Geschichten:Bund der vier Eichen - Tag der ehernen Schlange

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Vor den Toren der Stadt Vierok, 19. Rondra 1044 BF:

"In den fruchtbaren Weiten der Goldenen Au ritt eine alte Frau ihrer letzten Bestimmung entgegen. Aurona, aus der Familie Caldach ward sie geheißen. Im Herzen Kaiser Alrik den Tugendhaften tragend, mit wachen Blick und doch schon bald nicht mehr auf Dere wandelnd. Direkt vor ihr riss die Erde auf und ein windendes Band von Felsbrocken brach hervor. Eine Schlange - ja, einer Schlange gleich, wandt es sich nach Norden und grub dabei das Feld um. Ein Rauschen von Schwingen, das fühlte sie, kündigte ihren eigenen Tod an. Aber da war noch ein leises Geräusch: Es schwankte zwischen kreischendem Missklang aneinander reibender Steine und deren wohlklingenden Grollen. Und aus den Tiefen ihres sonst so leeren Geistes erhob sich ihr letztes Wort auf den blutigen Lippen: "Korgond"."

Leuchtende Kinderaugen sahen Salvan von Pfiffenstock an, als er mit der Offenbarung des Elements Erz in der Goldenen Au geendet hatte. Besonders Rohaja strählte über das ganze Gesicht. Die Enkelin von Baronin Rymiona von Aimar-Gor liebte die Erzählungen des charismatischen Rahja-Geweihten.

Das prächtige Turnierzelt der Baronin war gut gefüllt. Pagen und Bedienstete wuselten umher, Adlige gingen ein und aus um der Aimar-Gor ihre Aufwartung zu machen. Der Adel Vieroks und gar einige Auswärtige hatten sich in einer Zeltstadt vor den Mauern der Stadt Vierok versammelt um das Turney der vier Eichen zu zelebrieren. Baronin Rymiona von Aimar-Gor hatte dieses am Jahrestag der Offenbarung der ehernen Schlange ausgerufen. Wider erwarten hatte der Stadtrat Vieroks dem Ansinnen der Baronin zugestimmt. Sicherlich, ein Turnier bot einer Stadt durch die vielen Reisenden und Zuschauer einen ordentlichen Batzen gutes Gold, allerdings war die Vögtin der Stadtmark und Bürgermeisterin Vieroks niemand geringeres als Giselda von Borstenfeld – eine enge Verwandte der gestürzten Baronin Waltrude von Borstenfeld und nunmehr Stachel im Fleisch des Bundes der vier Eichen. Besonders die Vairningen hasste Giselda, wie allerorts bekannt war, denn die saßen nun auf dem ehemaligen Stammlehen ihrer Familien.

Auf einem prächtigen, mit filigranen Eichensymbolen verzierten Diwan, saß Baronin Rymiona von Aimar-Gor. An ihrer Seite ihre beiden Zofen Laitha von Zolipantessa und Mandaia von Agur, die alle Anwesenden interessiert begutachteten. Die beiden Hofdamen der Aimar-Gor, Sadia von Waraqis und Ramira von Barûn-Bari wichen ihrer Herrin ebenso wenig von der Seite und wie ihre Nichte Amira von Palmyr-Donas. Etwas abseits standen ihre Berater Borro von Agur und Hesander Munter, die sich angeregt mit den beiden Ehrengästen der Baronin, Abt Adran von Feenwasser und Magistra Thesia von Quintian-Quandt, unterhielten. Vor dem herrschaftlichen Zelt hatten die barönlichen Hausritter Aufstellung genommen. Rymiona beugte sich zu ihrer Nichte zu und sprach mit gesenkter Stimme.

„Hast du der guten Thornia etwas über den Gesundheitszustand des alten Raben entlocken können?“

„Tut mir Leid, Tante.“ Die Angesprochene schüttelte ihren Kopf. „Die Magistra macht wie gehabt gute Miene zum bösen Spiel.“

„Was bleibt ihr auch anderes übrig. Ich sehe schon das Boronsrad über den Raben schweben. Es kann nur noch eine Frage der Zeit sein.“ Die Baron schnipste mit den Fingern.

