Geschichten:Das Blut der Alten - Ein Licht in dunklen Zeiten

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Burg Beschellshall, Ende Rahja 1043 BF:

Ganz in borongefälligen Schwarz und tief verschleiert schritt Baronsmutter Mara von Sturmfels durch die hohen Gänge der Palastfestung Beschelshall. Ein Schritt hinter ihr folgten die beiden Hausritter Leuhelm und Ayana von Sturmfels, sowie der Knappe Rondrigan von Alxertis.

Es war eine Zeit der Trauer für Mara, denn die Vögtin von Herdentor hatte vor zwei Monden ihre Mutter und große Stütze im Machtgefüge des Hofes verloren. Überall sah sie sich drohenden Feinden und zu gut meinenden Freunden ausgesetzt. Doch immerhin, die Bedrohung durch die Sebariner Brendiltaler um Irian hatte zu einem brüchigen Bündnis mit der Spinne von Reichsgard geführt und Mara somit innerhalb Herdentor etwas Luft zum Atmen verschafft. Der Schutz von Martoks einzig verbliebenen Erben einte sie, denn eine Machtergreifung der Sebariner wollten sowohl Mara, als auch die Aimar-Gor verhindern. So hielt das Bündnis der Frauen – für den Moment. Doch Mara wusste, innerhalb der Brendiltal stand sie ziemlich alleine da auf weiter Flur, denn die Herdentorer Herrscherlinie zählte nur noch ihren Sohn Martok, der als verblendeter Sonnenbaron entrückt im Kloster Praiseneck lebte und dessen Enkel Farran, der den Anschlag auf das Leben seiner Eltern nur knapp überlebte, was jedoch nicht allgemein bekannt war. Die Perainsweiler Linie um Junker Remus hielt Martok die Treue und waren nicht zuletzt durch die Verbindungen zum Haus Ochs eine große Stütze, aber mit Omar wuchs eine Erbe heran, dessen Loyalität nicht so klar war. Mara musste also ihre Trauer beiseite schieben und ihre Fühler ausstrecken.

Nach schier endloser Zeit mündete der Gang vor einer großen Holztür. Dahinter befand sich das Sitzungszimmer des Kleinen Rates. Vor der zweiflügeligen Tür hielt Mara kurz inne und atmete tief durch. Sie lüftete ihren Schleier und wandte sich nach hinten.

„Leuhhelm und Ayana, ihr wartet hier!“, befahl sie ihrer Leibwache und blickte dann aus gebrochenen Augen zu dem Knappen. „Rondrigan, du weißt was du zu tun hast.“ Mit einen Nicken rannte dieser los. Schwerfällig und knarzend öffnete sich die schwere Holztür und Mara trat hinein.

An einem langen Holztisch saßen der höfisch-galante und politisch versierte Hofgeweihte Mervan von Greifenwacht, die bullige Kämmerin Alinde von Ochs, sowie der grummelige und eher wortkarge Hauptmann der Sonnenrösser Hamir von Turatal und starrten auffordernd zu Mara. Die Vögtin blickte sich kurz um und blieb an einem der verwaisten Stühle hängen. Die Absenz ihrer verstorbenen Mutter wurde ihr in diesem Moment wieder schmerzhaft deutlich, doch sie musste drüber stehen. Mit geraden Rücken und ernster Mimik setzte sich sich ans Stirnende des langen Tisches – dort, wo früher einmal hier Vater Wulfhelm seinen Platz hatte - und eröffnete die Sitzung des Rates.

„Mara“, begann der Praios-Geweihte Mervan, „der Erbe des großen Martok gilt immer noch als verschollen. Es wird gar gemunkelt er wäre Tod.“

„Ohne einen Erben kann ich die Aufrechterhaltung der Ordnung nicht garantieren“, grummelte der Hauptmann der Sonnenrösser.

„Die Sicherung der Erbfolge muss höchste Priorität haben“, stimmte auch die Ochs mit ein. „Unser Augenmerk sollte dabei auf Martoks Halbschwester Nera und auch der Tochter seines ermordeten Halbbruders Aurel liegen – auch wenn Letztgenannte Madas Gabe in sich trägt. Wir sollten eine strategische Vermählung der beiden in Betracht ziehen. Das Haus Ochs würde hierfür meinen Sohn Brin vorschlagen.“

Mara ließ den auf sie einprasselnden Redeschwall über sich er gehen und lächelte innerlich. Dieses Mal war sie ihren Beratern voraus.

„Dem Erben des Sonnenbarons geht es gut, da kann ich euch beruhigen.“ Die Stimme der Vögtin war klar. „Er ist an einem geheimen Ort in Sicherheit und wird dort auch verbleiben.“

Während Mervan anerkennend zunickte, sprudelte es aus der Ochs nur so heraus. „Wo ist er? Wer garantiert seine Sicherheit?“

„Vertraut mir, es ist für alles gesorgt. Mehr Worte werde ich über dieses Thema nicht verlieren.“

Ein wenig unzufrieden gab nun auch die Kämmerin klein bei.

„Kommen wir also zu der Besetzung des vakanten Posten der Kastellanin. Nach reichlicher Überlegung habe ich mich entschieden, die Bande zu den Perainseweiler Brendiltalern weiter zu stärken.“

Die Vögtin läutete ein kleines Glöckchen, das vor ihr auf dem Tisch stand und die schwere Tür öffnete sich knarzend. Herein trat eine kleine, zierliche Frau mittleren Alters mit einer wilden, dunkelbraunen Haarmähne.

„Darf ich vorstellen, Rayani von Brendiltal, Tochter des Remus und nunmehr Kastellanin der altehrwürdigen Palastfestung Beschelshall!“ Beinahe beiläufig nickte Mara der Ochs zu. Wohlwissend, dass diese Personalie ihrem Hause sicherlich sehr gefällig war.

Wie ein Licht in dunklen Zeiten und mit einem spitzbübischen Lächeln präsentierte sich die Nebachotin der staunend dreinblickenden Ratsmitgliedern.