Geschichten:DEUS VULT - Der Wille Praios

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Dramatis Personae:


Markgräfliche Residenz, Greifenfurt im Spätherbst 1035 BF

„Und das soll ich der Kaiserin vorschlagen?“ Kurz überlegte die Verblüffung, ob sie sich im Gesicht Irmenellas von Wertlingen einnisten sollte, dann überließ sie der Fassungslosigkeit kampflos das Feld.

Der große Gong, älter als jener des Heiligen Owilmar in der Stadt des Lichtes, aber nicht weniger erhaben und der Legende nach von eben jenen Zwergen geschmiedet, welche sich mit den Elfen vereint hatten, um das von Orken besetzte Saljeth in grauer Vorzeit zurückzuerobern, eben dieser Gong hatte gerade eben seinen tiefen vollen Klang über das mittägliche Greifenfurt tönen lassen. Und auch wenn so mancher verächtlich raunte, der Gong klinge immer noch genau wie die bronzenen Orkenschwerter, aus denen er einst verfertigt worden sei, so war er doch so etwas wie ein erzener Herzschlag der Stadt, welche sich unter der weißen Kuppel des Tempels, des höchsten Punktes des Greifenberges, ja der Stadt überhaupt, in alle Richtungen hin ausbreitete. Sein Ton bestimmte den Handel und die Muße, sein Ton kennzeichnete den Morgen wie den Abend. Nach seinem Ton vollführte die Stadt ihren kompliziert verschlungenen Tanz.

Das Innere des Tempels war wie das Äußere von einer Kargheit, dass es schwerfiel, diesen Bau dem selben Gott zuzuordnen, welchem im so prächtig geschmückten 'Tempel der Sonne' in Gareth gehuldigt wurde. Und doch spiegelte auch dieser Ort einen Aspekt des Praios wieder, die Strenge und Unnachgiebigkeit der Ordnung, welche keines Schmuckes bedarf sondern aus sich selbst heraus wirkt. Fugenlos gesetzte Steine trugen eine gewaltige Kuppel, deren einziger Schmuck das farbige Spiel der Praiosstrahlen war, welches durch die mit Blei verglasten Fenstermosaiken fiel. Jedes einzelne Mosaik war aus streng geometrisch angeordneten winzigen Scheiben angefertigt, welche in allen Nuancen von strahlendstem Goldgelb bis zum Dunkelrot eines Sonnenunterganges gefärbt waren, so dass es mitunter aussah, als stünde die ganze Kuppel von innen in Flammen. Lediglich die große Rosette über der mächtigen bronzenen Eingangspforte, dem ostwärts gelegenen ‚Tor der Ordnung‘, war aus durchsichtigem Glas gefertigt, so dass bei Sonnenaufgang die ersten Praiosstrahlen durch eben diese Rosette fluten und auf die im Zentrum der Kuppel aufgehangene Monstranz mit dem Ewigen Licht treffen konnten. Und das nur, um von hier über die überall im Tempel angebrachten bronzenen Spiegel hin und her geworfen zu werden und sich letztlich auf den goldenen Flügeln und dem Schnabel des unter der Monstranz thronenden Standbildes des Greifen Scraan zu sammeln und dieses in ein überderisches Licht zu tauchen.

Jedes Jahr strömten Tausende Pilger nach Greifenfurt zum ‚Tempel unseres Herrn Praios und seines getreuen Dieners Scraan‘, um dieses Spektakels ansichtig zu werden, und eben jene Pilgerscharen mussten es sein, die Praiomon von Dergelstein, dem Illuminatus und obersten Praiosgeweihten der Mark, eben jene Idee eingegeben hatten, welche die Greifin mit der Wucht einer göttlichen Vision getroffen hatte. Praiomon polierte selbstgefällig eine seiner Sphärenkugeln, während Irmenella verzweifelt versuchte, sich zu sammeln und ihre verrutschten Gesichtszüge wieder zu ordnen.

„Ihr müsst zugeben, dass der Gedanke für einen echten Greifenfurter geradezu auf der Hand liegt! Er drängt sich nachgerade auf. Wer, wenn nicht Ihr wäre imstande, dem großen Heiligen unserer Kirche endlich den Platz zuzuweisen, der ihm gebührt. Und wisset, die Kirche des Götterfürsten steht geschlossen hinter Euch!“

Irmenella von Wertlingen schluckte trocken, während ihre Gedanken fieberhaft nach einem Ausweg suchten. Die Angst, ihre Stimme könnte bei dem Versuch brechen, dem Illuminatus eine Antwort zu geben, bewirkte, dass die Greifin stumm den Kopf senkte – eine Geste, die Praiomon mit der ihm eigenen Überheblichkeit völlig missverstand und als Zustimmung wertete. „Ich bin glücklich, Euch als Verbündete und vor allem als Fürsprecherin in der Sache der Kirche und Greifenfurts zu wissen. Nun entschuldigt mich, ich muss noch ein paar Predigten redigieren. So werden wir unsere Überlegungen von den Altären und Schreinen der Mark aus in alle Alveransrichtungen verteilen. Immerhin wollen wir eine möglichst breite Unterstützung für unser Vorhaben.“

Nach rechts und links den Segen über den in der Halle knienden Gläubigen verteilend, steuerte Praiomon von Dergelstein sichtlich zufrieden der Sakristei entgegen, während die Greifin erschüttert zurückblieb.

