Stimme, die dennoch nichts von ihrer Autorität verloren hatte. Ihr Sohn und Erbe kneite sich vor ihr Bett und fasste ihre abgemagerte Hand, sanfter als er sie wohl schon seit langem, seit er kein Knabe mehr war, umfasst hatte. "Ich bin hier Mutter.", sagte er und allein an seiner Stimme war ihm anzumerken, dass auch er eine Fassade aufrecht erhielt, wenn er sich nicht erlaubte traurig zu sein. "Horwart, in deine Hände lege ich das Junkertum. Ich schenke dir meinen Segen, so wie ihn meine Mutter mir gab und wünsche, dass deine Hand sich nie im Zorn erhebt, dein Geist kühn und besonnen und dein Herz offen und ehrlich bleibt. Sei den Menschen ein guter Herr, gerecht, wie es dem Herren Praios lieb ist, aber streng gegen jene, die Unrecht tun. Sei treu deinem Herren Baron und unserer guten Königin, sei wachsam dem Grafen gegenüber. Er ist nicht mehr der, der er einmal war, seit er mit der Igelkrone zurückkehrte. Und vor allem: sei gut zu deiner Familie. Wir Schroeckhs waren nie viele und auch wenn ich meinem Halbbruder seine Affären und Dummheiten nie verziehen habe so bleibt er doch von unserem Blut.", sprach die sterbende Junkerin auf Horbald von Schroeckh an und seufzte dann vernehmlich.

"Toban. Perala.", sagte sie, während Horwart seinen Geschwistern Platz machte die sich nun nebeneinander vor das Bett knieten. "ihr seid gute brave Kinder gewesen, wie es sich eine Mutter nur wünschen kann. Seid auch eurem Bruder so gute Stützen, wie ihr es mir wart. Toban, dein Bruder wird deine Fähigkeiten gewiss zu schätzen wissen. Perala, ich kenne deine Talente nur zu gut und es würde mich freuen, wenn du sie selbst ebenso zu schätzen wüsstest wie ich. Und..ach du weißt es nur zu gut, was ich sagen möchte: ich hoffe du findest bald den Richtigen... ich..." Ein Hustenanfall schüttelte ihren geschwächten Körper und Owilmar kam herbei um ihr mit stützender Hand zu helfen, ein Tuch mit entkrampfenden Essenzen an den Mund haltend, ehe sie mit einem Handzeichen andeutete, dass es gut sei.

"Bitte, denkt an mich, wenn ich nicht mehr bin..und nun...lasst mich und Perainalf bitte alleine..."

Die Kinder knieten vor ihr nieder, liebkosten die Hand, die sie an die Wange führten und gingen hinaus, wo sie stumm und starr blickend standen und warteten, ehe Owilmar folgte, der ihr noch einen Segen erteilt hatte. Nur wenige Augenblicke später hörten sie das herzerweichende Weinen ihres Vaters durch die Tür ihres Zimmers hallen.



„Jahr muss eine Zahl sein.“ ist keine Zahl.

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Texte der Hauptreihe:
Jahr muss eine Zahl sein.
Das Ende einer Ritterlichen

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Kapitel 1

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Autor: Lichtbote