Geschichten:Bündnistreue - Spitzfindigkeiten

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Herrschaft Landehr, Anfang/Mitte Rahja 1043 BF

Die Sonne brannte für die Hartsteener Lande besonders hart, als wollte die Göttin der Harmonie die Menschen zum Müßiggang und Frieden zwingen, damit der Göttervater sie in seinem Mond richten könne, ob ihrer Barbarei und des Geschwistermordes.

Der Vogt von Landehr Osanir von Pfiffenstock und den übrigen Perricumer Siedler*innen hier setzte die Sonne weniger zu als den zahlenmäßig geringeren Hartsteenern auf Landehr, für das er sich immernoch verantwortlich sah – gewollt oder nicht. Doch viel mehr als die Sonne aber hatten die Monate der Fehde sie ausgezehrt. Diese war seit knapp 2 Monden vorbei – oder besser gesagt – abgeebbt, nach dem das Ende des Peraine-Mondes nochmal einen blutigen Höhepunkt gebracht hatte.

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An anderer Stelle (Schlacht von Oberkessel), etwa anderthalb bis zwei Monde zuvor: Erneut schlug eine dieser taifelelischen Waffen auf, zersprang und verbrannte einer Frau augenblicklich Wams und Haar und versenkte ihre Haut. So dass dem Perricumer Söldner Fadilon erneut dieser widerliche Geruch in der Nase stand und er nicht mehr erkennen konnte, ob die Ritterin nun Freund oder Feind war. Ohnehin hatte er den Überblick verloren, hinter einem Fels kauernd, seines eigenes Wams mit Schlamm und Ruß völlig unerkenntlich, besah er sich die Situation und dachte, dass es wohl vielen so ging. Dabei war dies gewiss kein Kampf vom Ausmaß einer Dämonenschlacht, doch wo bei eben solcher der Feind klar auszumachen war, war bei diesem Kampf die eigene Seite eigentlich kaum noch zu erkennen. Und in Teilen richteten Waffengeschwister - bewusst oder unbewusst - ihre Klingen gegeneinander. Er selbst meinte jemand anderen aus seiner Heimat zu entdecken, während schwergepanzerte Reiter wild Truppen unerkenntlicher Herkunft niederritten und fremdländische Magier großflächige und zerstörerische Zauber wirkten. Feldzeichen – die anfänglich der Orientierung gedient hatten – lagen herrenlos und angekohlt im Schlamm, darunter meinte er sogar den sechszackigen Lanzenstern einer horasischen Einheit erkannt zu haben, sie hatte im Schmutz gelegen, gleich neben einem dreckigen Banner, das vielleicht einmal die Farben Schwarz und Gold gezeigt hatte. Warum war er eigentlich hier und focht einen Kampf der nicht seiner war? Natürlich, als Söldner trugen ihn seine Stiefel dorthin, wo man ihn und die seinen bezahlte. Doch was anfänglich noch so klar erschienen war, wurde durch teils gegensätzliche Befehle, von immer neuen Befehlshabenden, die ihre gefallenen Vorgänger*innen ablösten, zunichte gemacht – die meisten kannte er nicht. Die die er kannte waren versprengt oder verhielten sich in ihren Befehlen nicht besser, ein Widerspruch jagte den anderen. Und das Ergebnis war dieses Chaos. Ein jeher Schmerz riss ihn aus den verwirrten und düsteren Gedanken und dämmernden Vermutungen. Eine Lanze hatte seine Schulter gestreift und eine üble Wunde gerissen. Doch Fadilons Augen weiteten sich als er sah, wer ihn da getroffen hatte, der Reiter trug den unverkennbaren Helm eines Diamantschädelreiters aus Morganabad und war seinerseits gerade von einem Pfeil am Hals getroffen worden, weshalb er auf seinem Pferd zusammengesackt war und deshalb Fadilon nicht mehr voll erwischt hatte. ‚Diamantschädel, hier?‘, fluchte er innerlich. Hatte ihn dieser denn nicht als Perricumer Bruder erkannt? Er blickte an sich hinunter, in einer nahen Blutpfütze spiegelte sich eine uneindeutige Gestalt. Er war doch nur dem Ruf der seinen gefolgt, doch wer hatte diese gerufen? Er konnte es nicht mehr durchschauen. Dann schlug erneut ein Tontopf mit Hylailer Feuer auf, verbrannte Fadilon, seinen Angreifer und einen heranstürmenden Ritter im schlammigen Grün.