„Wenn ich ehrlich bin, fand ich den Vorschlag bei weitem nicht so abwegig, wie er augenscheinlich bei dir angekommen ist.“ Prinz Edelbrecht schien durchaus auf ein mittleres Donnerwetter zu warten, während er seine Frau taxierte. Arm in Arm verließen sie den Tempel und strebten über den Platz der Sonne der neuen Residenz zu. „Ich meine, was soll daran verkehrt sein, wenn einer der ganz großen Kämpfer für die Mark, einer unserer Regionalheiligen, endlich auch in Gareth anerkannt und in der ihm geziemenden Weise verehrt werden soll? Immerhin hat er sich nicht nur einer Übermacht der Orken entgegengestellt, er hat sie sogar zurückgeschlagen. Und dies alles, ohne dass man ihm vorwerfen könnte, in Eigeninteresse gehandelt zu haben. Letztlich hat er seine eigenen Leute geopfert, sein eigenes Leben aufs Spiel gesetzt, um unseren Arsch zu retten.“

Ein scharfes Luftschnappen ließ Edelbrecht zusammenzucken, nicht ohne dass er noch ein grummeliges „Ist doch so!“ hinzugesetzt hätte.

Der Blick der Greifin ruhte skeptisch auf ihrem Mann, der sich offensichtlich gerade erst für das Thema erwärmte. „Ich habe mit Offizieren gesprochen, die mir versichert haben, dass, als sie den Schrei des Heiligen: Schnappt sie Euch! hörten, ihr Blut derart in Wallung geriet, dass sie erst viel später wieder zu sich kamen. Und da standen sie schon inmitten von toten Orken und sie hatten nicht einmal einen Kratzer! Und andere…“, Edelbrechts Augen schienen auf einen fernen Punkt jenseits der Wolken fixiert, während er fahrig die Hand hob und damit herumwedelte, als führe er ein Schwert, „mir hat einer der Veteranen, die aus dem Hexenkessel direkt im Herzen der Schlacht rausgekommen sind, im Beisein eines Geweihten des Praios erzählt, dass, als sie schon glaubten, alles sei verloren, sahen, wie er dieser Daimons .. ähhh... dieser Pfundskerl sein Schwert hob und irgendwas brüllte. Und um ihn herum hoben auch alle anderen ihre Schwerter. Und wer kein Schwert hatte, der hob die Hand. Und da, so hat der Alte gesagt, da schien der Heilige plötzlich wie in Licht getaucht und das kam von mehreren Seiten und umfloss ihn wie eine Aureole oder so was. Und er hat ein Kriegsgebrüll angestimmt, das sich gewaschen hat und sein Pferd hochgerissen. Und dann ist er losgeprescht. Und wo er hinritt, da stapelten sich die Toten!“

Irmenella von Wertlingen seufzte auf und sah ihren Gatten an. Sie hatte einen klaren Auftrag seitens der Praioskirche erhalten, um den sie sich beim besten Willen nicht herumdrücken können würde. Und sie ahnte, dass es in der gesamten Mark eine große Anzahl von Menschen geben würde, die dem Gedankengang ihres Mannes mit höchstem Elan zustimmen würden. Der Greifenfurter war einfach nicht aus dem Stoffe der höheren Politik gemacht und das Intrigenspiel lag ihm ferner als die Khom. Und so würde es wohl nur ihr selbst und einer Handvoll Edlen, welche über die nahen Landesgrenzen hinauszudenken in der Lage waren, Leibgrimmen verursachen, wenn sie sich mit dem Wunsch der Kirche an ihre alte Vertraute und neue Lehnsherrin wandte. Ja sie konnte förmlich spüren, wie, während sie nun die Stufen zur Residenz erklomm, bereits eine Welle der Begeisterung über die Mark hinwegschwappte, sich einer Feuersbrunst gleich von den Altären herab in jeden Winkel ihres kleinen Reiches ergoss und schon bald als Woge zurückschwappen und über ihrem Haupt zusammenbrechen würde. Und noch einmal dröhnte der geschulte Bariton des Illuminatus zu Greifenfurt in ihrem Ohr und ließ ihr die politischen Haare zu Berge stehen: „Werte Greifin, Ich beauftrage Euch hiermit, im Namen der Heiligen Kirche des strahlenden Praios und seines Boten, des adlerköpfigen Scraan, als Sendbotin unserer Sache gen Gareth zu ziehen und der Kaiserin anzutragen, Sanctus Answin von Rabenmund als Greifenfurter Heiligen der Praios-Kirche des gesamten Raulschen Reiches anzuerkennen.“

(mit Dank an Nina P. und Thomas Pf.)

GG&P-Con 2012 Garetien-, Greifenfurt- und Perricum-Con 2012


Dieser Artikel verweist auf die Handlung des GG&P-Cons 2012.