Geschichten:Bündnistreue – Ein unerwarteter Besuch

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Stadt Leihenbutt, Baronie Leihenbutt, Grafschaft Waldstein, Ende Efferd 1044 BF:

So reiste die illustre Gruppe um Selo von Pfiffenstock, Felan von Schallenberg und Leomar von Zweifelfels gemeinsam mit ihren Gefolgschaften von den Perrinlanden durch die Goldene Au. Die düstere, schwarze Feste Rabenfels markierte mahnend den Übertritt in die Grafschaft Waldstein und ließ die drei Hochadligen für einen Moment inne halten. Hier, hinter den düsteren Mauern der Feste, sollte einer der früheren Kommandanten der Waldsteiner Pikeniere eingekerkert worden sein – auf Geheiß des Seneschalls. Welch Abscheulichkeit.

Die hiesige Baronie Leihenbutt zählte mit ihren sanft im Wind wogenden Weizenfeldern und satten Wiesen eigentlich noch zu den Ausläufern des Goldenen Au. Der anderweitig in Waldstein allgegenwärtige wuchernde Forst bedrückte hier niemanden so richtig. In der Stadt Leihenbutt machte die Gruppe Rast und quartierte sich für die Nacht in der Herberge 'Am Marktplatz' ein, die – wie der Name es vermuten ließ – direkt am Markt lag. Hier trafen die Drei auf den fahrenden Händler Isfarion Morgentanz, der sich – ob sie nun wollten oder nicht – als sehr gesprächig erwies. So konnten sie einiges über die Gegend erfahren: Leihenbutt war eine bemerkenswerte Stadt – hatte sie vor nicht allzu vielen Götterläufen noch viel Leid durch die Umtriebe der Namenlosen-Buhlerin Simiona erlitten, so pulsierte in der Stadt nun wieder das Leben. Durch die 'Große Fehde' in den benachbarten Grafschaften war die Stadt zu einem sicheren Umschlagplatz für Waren aller Art geworden und besonders Händler aus dem Rallerspfortschen kamen vermehrt hier her um sicher ihre Geschäfte abwickeln zu können – aber auch der ein oder andere Fehdeteilnehmer, um sich hier mit Waffen oder sonstigem einzudecken. Bemerkenswert waren auch die beiden Hügel, die sich innerhalb der wehrhaften Stadtmauer erhoben. Nordwestlich des Marktplatzes und nur über eine steinerne Brücke über den Püschelbach erreichbar, lag die stolze Oberstadt mit ihrem steinernen Rathaus, den adretten Fachwerkhäusern und gepflasterten Straßen. Ein Paradebeispiel für bürgerliche Repräsentation und Macht, denn die Bürger hatten sich die Macht über ihre Stadt nach Simionas Fall zurück erstritten. Nordöstlich des Marktplatzes lag auf einem zweiten Hügel der Stadtteil Greifenehr. Dieser war von einer eigenen Mauer umgeben und beherbergte den Praios-Tempel, die Stadtresidenz des Barons, sowie einige Stadthäuser einiger lokaler Landadliger. Greifenehr war der Jurisdiktion des Barons unterworfen, während die restliche Stadt von einem Stadtrat und einer Bürgermeisterin regiert wurde. Isfarion wusste von massiven Streitereien zwischen Bürgermeisterin Helma Rothschnitz und der in Greifenehr residierenden Baronsgemahlin Sharbane Leutreu von Hirschfurten-Aurenstein zu berichten. Dabei ging es vor allem darum wer die Tore nach Greifenehr kontrollierte – barönliche Gardisten, oder aber die Leihenbutter Stadtgarde. So kam es immer wieder zu der obskuren Situation, dass beide Garden die Durchreisenden kontrollierten und je nach Herkunft schikanierten. Baron Hernulf-Answin von Hirschfurten residierte wohlweislich auf Burg Leihenbutt, die sich auf einem Hügel außerhalb der Stadt erhob – wohl auch um den andauernden Streitigkeiten zu entfliehen.