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Herrschaft Landehr, Mitte/Ende Rahja 1043 BF

Söldnerhauptmann Osanir richtete hier alles her, wie man ihm aufgetragen hatte, die Siedler sollten ihre Habe bereit machen und ihre - hart dem Land abgetrotzten - Errungenschaften so präparieren, so dass man diese in kürzester Zeit wieder ruinieren konnte – was für eine Farce. Doch was sollte er tun? Er folgte widerwillig weiter den Vorgaben seines gockelhaften Vetters und Oberhauptes, wie zuvor. Sein Vater war tot, ihm wurde gar Verrat vorgeworfen und Osanir war hier allein, den Schikanen der hiesigen ausgesetzt. Zwischen all dem hin und her gerissen, schwere Wut und Vorwürfe in sich tragend, hatte er seine kampfgeschulte Übersicht verloren – denn das hier war kein Schlachtfeld und doch blutig und tückisch. Er hatte hier nur zwischen den Eingesessenen und seiner Heimat vermitteln und die Schande vom Erbe seines Vaters waschen wollen, doch zu verdreckt und kaum noch erkenntlich schien es. Und zuletzt hatte sein Oberhaupt – von dessen tückisch-wirrer Zwiegesichtigkeit er ein Lied singen konnte – mit dem Baron Felan von Schallenberg, den eigensinnigen Herren dieser Lande, entgültig gebrochen und Osanirs und der Perricumer Verbleib hing nun an einem einzigen Zweikampf. Er schüttelte den Kopf und seufzte und erinnerte sich daran wie sein Vetter kurz danach auf ihn zugekommen war – ihm weißmachen wollte, dass er die Ehre ihrer Sippe verteidigt hätte – fadenscheiniges, konfuses und hochtrabendes Gefasel – doch zuletzt hatte das Oberhaupt ihn vor die Wahl gestellt – „Vetter, mein wütender, getreuer Vetter, deine Söldnerseele muss entscheiden, du hast dich hier gehalten – zugegeben, die etwas unruhigen Umstände begünstigten dies wohl. Doch nur ein Narr sieht die unweigerlichen Wegzweigungen seines aberwitzigen Lebens nicht. Du musst eine Entscheidung treffen – auf meiner Seite findest du deine Heimat und einen - nennen wir es - Plan.“ Trotz seiner Abneigung hatte er sich für die Familie entschieden und bis jetzt alles so umgesetzt wie ihm aufgetragen ward – von Anfang bis zum scheinbar anstehenden Ende.

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Junkertum Feldwacht, Ende Rahja 1043 BF

Die frischgebackene Junkerin von Feldwacht überwachte den Fortgang der Arbeiten. Die Fehde hatte einige Löcher geschlagen und das Land in Mitleidenschaft gezogen. Seit zwei Monden arbeiteten sie an der Wiederherstellung, welche noch vor den Dunklen Tagen möglichst weit voranschreiten sollte. Doch es stockte, da sie nebenher Notunterkünfte für Siedler aus Landehr und kleine- hölzerne Wehrbaracken herrichten ließ. Ihr Gönner und Vetter verfolgte einen Plan – oder etwas das so wirkte. Und er hatte sie eingespannt – und solange dies nicht ihre eigenen Vorhaben und die ihrer neugewonnen Entourage behinderten, tat sie das nur allzu gern, immerhin hatte Selo sie dort erst hingebracht – ein gerechter Dienst an ihm also. Sie brauchten sich – noch. Sie empfand diesen Gedanken als nicht sonderlich verwerflich, wusste sie doch, dass ihr Vetter genauso dachte oder so ähnlich – und sie wusste mit welchen Wassern er gewaschen war und das seine Gedanken sich nicht um Konventionen scherten – oder konnten.