Geschichten:Bund von Ochs und Bär - Das harte Los eines Kaisermärker Ritters

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Bund von Ochs und Bär - Das harte Los eines Kaiermärker Ritters

Dramatis Personae: Orelan von Leuenwald, Ritter zu Meilersgrund

Schloss Sonnentor, Studierstube, Ende Rahja 1033 BF


Orelan versetzte dem Heft seines Dolches einen leichten Stupser und schaute gedankenverloren der pendelnden Bewegung zu. Der Ort hatte sich tief in die massive Holzplatte seines Arbeitstisches gebohrt. Immer wieder fiel sein Blick auf das Stück Papier, das neben dem Dolch lag.

Vor rund einem Stundenglas hatte er den Boten noch freudig empfangen, der ihm den erhofften Einsatzbefehl des Markvogtes hätte überbringen sollen. Und nun? Der Rabe wünschte vom Löwen, dass er sich zur Vermählung von Ochs und Bär begebe, um die besten Wünsche des Fuchses zu überbringen. Er «wünschte», was natürlich hiess, dass er zu gehen hatte.

«Wünschte»! Orelans Blick wanderte weiter zum leeren Glas und dann zur leeren Brandtweinflasche. «WÜNSCHTE»! In der Kaisermark trieb ein halbes Banner wild gewordener Söldner sein Unwesen, und er musste in die Grafschaft Hartsteen zu dieser Hochzeit zweier unbedeutender Adliger reisen. Er würde zum Gespött des ganzen Hofes verkommen!

Orelan lehnte sich in seinen Stuhl zurück und fixierte die Deckenbalken über ihm. Wieso beauftragte ihn der Markvogt mit unwichtigen Repräsentationsaufgaben? Zuerst die Reise zum Sturmfels und nun nach Bärenau. Sein Stern war offensichtlich im Sinken begriffen. Selbst Morena – nicht gerade bekannt für ihren überragenden Scharfsinn – hatte dies bemerkt und machte in letzter Zeit auffallend einen Bogen um ihn herum. Noch vor wenigen Wochen konnte er sich ihrer körperlichen Annäherungsversuchen kaum erwehren.

Ein lautes Knacken der Stuhllehne riss Orelan aus dem Sinnieren heraus. Immerhin gab es ein Turnier zu bestreiten. Lange hatte er dazu keine Gelegenheit mehr gehabt, die Lanzen zu brechen. Zu lange, kam ihm in den Sinn.

Orelan sprang auf, eilte zur Tür und riss diese auf. «Weibel! Wo steckt ihr?»

Hagen Dragentodt, für seine über fünfzig Lenze noch bei hervorragender körperlicher Verfassung, kam raschen Schrittes den Gang heruntergelaufen. «Was ist, Herr? Ihr solltet euch wirklich wieder einen Knappen nehmen. Meine alten Knochen machen das nicht mehr lange mit.»

«Ich habe schon deren drei auf dem Schlachtfeld an Boron verloren. Glaubt ihr wirklich, dass irgendeine Familie in der Kaisermark so dumm ist, mir noch einen Sprössling anzuvertrauen? Holt meine Rüstung, lasst mein Pferd satteln und trefft Vorbereitungen auf dem Übungsfeld. Es wird Zeit, dass ich wieder das Tjosten übe.»

Hagen liess einen leichten Seufzer vernehmen. «Welche Rüstung wollt ihr nehmen?»

«Ihr habt mir doch vor Wochen diese rote Seidenrüstung aus Al’Anfa mitgebracht», flötete Orelan. «Die Gestechrüstung meiner Familie, was denn sonst?» raunzte er den Weibel an.

«Äh, mit allem drum und dran?» wollte sich Hagen versichern.

Den Blick, den er für seine Frage von Orelan erntete, liess ihn umgehend rechts und kehrt machen und davoneilen.