Geschichten:Bündnistreue – Die singenden Gärten von Silz

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Burg Silz, Gräflich Silz, Grafschaft Waldstein, Ende Efferd 1044 BF:

Nach einem einfachen, aber stärkenden Mahl, führten die vier Pagen Sattiva, Sarella, Simarion und Simariel die Gäste Leomar, Selo und Felan in den Burghof und von dort aus weiter in die Vorburg. Im eigentlichen Sinne besaß die Burg Silz zwei Burggärten: einen kleinen im oberen Burghof, der sich im Schatten des mächtigen Walnussbaums erstreckte und einen, der sich längs zwischen dem Weg vom Burgtor zur Hauptburg auf der einen Seite und der Burgmauer auf der anderen, entlang schlängelte. Sattiva, die den Aldenrieder Apfelsetzling trug, erklärte den drei Herren, dass die Burggärten auch 'die singenden Gärten von Silz' genannt wurden. Warum dem so war, würden die Drei bald selbst erfahren. Simariel trug den Käfig mit den üppigen Haselhainer Madasängern.

Der Garten war nicht wie die üblichen Burggärten, die wohl geplant und penibel zurechtgestutzt waren, so wie sie beispielsweise aus der Goldenen Au bekannt waren. Bäume, Büsche und Blumen wuchsen hier wild, so schien es jedenfalls, oder folgten sie doch einem Plan? Auf den zweiten Blick war zu erkennen, dass einige Sträucher lebende Sitzgelegenheiten bildeten. Wieder andere bildeten einen Pavillon aus Tausend in allen Farben blühenden Blüten. Hier und da kündeten steinerne Hinterlassenschaften von der vor tausenden Jahren untergegangenen hochelfischen Kultur, die hier einst vorherrschte. Statuen, die trotz ihres Alters noch makellos ebenmäßig und schön waren, als ob sie ein Künstler gerade erst geschaffen hatte. Findlinge zeigten florale oder tierische Ornamente, nicht wenige von ihnen einen mächtigen gekrönten Baum. Rosen- und Brombeerranken bildeten lebendige Bögen und Nischen. Windspiele hingen in den Bäumen und sorgten mit der Vielzahl von Vögelgezwitscher für eine außergewöhnliche Geräuschkulisse. Die singenden Gärten von Silz, ja sie machten ihren Namen alle Ehre – und die Madasänger im Käfig fielen gleich in das fröhlich-erhabene Singsang mit ein, sogen die Freiheit der anderen durch die feinen Gitterstäbe ein. Es war, als tauschte der Besucher in eine andere Welt ein. In eine Welt, die längst vergangen und doch noch im Hier und Jetzt verankert war.

Die Pagen führten die Gäste vorbei an einer steinernen Statue, die einen androgynen Elf mit Blütenkrone zu zeigen schien. Auf seiner rechten, gehobenen Hand ruhte eine Schwalbe. „Die Statue ist nicht alt“, begann Simarion zu berichten, „die haben die Silzer Bildhauer gefertigt.“ „Sie zeigt Simia, den König des Waldes“, fügte Simariel hinzu.

„Diese Statue ist aber alt“, Sarella zeigte auf die steinerne Statue einer Elfe mit verbundenen Augen, die in ihren Händen ein Schwert und ein Füllhorn trug. „Das ist Orima, sie war auch mal Königin des Waldes und ist nun die Herrin des Schicksals. Die Statue wurde erst kürzlich im Wald gefunden.“ – „Oder sie hat sich finden lassen“, bemerkte Sattiva mit einem Augenzwingern.

Unweit der Orima-Statue und der äußeren Mauer standen mehrere Personen, darunter Landvogt Vallbart von Falkenwind. Neben diesem gruppierten sich zwei Elfen, ein hochgewachsener, schlanker Elf mit langen, blauschwarzen Haaren, der sich als Orimarion Blütentraum vorstellte, sowie eine etwas kleinere Elfe mit weißblonden Haaren, die sich Mayana Schwalbenflug nannte. Ersterer war der Heiler von Burg Silz, letztere die Burgvögtin. Weitere Anwesende waren der gräfliche Hofmagier Horbertus Mistrian Gehrendieck, die Marktvögtin von Silz Odilia von Albensteyn-Quellgrund, sowie der gräfliche Wegevogt Edorian von Feenwasser. Leomar nickte dem Feenwasser schmunzelt zu, kannten sich doch beide sehr gut aus Neerbusch.

„Freunde des Waldes, möge unsere Freundschaft ebenso sprießen und gedeihen, wie dieser junge Trieb.“ Vallbart nickte Leomar, Selo und Felan zu. Leomar nickte zurück, nahm sich die bereitstehende Schaufel und begann ein Loch für den Setzling auszuheben, den Selo und Felan dann gemeinsam in dieses platzierten. „Es ist uns eine Ehre und eine Freude, Euch auf Euren Weg der Gerechtigkeit zu unterstützen“, fuhr Leomar fort. Selo schmunzelte nur schelmisch oder auch seltsam, während Felan geradlinig da stand wie eh und je. Dabei schien diese Positur auch daraus zu resultieren, dass sich dieser in dieser zunehmend elfisch geprägten Umgebung nicht ganz wohl fühlte, da er wohl mehr der elfischen Kultur erblickt hatte als in seinem ganzen Leben zuvor. Und für jemanden, der in der Kindheit viele heroische Märchen aber auch gruselige Geschichten über Elfen gehört hatte, war es als würden diese damit auch lebendig und das war zu einem Teil durchaus beunruhigend. Und da schien Schweigen besser geeignet seine Unsicherheit zu verbergen. Und dennoch war er irgendwie stolz, dass sein Geschenk in dieser Umgebung würde wachsen, als wäre er damit selbst auch irgendwie diesem von Mystik berührten Ort verbunden.

„Eorla, so sei es!“, sprach der Landvogt. Daraufhin knieten sich Orimarion Blütentraum und Horbertus Mistrian Gehrendieck zu dem Setzling und murmelten ein paar Worte auf Isdira, woraufhin der Setzling zu wachsen begann. Felans Mund formte ein erstauntes O, als er dem Wachsen zusehen konnte: er konnte sein Erstaunen nicht verbergen.

Anschließend trat Simariel mit dem Käfig der Madasänger hervor. „Eingesperrte Lebewesen schmerzen unserer Gräfin“, begann Vallbart, „Wollen wir diesen wundervollen Geschöpfen doch die Freiheit schenken, auf dass ihre Stimmen das Konzert der Vielen in den singenden Gärten vervollständigen.“ Selo hatte damit gerechnet, dass selbst der große, prunkvolle Käfig nicht reichen würde, letztendlich war dieser ohnehin nur ein ulkiges Symbol für ihn, vor allem auch die kleine Stufenleiter, auf denen die Sänger immer wieder von neuem gerne auf und niederstiegen, beinahe nimmermüde. Daher grinste er einfach weiter stumm.

Nach dem Vallbart die Worte gesprochen hatte, öffnete Simariel die Käfigtür und die beiden Vögel flogen zwitschernd in die Freiheit, ihren geflügelten Genossinnen entgegen.

„Für alles Weitere anempfehle ich Euch die Gesellschaft von Odilia und Edorian, auf dass unsere Handelsbeziehungen ebenso gedeihen wie dieser junge Apfelbaum.“

„Ja, auf Gedeih und Verderb, so soll es sein.“, kichert-murmelte Selo in sich hinein.