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Am nächsten Morgen verließ die Gruppe Leihenbutt gen Norden. Der Elfenpfad führte vom Marktplatz der Stadt über eine Brücke an dem neu errichteten Tsa-Tempel und den beiden besagten Hügeln der Stadt vorbei und ließ mit dem Verlassen des Greifenfurter Tores die Stadt hinter sich. Der redselige Isfarion ließ es sich nicht nehmen die hohen Herrschaften und ihre Entourage mit seinem Handelszug zu begleiten. Einen Umstand, den Leomar überraschend gelassen hinzunehmen schien – offenbar fand er Gefallen an dem quirligen Halbelf – , während Felan in Gegenwart des ihm offenbar zu schwatzhaften Elfen borongefällig schweigsam blieb. Wohl weniger aus persönlicher Abneigung so doch mehr aus Vorsicht dadurch nichts zu sagen, was etwas auf ihre Absichten schließen ließ, falls jemand den Elfen über seine hochgestellten Zuhörer ausfragen sollte.

Nach dem die Reisenden die schier endlos erscheinenden Sonnenblumenfelder von Sommerberg hinter sich gelassen hatten, wichen die sonnengelben Felder mehr und mehr dem endlosen Dunkelgrün des Reichsforstes, der dem Elfenpfad an der Grenze zu Tannwirk schon bedrohlich nahe kam. Scheinbar zu recht wähnten sich die Leihenbutter als letzten Außenposten der Zivilisation – ab hier war der beständig wuchernde Reichsforst das bestimmende Element der Landschaft. Bei Tannwirk bog die Reisegesellschaft gen Rahja auf den Grafenpfad Richtung Silz ab. Isfarion war bemüht den Marktflecken Tannwirk so schnell es ging hinter sich zu bringen. Bald schon merkten Selo, Felan und Leomar auch warum. Vor der Palisade glommen noch die Reste von mehreren Scheiterhaufen. Die Schergen des gräflichen Hofkaplans, berichtete Isfarion in ungewöhnlich knappen Worten, der Landvogt hatte sie gerufen um mit Feuer und Schwert gegen die Kreaturen des Waldes vorzugehen. Der Hofkaplan, wie auch der hiesige Landvogt galten als enge Verbündete des Seneschalls – was Leomar mit einem Grummeln zur Kenntnis nahm und Selo sich auf seine „Schabernack“-Liste setzte. Felan hingegen kommentiere es gar nicht, aber sein Blick sagte mehr als deutlich genug, dass er es grundsätzlich nicht gut hieß, wenn ein Diener seines persönlichen Favoriten unter den Zwölfgöttern blindlings wütete.

Nun waren es nur noch 20 Meilen bis Silz. Der Grafenpfad führte an den kleinen Gütern Tannenbach, Storchenhain, Waldshut und Schwanenweyher vorbei, die von lichtdurchfluteten Lichtungen umgeben waren. Der ifirnheilige Schwanenweyher gefror auch im Winter nicht, weshalb sich ganzjährig viele der namensgebende Tiere am und im See tummelten. Die nächsten 5 Meilen führten durch dichten Wald. Dabei fielen Felan elfische Schriftzeichen auf, die in regelmäßigen Abständen am Wegesrand auf Baumstämmen oder Steinen zu sehen waren. Es schien so, als würden diese den Forst davon abhalten den Grafenpfad zu überwuchern. Er versuchte sogar ein oder zwei davon aus Langeweile unter mildem Spott seiner Gefährten in sein Reisetagebuch zu zeichnen, was ihm aber mehr schlecht als recht gelang.


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Schließlich erreichten sie ihr Ziel: Unvermittelt öffnete sich der tiefe Wald in eine lichte Ebene. Felder und Wiesen kündeten von menschlicher Zivilisation: Die „Grafenstadt“ Silz. Die Siedlung mit ihren 600 Seelen umfasste eigentlich mehrere kleine Siedlungskerne und erstreckte sich daher über eine größere Fläche als die meisten Ansiedlungen mit ähnlicher Einwohnerzahl. Folglich war auch keine der Ansiedlungen selbst mit Mauern umgeben, denn die relative Abgeschiedenheit und die gleichzeitige Nähe der gräflichen Burg hatten seit jeher ausreichend Schutz geboten. Einzig ein Labyrinth aus Dornen bewehrter Wehrhecken umgab die einzelnen Ortsteile. Neben Alten-Silz im Zentrum, bestand der Ort noch aus dem Gerberviertel Werdomarsgrund, der Künstlerkolonie Bunte Flur, dem bäuerlich geprägten Wiesengrund und der Elfensiedlung Val'sala'dir.

