Geschichten:Das Blutige Jahr - Ein Handschlag, ein Blutvergießen

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Kloster Sankt Ogdolf, Ende Rondra/Anfang Efferd 1043 BF

Wenn man den schnellsten Weg, von Perricum nach Gareth wählt, so kommt man im Schlund am Kloster St. Ogdolfs vorbei, auch wenn ein Gast den Ort nun vom Zentrum aus erreichte. Auf einem Hügel, an der Mardra gelegen, bot das Wehrkloster derzeit einem besonders gemarterten Geist Ruhe. Praiosmar von Hinn hatte die einfache Robe eines Akoluthen angelegt und beschnitt, im wohl gepflegten Garten, einen Busch wilder Mardrarosen, deren weiße Blüten in voller Pracht standen. Doch besagter eilend angereister Gast, riss ihn aus dem meditativen Akt der Veredelung.

"Ah, von Hinn, Ihr Guter, Ihr Schöner. Mann des Volkes, der Kriegs- wie der Wohltat und Freund des Großfuchses. Schön Euch in solch widrigen, oder sollte ich sagen der Einheit der Lande unzuträglichen, Zeiten zu sehen. Ein Gesicht das stets Freude und Erfolg verheisst, mit DIESEN Grübchen und diesem edel-silbrig durchzogenen Haar. Ein echter Wuchtbrummer, seit jeher. Wie erstaunt ich bin, euch hier zu finden und nicht in der seichten Halle eures Grafen, wo die Wehr des Schlundes anscheinend ohne euch geplant wird."

Praiosmar war die Gockel- oder Kauzigkeit des Pfiffenstockers zwar gewohnt, aber je länger dieser an des Ohr des großfürstlichen Prinzes reiste, so seltsamer wurde er. Hinn hatte sogar vernommen, der Haselhainer Baron hätte sein Lehen und die Führung der dortigen Familie quasi ohne mit der Wimper zu zucken an seine Frau "verschenkt", nur um dem Prinzen weiter von dessen Prächtigkeit ins Ohr zu säuseln. Doch Selo von Pfiffenstock war, im Zuge der Ereignisse der sich anbahnenden Fehde, wegen etwas anderem hier. Und das war eine ernste Sache, auch wenn es der Haselhainer oberflächlich nie war. Unlängst in seiner Zerstreuung gestört, rollte Hinn unmerklich mit den Augen und erwiderte, ohne sich umzudrehen: "Es ist auch immer wieder ein eigentümliches Vergnügen Euch zu begegnen, Euer Hochgeboren. Ihr stört meine Ruhe weil ihr Was von mir wollt?"

"Euren Sohn.", der untypische Nebachote lächelte gespielt finster.

"Oh? Meinen Sohn? Mehr nicht? Fehlt er eurem Rudel beim tollen? Euch ist schon klar das die Fehde-Zeit nicht gerade die Beste für schlechte Scherze ist?"

"Aber, aber, wer wird denn da gleich aus seiner Haut HINNaus fahren? Mit nichten sollte dies ein Fehdeangebot sein. Ganz im Gegenteil möchte ich, als Vertreter einer Kaisermärker Delegation und als Befürworter eines einigenden Friedens und Freund des Großfuchses, euch damit ein Angebot eben einer solch friedfertigen Einheit schenken.", lammzahm hätte man das Gesicht des Barons nun nennen können, von einem auf den nächsten Augenblick.

"IHR sprecht für die Kaisermärker?", Hinn stutzte und war skeptisch.

"Nunja, mit mir schicken sie ihr Maskottchen und jemanden der Euch kennt und mit dem Ihr schon so manche Dinge vollbrachtet - für Prinz, Land, Götter, Ehre und solch Edligkeiten. Außerdem lebte ich die meiste Zeit meines frivolen Lebens im Zentrum Großgaretiens, bin ein leidenschaftlicher Verfechter dessen und habe in den letzten Monden viel Zeit an der Seite des Prinzen eben hier verbracht, wo ich meiner Familie auch noch echte Schmuckstücke an Lehen angediehen ließ. Die ich nun vor all zu Schlimmen in Schutz nehmen will.", etwas zu wichtig wirkte der Gesichtsausdruck Selos.

Hinn nickte nur kurz, bevor der Großgockel weiter sprach.

"Kurzum, die Kaisermark möchte - im Namen der Einheit der großgaretischen Lande - den Streithähnen im Hartsteenschen und im Reichsforst gerne auf die Finger klopfen für ihren Frevel wider die friedliche Einheit des Landes. Und man erhofft sich den Segen der Götter und die Unterstützung des Schlundes dafür. Gemeinsam können wir sicherlich schnell wieder Frieden bringen. Und damit die Fehde uns Bundesbrüder nicht gleich wieder zerreisst, biete ich eine Gastung für Euren Sohn an meiner Seite und gleichzeitig ein Mitglied aus den edlen Reihen meiner Familie. Ich kenne mich gut mit diesem Gastungsprinzip aus, es funktioniert ganz außerordentlich. Was sagt Ihr?"