„Vielleicht hätten wir doch nach Perricum reisen sollen …“, begann Amira, doch würde sie sogleich von ihrer Tante unterbrochen.

„Nein, unser Platz ist hier, im Land der vier Eichen, mein Kind. Reto und Sulamith werden unsere Interessen auf dem politischen Parkett im Umfeld der Heerschau schon zu vertreten wissen. Mein Sohn kennt den Paligan schon von Kindesbeinen an, er wird in Erfahrung bringen was den Kaiserinnengemahl umtreibt. Fakt ist, der Wind steht auf Veränderung.“

„Die Borstenfeld sollen in Perricum auch hochrangig vertreten sein, wie es heißt“, bemerkte Amira.

„Dieser Pöbel hätte nie in den Hochadel aufsteigen dürfen“, echauffierte sich Rymiona, „Was für eine Schande. Deren Fall lässt mich an das Gute der Götter glauben. Dennoch, sie sind noch nicht besiegt und sitzen wie ein Stachel in unserem Fleisch. Sie gilt es im Auge zu behalten. Die garstige Giselda hat es doch tatsächlich vollbracht, ihren elenden Gemahl zum Hauptmann der königlichen Reiter zu Vierok zu machen. Unfassbar. Die setzen sich nun in der Stadt fest.“

„Ich frage mich, was der Witwer deiner Vorgängerin im Schilde führt. Auch er hält sich immer noch in Vierok auf. Noch haben sie keine nennenswerten Verbündeten, aber das kann sich ändern.“

„Wir brauchen jemanden den wir vertrauen können in der Stadt. Erstelle mir eine Liste von jenen, die im Stadtrat sitzen und von jenen, die im Magistrat arbeiten.“ Die Baronin blinzelte ihrer Nicht zu. „Es wäre doch gelacht, wenn wir diese Parasiten nicht loswerden.“


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Kaum auffällig in dieser illustren Gesellschaft war die Stallmeisterin des Hofes und Edle von Liebfelden, wären da nicht die wachen Augen Nahilas von Pfiffenstock und der stattliche, offensichtlich nebachotische Krieger an ihrer Seite. Beide beobachteten das Spektakel mit neutraler Miene und hielten sich im Hintergrund, sie hatten sich noch nicht vollständig eingelebt. Vorallem ihr Bruder - der Krieger - fremdelte noch sehr mit Vierok und wäre vermutlich lieber in der Heimat bei ihrem Vater und seinem Erbe, vor allem jetzt wo sich etwas in Perricum zu regen schien. Nahila selbst hatte sich - ab von solchen Großereignissen und den politischen Strukturen - schon etwas besser eingelebt, zumindest wenn es um ihre Position als Stallmeisterin ging, denn dies war ihre Welt und da konnten ihr nur wenige etwas vor machen, schon gar nicht die Raulschen hier. Sie (er)kannte die Seele der Tiere und sprach und verstand ihre Sprache, die Art wie sie sich verhielten. Und auch mit dem ihrem Lehen Liebfelden machte sie große Schritte, der Hilfe der mitgereisten Dienerinnen der 3 lieblichen Schwestern sei Dank. Dafür würde sie diese Prägung der Glaubensgemeinschaft hier etablieren und ihnen dazu alles Nötige zukommen lassen. Es würde sich gut einfügen, wenn sie sich die Festivitäten hier so besah, ihr Vetter Selo wurde ja auch nicht müde die Geschichte von den drei betenden Schwestern am ebenfalls korgondsch geprägten Rothandfelsen zu erzählen, wenn er schrieb oder vor Ort war. Alles würde sich fügen, dachte sich Nahila, Sorgen bereiteten ihr nur die Alteingesessenen, die keinen Hehl daraus machten wie wenig sie von den vielen Neuerungen hier hielten. Dabei hatte speziell die praiotische und erzkonservative Familie Greifenstolz es auf sie, ihren Bruder und die Gemeinschaft der drei lieblichen Schwerstern mit ihren angeblichen "frivolen Anwandlungen" abgesehen. Denn die neue Baronin hatte bei ihrer Umstrukturierung ihr Lehen in das der Greifenstolzer gelegt, welche sich natürlich darüber echauffierten und als ihre direkten Lehensherrinnen ihr das Leben schwer machten. Aber auch dies würde sich fügen, zumal ihre Verwandten Selo und Sibela dafür gesorgt hatten, dass sie hier gute Verbündete hatten. Die Baronin selbst, aber auch Leonore von Vairningen, sowie die ihr äußerst sympathische Neujunkerin Rimiona von Heiterfeld, auch und gerade weil diese es faustdick hinter den Ohren hatte, wie Nahila bereits vernommen hatte. Viellicht fühlte sie sich auch deswegen von dieser Frau so angezogen, welche sich just zu ihr gesellte, mit einem verwegenen Lächeln und einem Zwinkern, an sie und ihren Bruder gerichtet. "Geniesst Ihr das Schauspiel, Euer Edelgeboren? Davon wird es hier noch viel mehr geben, seht nur in die Gesichter dortdrüben, da bahnt sich etwas an..."