Die Reisegruppe ritt bedächtig durch Alten-Silz. Gepflegte Fachwerkhäuser mit weitläufigen Gärten prägten das Bild und die Nähe zu den Elfen zeigte sich an den zahlreichen großen Bäumen, welche das Straßenbild auflockerten, den oft farbenfroh getünchten Hauswänden, den mit allerlei floralen Ornamenten verzierten Dachgiebeln und den vielen Blumenkästen vor den Fenstern, welche der Ansiedlung etwas Beschauliches verliehen. Viele der Bewohner hatten offensichtlich elfisches Blut in ihren Adern und achteten daher penibel darauf, dass keine unangenehmen Gerüche das allgemeine Wohlbefinden störten. Die hiesigen Halbelfen nannten sich Feytala, was laut Isfarion auf Isdira Elfmensch bedeutete und sie waren stolz auf ihre Herkunft aus beiden Welten – der menschlichen und der elfischen. Selbst dem Pfiffenstocker Gockel beeindruckte die Lieblichkeit so dass er es nur bei wenigen Witzeleien beließ, die er eher in sich hinein murmelte als sie offen auszusprechen. Der Schallenberger hatte vermutlich mit diesem Tag alleine mehr Elfen oder ihre Abkömmlinge gesehen als zuvor in seinem ganzen Leben zusammen, da er Siedlungen mit so hohem elfischen Bevölkerungsanteil noch nie zuvor besucht hatte. Man merkte ihm an, dass er durchaus beeindruckt war über die Schönheit, die dieser Vermischung der Völker und Kulturen innewohnte. Und er philosophierte offen über die Vorteile, die man daraus für heimische Siedlungen ziehen könnte, wenn es dort gleichartiges gäbe, wenn die Menschen dahingehend nur nicht so furchtsam wären.

Das Zentrum von Alten-Silz bildete ein Brunnen, der einen Levschy zeigte, der ein Füllhorn hielt, aus dem das Wasser in ein Becken plätscherte. Legenden besagten, der Brunnen wäre eine Relikt der hochelfischen Kultur und stünde mit dem sagenumwobenen Simyala in Zusammenhang. Doch die Grafenstadt war vor allem ein Ort des Handels und des Handwerks. Überregional bekannt war das Silzer Tüll, dass hier aus dem von den Elfen erhandelten Bausch weiterverarbeitet und veredelt wurde. Aber auch die Silzer Senfwurst und die Waldsteiner Würzwurst waren als deftige Delikatessen auch außerhalb von Waldstein bekannt. Auch die Silzer Steinmetze aus der Künstlerkolonie Bunte Flur galten als Meister ihres Fachs – und als sehr eigensinnig.

Westlich von Alten-Silz erhob sich die märchenhafte Burg der Gräfin von Waldstein. Durch das Tor, das von zwei schlanken und von Efeu umrankten Türmchen flankiert wurde, gelangten Selo, Felan und Leomar mitsamt ihrer Entourage in die Vorburg. Vorbei an einen wildromantischen Burggarten erreichten sie die weiß getünchten Stallungen und einige Gesindegebäude, sowie Speicher. Auch eine Schmiede befand sich hier. Die Balken und Giebel waren mit filigranen und sehr detailverliebten Schnitzereien versehen, die vor allem Tier- und Pflanzenornamente zeigten. Hier saßen die Ankommenden ab und übergaben einem Stallburschen ihre Pferde. Ihrem Gefolge hießen sie an hier zu warten.

So schritten die drei Herrschaften vor das Tor zur Hauptburg. Zwei Wachen der Thar'a'sala'sa – der `Krieger der guten Gemeinschaft´, die sich als Leibgarde der Elfengräfin verstand, nach dem die Waldsteiner Pikeniere aus Silz abgezogen waren, flankierten das Tor. Isfarion hatte ihnen während der Anreise von dieser geheimnisvollen Garde erzählt. Sie bestand sowohl aus elfischen wie auch menschlichen Kriegern. Sie trugen leichte, tiefschwarze Lederrüstungen, ein Kurzschwert und einen Speer, sowie einen Elfenbogen. Als die drei Herren das Tor passieren wollten, versperrten zwei gekreuzte Speere ihnen den Weg.