Geschichten:Briefe aus Khunchom - Unterwegs

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An Seine Hochgeboren

Erlan von Zankenblatt
Baron von Syrrenholt
Pfortenritter der ersten Stunde
 
 
 
 
Werter Freund!

Ich hoffe, der Bote ist verlässlich und überbringt Euch tatsächlich wie vereinbart diesen Brief. Sonderlich verlässlich wirkte er nicht, Manieren hat er auch nicht für 5 Kreuzer. Aber er hat halt gesagt, dass er nächstens von Perricum aus Richtung Ferdok reist, also nur einen kleinen Umweg machen muss, um bei Euch vorbeizukommen. Seid so gut, und gebt ihm den versprochenen Lohn. Ich musste ihm dreimal bei den Zwölfen schwören, dass ich tatsächlich ein Adliger aus dem Mittelreich bin, auch wenn ich gerade nicht so aussehe. Am Ende meinte er dann frech, er glaube es nicht, würde aber allein deswegen bei Euch vorbeischauen, um zu sehen, ob er wirklich von einem Reichsforster Baron für einen wertlosen Wisch ein paar Silbertaler bekommt.

In drei Tagen geht der Kutter von Perricum aus nach Khunchom, wohin der dreizehnmal verfluchte, dämonenverhurte und orksche Paligan mich verbannt hat. Ich kann mir aussuchen, wo ich hinwill, hat er gesagt, fettes Grinsen auf seiner blasierten Visage. Ich könne auch nach Notmark, dort soll es um diese Jahreszeit ganz hervorragende Kohleintöpfe geben. So ein elender Hundsfott, ich verstehe wirklich nicht, wie die Kaiserin auf so einen schmierigen und ekelhaften Kerl ihre Karten setzen kann. Jetzt bin ich doch ganz froh, dass ich nicht zu deren Hochzeit gegangen bin.

Ganze drei Tage hat der Paligan gebraucht, um nach dem Tod von Reicherzkanzler Hartuwal vom Großen Fluss mir einen Boten zu schicken, ich solle mich bei ihm einfinden. Da er „kommisarisch“ die drängenden Angelegenheiten der Reichsverwaltung übernommen hat, wollte er mir noch persönlich mitteilen, dass sich offenbar Unstimmigkeiten in den Ausgaben der Pfalz ergeben haben. Das Schreiben haben dann noch die anwesenden Reichsrichter unterschrieben, jedenfalls so viele, dass deren Stimme als Urteil ausreicht, und das Ergebnis war dann: Verbannung. Legt der Paligan mir den Wisch auf den Tisch und winkt mich dann aus dem Zimmer. Nicht mal angehört hat er mich, einfach abgesägt, mein Leben beendet. Und das bei all meinen Mühen und Leistungen um das Reich!

Die Reichskanzlei hat dann noch mitgeteilt, dass in Perricum ein Handelsschiff nach Khunchom auf mich warten würde. Wenn ich mich beeilen würde, dann sollte ich es mühelos erreichen. Bei dem Winterwetter ist das keine Freude, wahrlich! Vor allem, weil der Paligan mir alles weggenommen hat, was ich habe! Nur das, was ich am Körper habe, durfte ich behalten. Denkt nur, zu Fuss musste ich den halben Weg durch Garetien!

In der Reichsstadt Hartsteen dann passiert mir das Unfassbare: Man raubt mich des Nachts aus! Was sind dies für Zeiten! Völlig ohne Gold und ohne jedes Hemd stehe ich in der Herberge. Der einzige Mensch, der Mitleid für mich hatte, war ein Bettelbruder der Thuronier, der sein stinkendes Kleid auszog und mir für die Reise durch den Schnee zum Oberhartsteen überließ.

Dort hat mir mein Vetter nochmals Vorhaltungen gemacht, und das bei all den Mühen und Leistungen für die Familie! Aber wenigstens hat er mir eine Kutsche geliehen, ein paar Leute als Eskorte und ein paar Dukaten als Reisegeld. Mehr könne er nicht tun.

Nun sitze ich in dieser stinkenden Schänke in Perricum, nur mein treuer Leibmedicus ist mir noch zur Seite. Meine Zukunft ist ungewiss, das Reich hat mich verstossen. Meine Vorfreude auf die neue Stadt ist verständlicherweise nicht sehr groß.

Ich hoffe, guter Freund, Euch geht es gut und die Firunskälte lässt Euch Eure Zipperlein nicht zu schwer spüren. Auch hoffe ich, dass es Eurer Gattin Trautmunde ergeht es wohl und Eure drei Kinder sind gut versorgt. Entbietet Eurem ältesten Sohn und Erben Eberich einen Gruss, ich erinnere mich gut daran, mit ihm während eines Pfortenrittertreffens ein interessantes Gespräch geführt zu haben. Die Zwölfe mögen Ihre segnende Hand über Euch halten, teurer Freund!

Euer Freund und Bundesbruder
 
 
 
 
Hilbert von Hartsteen



PS: Wenn Ihr mir ein wenig aushelfen würdet und mir ein paar Dukaten nach Khunchom schicken könntet, wäre ich Euch sehr dankbar.