Hinn fummelte weiter an dem Buschwerk herum während er gedankenverloren zu einer Antwort ansetzte. "Wenn euch die Kaisermärker senden, dann müsst ihr gehört haben, das ich einige Bekannte dort bereits zum Schulterschluss gebeten habe. Die Brachenwacht, darf auf keinen Fall wanken! Auch wenn Rondra Fehdeblut wünscht. Ich ahne nun, das alles mit dem Anbrechen einer Zeitenwende zu tun hat. Das Fallen der Sterne lässt den Alten vom Berg lachen. Korgond rief die Mächtigen zur Macht. Gewiss wird die Leuin jetzt Blut und Ehre für ihren Thron fordern und doch darf die Wacht nicht wanken. Die Brache ist erwacht und wird das Herz verschlingen, wenn die Wächter sich verführen lassen. Mantikor Gift und Natternvenom werden mich versengen. Aber die Amseln fliegen. Das Schlafende will erwachen!"

Hinns Aufmerksamkeit war über die Worte, die aus finsteren Errinerungen an die Brachenjagd sprudelten, wieder in die Blütenpracht der weißen Rosen entflohen. Bis er eine besonders prächtige Mardrablüte gefunden hatte, die er sich genauer besah, während sich Baron Selo über die großmytischen Worte Hinns amüsierte und sich dennoch irgendwie in dessen wahnwitzigen Worten wiederfand. Dann sah ihn selbiger mit leicht verklärtem Blick wieder an. "Meinen Sohn Adrianus kennt ihr bereits. Es war ihm bestimmt ein Vergnügen mit den Füchsinnen zu reiten. Aber er ist nun in einer schlunder Knappschaft und sein Schwertvater ist kein Freund des Rudels."

Selo grinste, Hinns Blick wanderte zu einer anderen Blüte, die sich noch nicht voll entfaltet hatte. "Sein jüngerer Bruder Tiberias jedoch, eignet sich unterdessen vielleicht nicht zum Ritter. Das legte mir sein Schwertvater nach dem diesjährigen Kressenburger Turnier nahe. Auch wenn sich Baduar sichtlich mühe gab, so ist der Junge zu frei in seinem Denken, um sich als Ritter in feste Normen pressen zu lassen. Dafür ist er ein helles Köpfchen. Hatten wir nicht eh eine weitere Zusammenarbeit auf einem gewissen Forschungsfeld angedacht. Das sollten wir wieder vertiefen." Des Haselhainers Gesicht verdrehte sich beinahe vor Heiterkeit und Frohlocken.

Von Hinn riss die kleine Blüte ab und drückte sie dem Pfiffenstock in die Hand. "Nehmt den Jungen über die Fehde zu euch und bildet ihn danach in eurem Kolleg zu Sichlingen aus. Auf das er unser beider Häuser und dem Reiche zum Nutzen reife. Ich werde mich, nun da ihr mich aus meinen Blütenträumen gerissen habt, zur niedrigen Halle des Grafen begeben und euch diese Luringer und Hartsteener Hitzköpfe beschäftigen. Im Ruchiner Senneberg glüht derweil die Fehdeehre mit einigen schlunder Rittern durch und will kanalisiert werden, bevor sich jemand damit verbrennt. Ich wünsche euch einen guten Ritt!"

Selo nahm die hübsche Blüte an sich und blickte belustigt auf das eine nicht völlig vollkommene Blütenblatt, das etwas traurig herunter hing, kaum bemerkbar, aber für den Haselhainer das hervorstechenste Merkmal. "Großgaretien wird uns dies danken, von Hinn, es steht eine Zeit an die uns unseren Platz aufzeigt. Wie diese Blüte hier, vollkommen in ihrer Unvollkommenheit. In diesem Sinne soll Euer Sohn an meiner Seite und - dann meinethalben auch in Sichlingen - den Weisheiten und amüsanten Fährnissen Deres - ob Rund oder Scheibe - gewahr werden. Sendet ihn doch als bald zu mir an der Kaisermärkers und des Fuchsprinzen Seite, er wird in formidabler Gesellschaft sein, während wir gemeinsam der Leuin ein Tröpflein Blut und dem Land den Segen schenken, der ihm gebührt. Gehabt euch wohl, ein toller Bursche seid ihr doch."


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2. Eff 1043 BF
Ein Handschlag, ein Blutvergießen


Kapitel 1

Tödliche "Reime"
Autor: Jan, Amselhag