Geschichten:Brautgeld - Fliederbeersuppe und Himbeertriett

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20. Travia 1037 BF, Hotel Seelander, Schlossviertel in Gareth

Die Hochzeit des Kaiserpaares war seit einer Woche vergangen, viele der Gäste abgereist und langsam herrschte wieder das normale Chaos in der Kaiserstadt im Herzen des Reiches. Der Reichsvogt musste sich auf dem Rückweg zu den Efferdstränen noch mit dem störrischen Stadtrat Perricums auseinander setzen und Iralda wurde in der heimischen Baronie gebraucht, um die ersten guten Ernten gerecht zu besteuern und zu verteilen. Und so genossen beide noch ein letztes gemeinsames Mal im Hotel Seelander, bevor sich ihre Wege wieder trennen würden.

Die junge Bärenauer Baronin war hellauf begeistert von der Hochzeitszeremonie und dem Aufheben drumherum, unzählige Male hatte sie die Vorzüge von Brautkleid und Schmuck der Kaiserin erwähnt. Als kleines Kind durfte Leobrecht neben seinem Vater der Hochzeit Hals zuschauen, und auch beim Traviabund Brins war er natürlich zugegen. Leobrecht konnte Iraldas Aufregung also durchaus nachvollziehen, aber im gehobenen Alter und bei der dritten Gelegenheit nutze sich der nachhaltige Eindruck einer kaiserlichen Hochzeit langsam ab.

Leobrecht bestellte Weißwein zur Vorspeise, einer köstlichen Fliederbeersuppe, "Auf den garetischen Adel, der Herz und Verstand der Königin doch am nächsten zu sein scheint!"

Iralda war immer noch beeindruckt, wie der alte Kanzleirat die Verhandlungen mit dem Herzog der Nordmarken geführt und ihn davon überzeugt hatte, der Königin vom Ansinnen der Greifenfurter abzuraten. Aber nicht nur den Herzog der Nordmarken vermochte ihr Schwiegervater zu überzeugen, auch den Fürsten des Kosch, Blasius vom Eberstamm, dessen eigener Enkel dadurch eben nicht automatisch die Grafenwürde erben würde, konnte er von der groß-garetischen Einheit überzeugen. Iralda war immer noch nicht klar, wie er das hatte schaffen konnte.

Lächelnd lehnte sich Leobrecht zurück und ließ die Diener den gefüllter Schafsmagen auf albernische Art auftischen, "der Weg zum Fürsten führt über seinen liebsten Grafen. Ich konnte Growin beim Ingerimmsgottesdienst überzeugen, zumal unsere Leute sich ja parallel für die Aushebung der Sappeure stark gemacht haben... Ach und ich habe ihm versprochen, ihm bei Zeiten mal die Nichte unseres Grafen vorzustellen. Das wir dann gemeinsam Sephira Eisnstolz mit dem Straußenei hatten helfen können, tat natürlich sein Übriges - sowhl beim Graf als auch beim Fürsten."

Iralda, der es nur möglich gewesen war, Alarich von Gareth-Sighelmsmark auf ihre Seite zu bringen - und das auch nur, weil der Baron Malepartus von Helburg die Verhandlungen geführt hatte - zeigte sich beeindruckt und hörte Leobrechts selbstherrlichem Gerede weiter zu, während die Bediensteten kalte Pastete von wildem Geflügel servierten.

Der gesamten garetisch-perricumschen Gästeschar war eseine Freude, dass das Ersuchen Greifenfurts abgeschmettert werden konnte - Iraldas kaisernahe Kontakte berichteten aber, dass die Kaiserin fast anders entschieden hätte. Dazu konnte der garetisch-perricumsche Antrag, die Westprovinzen zum Aufbau der Ostflotte zu verpflichten, ebenfalls das wohlwollende Ohr der Kaiserin erreichen. Perricum als letzter freier Hafen des Reiches am Perlenmeer, als heiligster Ort der Kriegsgöttin, darf niemals fallen.

Ob in Albernia ein Kind oder eine Greisin herrschen würde, war von Leobrecht bei den Gesprächen bewusst ignoriert worden. Man würde sich nicht in solche Provinzinterna einmischen - und konnte so albernische Unterstützung in anderen Themen gewinnen. Die alten Verbindungen der Vögtin von Haselhain waren hier sehr hilfreich gewesen. Wahrscheinlich würden nun also noch mehr die Nordmarken ihren Einfluss auf Albernias jungen formbaren Regenten ausweiten. Leobrecht lachte auf, "Und all die Kraft, die sie in Albernia stecken, können sie nicht gegen Garetien lenken! Den Rest der Reichsverwaltung haben sie jedenfalls nicht bekommen."

Iralda stimmte zu: "Zumal ich auch ein persönliches Interesse daran habe, dass der Rest auch wieder nach Gareth zurückkehrt" und sprach damit auf ihren Gatten in der Verwaltung an. Leobrecht zuckte mit den Schultern, "Tut mir leid, Dir das sagen zu müssen, aber als einzigen erwachsenen Ochsen - und meinem Sohn - sehe ich ihn gerne noch einige Jahre so fern wie möglich von allen Fronten."

Während zum Abschied Himbeertriett und Konfekt gereicht wurde, widmeten sich die beiden dem unangenehmsten Thema: Der Kaiserin Wille war es, 1038 BF gen Tobrien zu ziehen und Haffax zu fordern. "Ein riskanter Anritt würde ich sagen. Sie lässt ihren Schild, will heißen Perricum und damit auch meine Efferdstränen quasi ohne Truppen zurück - der ebenso brilliante wie verfluchte Haffax wird darauf doch nicht reinfallen, oder?"

Während sie gemeinsam den Speisesaal verließen und zu den Kutschen gingen, zuckte Leobrecht mit den Schultern während er seiner Schwiegertochter in die ihre half. "Wir haben getan, was uns möglich war, um die Interessen von Garetien und Perricum zu denen des Brautpaars zu machen - was sie eigentlich eh sein sollten. Jetzt müssen wir tun, was der Hof befiehlt. Grüß mir die Enkel und denk dran: Uns Ochsen ist kein Joch zu groß!"