Geschichten:Bündnistreue – Duell im Morgengrauen II

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Vor der Toren der Reichsstadt Perricum, Rondra 1044 BF:

Felan von Schallenberg und Selo von Pfiffenstock waren Leomar von Zweifelfels in das geräumige Turnierzelt gefolgt – der eine ungläubig, gar irritiert, der andere geckenhaft und voller Vorfreude auf das Unbekannte. Als letzte folgten, etwas verunsichert, der Waldsteiner Kämmerer Albin von Storchenhain und sein Adjutant Sindor Falkenschlag.

„Verehrte Herrschaften, Freunde“, begann Leomar mit fester Stimme, „lange schon hegte ich ein ungutes Gefühl was den Grund des Zwistes meiner treuen Freunde angeht, doch war es für mich nicht greifbar. Doch nun, Dank des findigen Waldsteiner Kämmerers und seines Adjutanten, scheint das Lichte Praios über dem was vormals in Finsternis lag. Kein geringerer als der Seneschall von Waldstein, Coswin von Streitzig“, Leomar spie den Namen nur so aus, hasste er diesen doch niederhöllisch, „scheint für die Brandschatzungen in Aldenried verantwortlich zu sein.“

Erneut tönte der der Großgockel: „HA! Wusst ich’s doch…“, dabei hob er übertheatralisch den rechten Zeigefinger, der nach kurzer Standhaftigkeit allerdings wieder langsam in sich zusammensackte. „Freund, treuester, Zweifeligster, es erflammt mir das Herz, Euch so bemüht um uns zu sehen – obendrein noch so erlustigend, ihr wollt mir doch nicht meinen Ruf streitig machen?“ Selo gluckste kurz auf, das verstarb allerdings schnell wieder. „Doch, mal ganz im Ernste [denn die Lage könnte man so nennen, zumindest für den Luchsigen], was ist der wahrhaftige Grund für den unerwarteten Abbruch? Nicht, dass ich einen guten Scherz nicht zu würdigen wüsste. Aber ein Streitzig…das ist doch…naja, Schnee von annodazumal…oder?“ Selo kam ins Grübeln. Die Streitzigs waren traditionell nicht gut auf seine Familie zu sprechen gewesen, aber das war eine Angelegenheit seiner heißblütigen und mittlerweile sehr toten Anverwandten gewesen, doch nicht seine…seine Angelegenheit war das Pinselohr – und das dieser eine gehörige Abreibung bekam. Oder? Zumal der einfältige Ritter vom Alrik und von Schallenden Gelächter ja auch mit einer Streitzig, liiert war…“Moment!…ihr beliebtet gar nicht zu scherzen, Allergutester…“, es fiel Selo wie Schuppen von den Augen, dann lachte er los, eine ganze Weile. So, dass alle Anwesenden darauf warten mussten bis der Gockel mit hochrotem Kopf und völlig außer Puste nach einer Karaffe Wein griff, allen eingegoßen und sich eine Lachträne aus dem Auge gewischt hatte. „Aber mal ehrlich…so ganz raffe ich das noch nicht.“

Felan stand im Rund der Anwesenden noch in voller Rüstung. Nur den Schaller hatte er seinem Knappen Kasimir von Firunshöh übergeben, der draußen vor dem Zelt warten musste. Er war vom Kampfe noch verschwitzt, so dass ihm das Haar teilweise am Kopf klebte und hatte auch einen Moment erst noch nach Atem ringen müssen. So kam ihm der typisch, wirre Monolog des Pfiffenstocks wohl nicht ungelegen, der ihm Gelegenheit gab sowohl Körper wie auch Geist zu erholen. „Guter Leomar, so sehr es mich einerseits reuen würde, dass ich dann auf eine Intrige hereingefallen und auch noch unrechte Schuld einem in diesem Falle Schuldlosen zugewiesen hätte, was…“, und er betonte das letzte Wort besonders. “…natürlich eine Bitte meinerseits an Herrn Selo um Entschuldigung und dahingehende Genugtuung nach sich ziehen müsste, aber auch diesem Zweikampf ein Ende setzen würde, was damit auch sein Gutes hätte. Denn Zweikämpfe, in denen ohne Recht gestritten wird sind den Göttern ein Gräuel. Hingegen muss ich natürlich auch bitten Beweise vorzulegen, zumal ich eben mit dieser Familie der Streitzigs verbunden bin und andererseits, da müsst ihr mir verzeihen wenn ihr das als Andeutung verstehen solltet, die Familie Zweifelfels ihre eigenen Gründe hat den Streitzigs wenig Gutes zu wünschen. Doch ich bin sicher wenn es diese Beweise nicht gäbe wäre man auch nicht hier, nicht wahr?“, fragte der Schallenberger nun mit dem Kopf in Richtung Albin von Storchenhains und seines Adjutanten gewandt.