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Auch wenn Leonore von Vairningen das gern anders gesehen hätte, hat ihre Familie keine Ritter in das Turnier geschickt - andere Pflichten hatten die Klingen derer von Vairningen gebunden, und angesichts dieses Wüterichts war dies womöglich auch besser, so wie es war. Mit ihrer eigenen Entourage hatte sie jedoch auch neben dem Turnierfeld zahlreiche kleine Scharmützel auszufechten. Spitzen und Attacken der Stadtvögtin, die sie - wo sie nur konnte - versuchte zu diskreditieren oder ihr Steine in den Weg zu legen. Es fehlte ihr jedoch an der notwendigen Klasse, denn auch wenn sie eine halbwegs fähige Verwalterin der Stadt war, so fehlte es ihr an vielen Götterläufen Erfahrung höfischen Lebens.


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Das Turney der vier Eichen strebte seinem Höhepunkt entgegen und es war bisher nicht annähernd so verlaufen, wie es sich die Baronin wohl gedacht hatte. Es sollte ein Hort der Ritterlichkeit werden, doch Amira traute ihren Augen kaum. Mit äußerster Brutalität und am Rande des Erlaubten holte Rothger von Garm jeden Gegner vom Pferd. Im Halbfinale traf es die herrschaftliche Hausritterin Doranthe von Trenck, die gar ins Zelt der Heiler verbracht werden musste. Dieser Hund, dachte sich Amira, der Plan der Borstenfeld schien aufzugehen. Sie schien zu wollen, dass das Turnier für seine Unritterlichkeit in die Geschichtschroniken einging. Es drohte zu einem Fiasko zu werden.

Doch im Finale stand der Garm der Fuchsritterin Hesine von Wasserburg gegenüber. Diese hatte einem äußerst packenden Halbfinale ihren Bundesgenossen Marnion von Sturmfels in einem sehr ritterlichen Wettstreit bezwungen. Die Perricumer Ritterin aus dem Raschtulswall besuchte als Abordnung des Barons von Sturmfels das hiesige Turnier und brachte der Baronin von Vierok auf diesem Wege die besten Grüße vom Berg.

Im Finale standen sich also die Wasserburgerin und der Garm mit grimmen Blick gegenüber. Wie zuvor, sollte das Lanzenreiten keine Entscheidung bringen. Der Schwertkampf würde entscheiden ob Ritterlichkeit oder Ehrlosigkeit siegen würde. Amira konnte kaum hinsehen, sah sie die Perricumerin doch schon am Boden. Doch, die Ritterin konnte sich den brachialen Attacken des gebürtigen Eslamsgrunders mehr und mehr erwehren. Mit der Kraft des Sturmfelses im Rücken, so schien es Amira, konnte der Garm von Hesine von Wasserburg schließlich besiegt werden. Welch ein Glück, die Ritterlichkeit hatte am Ende doch gesiegt.



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19. Ron 1044 BF
Tag der ehernen Schlange
Tag des Windvogels


Kapitel 6

Autor: Bega, Vairningen & Jan