Erneut musste der Pfiffenstocker lachen, da er es für amüsant befand, dass der Schallenberger hier nach Beweisen verlangte, welche er gegen ihn und seinen durch und durch toten Vetter Benwir nicht so recht vorbringen konnte. Ach, welch humorvolles Streben und Scheitern doch das Leben war…Selo genoss den Moment in vollen Zügen.

Leomar nickte Felan verstehend zu und blickte dann in Richtung des Waldsteiner Kämmerers, der es sich wohl nicht hätte erträumen lassen, im fernen Perricum in einem Turnierzelt zu stehen und DIESE Art von Unterhaltung mitzuerleben. Er wirkte unsicher und fühlte sich sichtlich nicht wohl. Besonders den Haselhainer Baron empfand er als sehr irritierend.

„Danke, Herr von Zweifelfels“, begann Albin von Storchenhain mit zaghafter Stimme, die an Stärke jedoch zunehmen sollte. „In meiner Eigenschaft als gräflicher Kämmerer arbeite ich im Hirschfurter Grafenpalas, genauso wie die Landrichterin, bekanntermaßen eine Verwandte von Euch, Herr Leomar, und auch Seneschall von Streitzig … also der ist natürlich kein Verwandter von Euch, sondern, der arbeitet auch dort. Die Arbeit ist echt nicht immer einfach und die Schreiber … ah, ich schweife wohl ab und sollte mich kurz fassen, die Luft ihr ist doch schon arg dünn. Also, wo war ich? Ach ja, also, mein Gefährte, äh Adjutant und ich arbeiten im Grafenpalas und Dank der Talente des guten Herrn Falkenschlag sind uns Dokumente in die Hände gekommen, die ein anderes Licht auf die besagten Ereignisse werfen. Aber seht selbst.“ Der Storchenhainer reichte Felan ein Schreiben rüber. „Daraus geht hervor, dass Leomar, also nicht 'von Zweifelfels', sondern 'von Streitzig', also der Sohn von Seneschall, den Auftrag hatte in Aldenried für Unfrieden zustiften.“

Der recht kleingewachsene Selo versuchte über die Schulter des Schallenbergers zu spähen, während dieser sich die Zeilen der vermeintlichen Beweise durchlas. Dabei „hüpfte“ der Haselhainer unruhig von einem Bein auf das andere und gab schnaufend-pfeifende Geräusche von sich. Vermutlich beunruhigte er den Aldenrieder Baron damit, doch war seine Neugier ebenso groß wie sein Hang zum Spott und er wollte nicht der letzte Wissende sein. Dieses Spektakel schien zu einem noch großartigeren zu werden, als gedacht, wenn auch anders als vermutet. Wenn denn das dem Pinselöhrchen Genüge tun würde. Auch wenn es ihm um die arme Ulminde und das sensationsheischende Publikum Leid tat, er mochte plötzliche Wendungen und ja eigentlich den Schallenberger auch. Außerdem erfreute es ihn, dass dieses Schreiben vllt auch etwas Licht in sein eignes recht schwammiges Gedächtnis bringen würde. „Nun, Schallenberg, jetzt lest schon laut vor, Ihr Dramaturg ihr – was für eine Komödie.“

Felan nahm das Dokument entgegen, als es ihm entgegen gereicht war und überflog die Zeilen mit zusammengezogenen Brauen. Er machte jedoch keine Anstalten irgendwas vorzulesen, vielleicht hatte er Selo nicht gehört oder er wollte dem adeligen Harlekin einfach nicht zu willen sein. Derweil überzog sich sein Gesicht immer mehr mit Zornesröte. Er reichte das Papier als er fertig war direkt an den Haselhainer weiter, damit er selbst lesen könne. „Das ist…so eine unvorstellbare Niedertracht, dass ich es kaum in Worte fassen mag!“, brach es aus ihm heraus, die Hände zu Fäusten geballt. „Bei Praios, dafür muss es wahre Gerechtigkeit geben!“ Auf dem Absatz drehte er sich zum Haselhainer um und es war seinem Gesicht anzusehen, das es ihm nicht leicht fiel, was er jetzt tat, aber dass er dieser Angelegenheit auch keinen Aufschub gewähren wollte, als er auf beide Knie ging und traditionell die Hände hob. „Hiermit bitte ich um Verzeihung Euch und die euren fälschlich beschuldigt zu haben und dieser schandbaren Intrige auf den Leim gegangen zu sein, wie es nicht sein sollte. Ich bin bereit angemessen zu büßen.“

Der Pfiffenstocker hatte gerade begonnen das Schriftstück misswillig selber zu lesen, als der Schallenberger auf die Knie sank. Überrascht und freudig, weil er Überraschungen liebte, ließ er das Papier ganz langsam sinken, so dass es nach und nach sein grinsendes Gesicht Preis gab, das so voller Schalk war, dass niemand im Zelt wusste, was nun kommen würde. Sein Blick senkte sich ebenso verlangsamt auf den vor ihm knienden Luchsbaron. Etwas blitzte auf in seinen Augen, woraufhin er den Schrieb achtlos irgendwo hinwarf, nur um sich dann in Hockposition auf Augenhöhe des Schallenbergers zu begeben. Wie ein Fuchsjunges ein anderes musterte Selo Felan mit hin und her wiegendem Kopf, dann kniff er das linke Auge zu, legte den Kopf schief und kräuselte die Lippen, bevor er überbetont bedeutungsschwanger und leise verschwörerisch zu sprechen begann: „Buße, ach, Buße, mein Bester, mein luchsiger Fuchs, mein fuchsiger Luchs, das Leben der Sterblichen ist doch ohnehin eine launen- und witzhafte Buße, bis man erkennt, einfach mitzulachen zu müssen. So muss ich Euch gar nichts verzeihen oder ihr gar Ablass an mir zahlen. Ganz im Gegenteil…“, Selo nickte ein bisschen zu heftig und lange, in sich gekehrt, mit dem Kopf, während er die Lippen aufeinander presste: „…ich gräme mich so eine plumpe Intrige an uns nicht sofort durchschaut zu haben, eigentlich ist das ein ziemlich dilettantisches Stück. Schande über mich, dass man so einen…ziemlich…einfältigen Scherz mit uns trieb.“ Kurz schien es als würde der Haselhainer Baron ein Zwiegespräch in seinem Kopf führen, dann allerdings fuhr er ganz ruhig fort, als wäre nichts gewesen: „Nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein und nochmals nein, nein, nein. Jedenfalls: Nein! Hier hat nur einer zu büßen, und zwar für so unterklassigen Humor. Mein guter Luchsgevatter, mein Zweifelnder, alle weitgereisten Adju-Tanten und Storchenbeine – nun ist an der Zeit einen so grottigen Streich mit dem vielleicht zweitbesten aller Zeiten zu vergelten. Und zum Glück sind wir eine so illustre Runde von geistreichen Spaßmachern…naja, vllt nicht alle hier, aber so eine Lachtirade kann schon beflügeln. – Ja! Das ist es wir werden zu wahren Quälgeistern dieses…ähm, von welchem Streitzig sprechen wir nochmal genau?“ Selo ward sich gerade bewusst, dass er das Schreiben ja noch gar nicht gelesen hatte und deshalb nur halb im Bilde war. Dennoch griff der die Arme des Schallenbergers, machte selbst einen Satz und zog den Aldenrieder Baron so mit hoch. Nur um dann die Fäuste in Hüften zu stämmen, triumphierend und stolz drein zu schauen und man meinte fast er hätte einen Hahnenruf ausstoßen wollen, was aber nicht folgte. Stattdessen schaute er tot ernst und geheimnistuerisch. „Also? Was sagt ihr? Gründen wir die Allianz vom Zeltboden wider dem ZIGfachen STREIT?“

Kurz mochte man meinen im Gesicht abzulesen, dass Felan fast beleidigt war, keine Buße tun zu dürfen, aber nichts desto trotz wurde er so mit Schwung emporgehoben, dass er zu beschäftigt war nicht vornüber zu stolpern.. So hatte er auf jeden Fall genug Zeit seine Gedanken zu sammeln und sich mit der rechten Faust auf die Brustplatte zu schlagen. „Ich habt mein Wort darauf: ich bin bereit mit euch den Schandbaren eben jenen Zeltboden unter den Füßen wegzuziehen, bei Praios! Zusammen werden wir wieder Gerechtigkeit herstellen!“, rief er immer begeisterter aus. Sein Blick glitt weiter zum Zweifelsfelser um dessen Reaktion zu sehen.

Leomar kniff seine Augen zusammen und es lag etwas unergründliches in seinem Gesichtsausdruck. Sein Erbfeind Coswin von Streitzig hatte ihn ein weiteres Mal verhöhnt, damit sollte nun Schluss sein. Mit einer erhabenen Geste legte Leomar sein Schwert Seelensäufer auf den Tisch. „Meine Freunde, der Zwist zwischen Doppelsäbel, Luchs und Einhorn sei hiermit Geschichte. Möge unser Band durch diese Niedertracht sich weiter festigen und sich wie eine Schlinge um den Hals unseres Feindes legen. Blut wird fließen, so wie es das Land verlangt hat.“